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Kritik an Russland: Danzig-Besuch: Linke moniert Gaucks „präsidiale Fehlleistung“

Kritik an Russland

Danzig-Besuch: Linke moniert Gaucks „präsidiale Fehlleistung“

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    Gab sich nicht die Mühe, seinen Ärger über die Ukraine-Politik des Kremls zu verbergen: Bundespräsident Joachim Gauck in Danzig.
    Gab sich nicht die Mühe, seinen Ärger über die Ukraine-Politik des Kremls zu verbergen: Bundespräsident Joachim Gauck in Danzig. Foto: Maurizio Gambarini dpa

    Er war nicht der erste Bundespräsident, der an diesem Tag – dem 1. September – an diesen Ort – die Westerplatte bei Danzig – gekommen war. Vor Joachim Gauck, der am Montag an der zentralen Feier zum Gedenken an den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs teilnahm, waren schon die Präsidenten Johannes Rau und Horst Köhler nach Polen gereist, um an dem historischen Ort, an dem am frühen Morgen des 1. September 1939 die ersten Schüsse des Weltkriegs fielen, an die Schrecken der Vergangenheit zu erinnern – als Geste der Versöhnung zwischen

    Gauck kritisierte russische Politik

    Damit alleine mochte sich der Präsident jedoch an der Westerplatte nicht zufriedengeben. Doch jetzt hat seine Kritik an Moskau ein besonderes Nachspiel – auf der innenpolitischen Bühne. Gauck selbst hatte seit seinem Amtsanritt im Frühjahr 2012 mehrfach versichert, dass er sich nicht in das „operative Geschäft“ der Außenpolitik einmischen wolle.

    Hat er genau dies jetzt getan? Hat er sich zu stark in die Tagespolitik eingemischt? Ja, findet Bernd Riexinger, der Vorsitzende der Linkspartei. Er attackiert das Staatsoberhaupt in ungewöhnlich scharfer Form und nennt dessen Rede einen „präsidialen Fehlgriff ersten Ranges“. Es zeuge von wenig historischer Sensibilität, „wenn ein deutsches Staatsoberhaupt am Jahrestag des Weltkriegsausbruchs Öl ins Feuer eines europäischen Konflikts gießt“. Das konterkariere alle Bemühungen um eine Deeskalation des Konflikts in der Ukraine.

    Kritik an Gauck: "Wenig historische Sensibilität"

    Was war geschehen? In seiner Rede vor dem Mahnmal für die Gefallenen hatte sich Gauck, dessen Vater jahrelang in sowjetischer Lagerhaft saß, auch in ungewöhnlich deutlicher Form zum aktuellen Ukraine-Konflikt geäußert. Ohne den russischen Präsidenten Wladimir Putin beim Namen zu nennen, warf er Russland vor, für die Eskalation des Konflikts verantwortlich zu sein und die Partnerschaft zum Westen aufgekündigt zu haben. Europa wünsche sich Partnerschaft und gute Nachbarschaft. „Aber die Grundlage muss eine Änderung der russischen Politik und eine Rückkehr zur Achtung der Prinzipien des Völkerrechts sein.“

    Und dann wurde der Präsident deutlich: Man werde sich all jenen entgegenstellen, „die internationales Recht brechen, fremdes Territorium annektieren und die Abspaltung in fremden Ländern militärisch unterstützen“. Und: „Wir werden Politik, Wirtschaft und Verteidigungsbereitschaft den neuen Umständen anpassen.“ Mit diesen Worten hat der Bundespräsident nach Ansicht von Linken-Chef Bernd Riexinger eine rote Linie überschritten. Das Fundament eines friedlichen Europas sei der Ausgleich, der Austausch einseitiger Schuldzuweisungen hingegen Sprengstoff. „Gerade die Menschen im Osten wissen, dass wir für den Frieden den Ausgleich auch mit Russland brauchen.“

    Auch Stimmen gegen Kritiker Gaucks

    Vertreter der Koalition stellten sich dagegen demonstrativ hinter das Staatsoberhaupt und attackierten im Gegenzug Riexinger. „Die linken Putin-Versteher verstehen wieder einmal nichts!“, sagte der Europa-Experte der CSU im Bundestag, Bernd Fabritius, zu unserer Zeitung. Die Kritik der Linkspartei an Gauck sei entlarvend. „Der Bundespräsident hat in Danzig treffende und angemessene Worte gefunden, um Putins Aggressionspolitik und deren Folgen für den Frieden anzusprechen.“ Es sei „in der Tat erschreckend, in welcher Geschwindigkeit die Gewalt, die Russland gegen die Ukraine anwendet, eine Epoche des Friedens in Europa beendete“, so Fabritius. Jegliche Zurückhaltung und jedwedes Verständnis gegenüber Russlands Aktionen seien verwunderlich. „Gerade in Polen, wo die russische Aggression gegenüber der Ukraine historisch bedingt noch viel mehr Sorge auslöst als in Deutschland, war die deutliche Kritik des Bundespräsidenten an Russland und seiner Aggressionspolitik richtig.“

    Auch der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner kritisierte Riexingers Äußerungen scharf. Er schieße „weit über das Ziel hinaus, wenn er behauptet, die Reden des Bundespräsidenten gefährdeten den Weltfrieden“. Dies sei „eine groteske Verdrehung von Ursache und Wirkung“.

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