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Kriminelle Clans: Sicherheitsleute werden zum Risiko – neues Gesetz soll helfen

Kriminelle Clans

Sicherheitsleute werden zum Risiko – neues Gesetz soll helfen

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    Die Security-Branche boomt, doch Regeln gibt es wenige.
    Die Security-Branche boomt, doch Regeln gibt es wenige. Foto: Hermann Ernst

    Durch die tätige Mithilfe des Wachmanns ging der Diebstahl der 100-Kilo-Goldmünze erstaunlich einfach. Denis W., Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes, öffnete das Fenster eines Umkleideraums und ließ die beiden Mitglieder eines berüchtigten arabischen Familienclans ins Berliner Bode-Museum. Mit den Insider-Informationen des Security-Mannes über das Alarmsystem war es ihnen ein Leichtes, das Goldstück im Wert von 3,8 Millionen Euro mithilfe eines Möbel-Rollbretts aus dem Münzkabinett zu schaffen.

    Wie bei dem Coup im Jahr 2017 spielte offenbar auch beim Raub der mit 114 Millionen Euro versicherten, ideell und kulturhistorisch aber unschätzbar wertvollen Schmuckstücke aus dem Grünen-Gewölbe in Dresden 2019 das Wachpersonal eine unrühmliche Rolle. Derzeit läuft der Prozess, die Hauptangeklagten gehören wiederum besagtem Berliner Araber-Clan an. Die mögliche Beteiligung mehrerer Wachleute ist noch Gegenstand polizeilicher Ermittlungen.

    Der „Big Maple Leaf“ ist eine riesige Goldmünze, die 100 Kilogramm wiegt. Von ihr fehlt seit dem Raub jede Spur.
    Der „Big Maple Leaf“ ist eine riesige Goldmünze, die 100 Kilogramm wiegt. Von ihr fehlt seit dem Raub jede Spur.

    Öffentliche Auftraggeber sollen bei Security-Firmen künftig auch nach Qualitätskriterien entscheiden

    Je wichtiger das private Sicherheitsgewerbe wird, desto mehr häufen sich Berichte über schwarze Schafe in der Branche, die Fachleuten zufolge kaum reguliert ist. Die Bundesregierung will das nun ändern. Unter Federführung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) soll erstmals ein eigenständiges Sicherheitsgewerbegesetz entstehen. Das Vorhaben war im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP vereinbart worden.

    Es soll bundesweit für höhere, einheitliche Standards im Security-Bereich sorgen. Geplant sind etwa Verbesserungen beim elektronischen Bewacherregister, das 2018 eingeführt worden war. Öffentliche Auftraggeber, die bislang in der Regel den günstigsten Anbieter für Sicherheitsleistungen auswählen müssen, sollen künftig auch nach Qualitätskriterien entscheiden können.

    Diese Schmuckstücke wurden beim Juwelendiebstahl in Dresden entwendet.
    Diese Schmuckstücke wurden beim Juwelendiebstahl in Dresden entwendet. Foto: Jürgen Karpinski/Grünes Gewölbe/Polizeidirektion Dresden/dpa

    Die Security-Branche kommt auf einen Jahresumsatz von zehn Milliarden Euro

    In den vergangenen Jahren ist die private Sicherheitsbranche auf 260.000 Beschäftigte angewachsen, der Jahresumsatz auf zehn Milliarden Euro geklettert. Private Security-Leute bewachen Flüchtlingsheime, kontrollieren Eintrittskarten, aber auch sensible Dokumente wie Impfnachweise vor Konzerthallen oder in Fußballstadien. Sie nehmen den Inhalt von Taschen in Augenschein oder tasten Festival-Publikum auf mögliche Waffen ab.

    Ob in Einkaufszentren oder Schwimmbädern, Museen oder Firmengebäuden, die Männer und Frauen, die nicht selten einschüchternd wirken, werden im Alltag immer präsenter. Auch staatliche Einrichtungen werden teils von privaten Wachleuten geschützt. Ein Berliner Polizeirevier musste kürzlich eigene Beamte zum Wache-Schieben abstellen, nachdem die private Sicherheitsfirma Pleite gemacht hatte.

    Clans mischen mithilfe von Strohmännern und Scheinfirmen in der Branche mit

    Doch so anspruchsvoll und brisant die Aufgaben teilweise sind, so niedrig sind bislang die Anforderungen an die Mitarbeiter. In der Regel schreibt die Gewerbeordnung lediglich einen Sachkundenachweis und ein polizeiliches Führungszeugnis ohne Einträge vor. Eine "lebende Legende" der Sicherheitsbranche kritisiert dies seit Langem. "Schon vor 20 Jahren habe ich zahlreiche Politiker darauf hingewiesen, was in dem Gewerbe alles im Argen liegt. Doch passiert ist nichts", sagt Michael Kuhr im Gespräch mit unserer Redaktion. Der mehrfache Weltmeister im Kickboxen gründete nach dem Ende seiner sportlichen Karriere in Berlin ein Sicherheitsunternehmen.

    Hochkarätige Unternehmer, deren Namen geheim bleiben müssen, buchen ihre Leibwächter bei ihm, seine Mitarbeiter schützen unter anderem die Berliner Spielbanken, Zoo und Tierpark sowie mehrere große Einkaufszentren. Kuhr kennt die kriminelle Unterwelt der Hauptstadt genau. Durch seine Aussage wurde eine örtliche Clan-Größe als Drahtzieher des spektakulären Raubüberfalls auf ein großes Pokerturnier 2010 überführt. Nach Erkenntnissen der Polizei erteilte die kriminelle Großfamilie daraufhin einen Mordauftrag gegen Kuhr, die Bosse mussten zu einer Gefährderansprache bestellt werden.

    Heute, sagt Kuhr, seien führende Mitglieder mancher Clans gewissermaßen seine Kollegen. "Über Strohmänner und Scheinfirmen mischen Kriminelle in der Branche mit, denn da gibt es viel Geld zu verdienen", sagt er. Nach Behördenangaben gibt es allein in Berlin bis zu zwei Dutzend Security-Firmen mit Bezug zu Clan-Strukturen. Aus anderen Bundesländern, etwa Nordrhein-Westfalen, wird Ähnliches gemeldet. Unternehmen werden häufig neu gegründet und wieder geschlossen, firmieren unter ständig wechselnden Adressen und Namen. Offizielle Stellen kommen oft mit der Prüfung der Angaben oder der Zuverlässigkeitsnachweise kaum hinterher. Trotzdem gelangen unseriöse Firmen immer wieder an sensible Aufträge staatlicher Stellen.

    Meist bekommt die günstigste Firma den Auftrag – zum Nachteil seriöser Unternehmen

    Für Branchenkenner Michael Kuhr ist der Umstand, dass öffentliche Auftraggeber in der Regel den billigsten Anbieter wählen müssen, ein "Riesenproblem". Firmen, die sich über Jahre einen guten Ruf aufgebaut hätten und ihre Mitarbeiter über Tarif bezahlten – in Berlin etwa 11,35 Euro die Stunde – hätten regelmäßig das Nachsehen. Sein Fazit: "Dass sich private Wachleute immer wieder von kriminellen Freunden zu krummen Sachen verleiten lassen, braucht niemanden zu wundern."

    In einem besonders sensiblen Bereich würden sogar die Mindestanforderungen an Sicherheitspersonal regelmäßig umgangen. "Clubs, Discos oder Shisha-Bars müssen gar nicht mit lizenzierten Firmen zusammenarbeiten, sie stellen ihre Türsteher und Rausschmeißer einfach selbst an. Viele von ihnen sind tief in kriminelle Machenschaften wie den Drogenhandel verstrickt", mahnt er. Schärfere Gesetze nennt Kuhr "überfällig". Doch ob die dann auch wirken, bezweifelt er: "Schon die wenigen Regeln, die es jetzt gibt, werden kaum kontrolliert, weil es den Behörden schlichtweg am nötigen Personal fehlt."

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