Eine tote Siebenjährige in Ulm, zwei ermordete Buben im Alter von sieben und neun Jahren in Hockenheim, davor ein zehnjähriges Mädchen, das in einem Heim in Wunsiedel möglicherweise von einem anderen Kind getötet wurde, und die zwölfjährige Luise, die im westfälischen Freudenberg von zwei fast gleichaltrigen Mädchen erstochen wurde: Selten haben innerhalb weniger Wochen so viele tödliche Gewaltdelikte gegen Kinder die Republik bewegt. Aber nimmt diese Gewalt tatsächlich signifikant zu?
Ein Experte sagt: Mehrheitlich sind Mütter die Täter bei Kindstötungen
Ein Blick in die Kriminalstatistik bestätigt diesen Eindruck nicht. „Auf lange Sicht gesehen“, sagt der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, in den Zeitungen der Funke-Gruppe, „leben wir heute in einer Gesellschaft, in der es weniger Gewalt gibt“. So zählte seine Behörde deutschlandweit im vergangenen Jahr 25 Opfer von Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen im Alter zwischen sechs und 18 Jahren, in den beiden Jahren zuvor waren es noch 30 bzw. 33 Opfer. Dazu kamen im vergangenen Jahr 50 getötete Kinder, die jünger als sechs Jahre waren - in diese Kategorie fallen auch Säuglinge, die von ihren Müttern getötet oder so vernachlässigt wurden, dass sie deshalb gestorben sind. Nach einer groben Schätzung auf der Basis von Hochrechnungen europäischer und amerikanischer Studien gibt es je nach Land ein bis zwei Fälle von Kindstötungen auf 100.000 Kinder im Jahr. Mehrheitlich seien dabei Mütter die Täter, sagt Harald Dreßing, der Leiter der Forensischen Psychiatrie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim.
Über das jüngste Verbrechen in Ulm ist bislang nicht viel bekannt. Die Polizei hatte am späten Abend des Ostermontags mitgeteilt, dass ein 40 Jahre alter Vater seine sieben Jahre alte Tochter mit einem Messer getötet habe, ehe er sich selbst über den Notruf bei der Polizei gemeldet habe und wenig später am Tatort festgenommen wurde. Am Dienstagmorgen korrigierten die Ermittler ihre Angaben dann: Bei dem getöteten Kind handle es sich nicht um die leibliche Tochter des Tatverdächtigen, sondern um die Tochter seiner Lebensgefährtin.
Die Hintergründe der Tat sind bislang unklar, die Ermittlungen der Kriminalpolizei dauern an. Sie spricht nur ganz allgemein von einer „Tat innerhalb einer Familie“. Der mutmaßliche Tatort im Hinterhof des Schulzentrums im Stadtteil Wiblingen liegt in unmittelbarer Nähe einer Realschule, die erst im Dezember eine Schülerin durch eine tödliche Messerattacke verloren hat: Die 14 Jahre alten Ece aus Illerkirchberg war auf dem Schulweg von einem Asylbewerber aus Eritrea niedergestochen worden und gestorben.
Auch der Fall in Hockenheim gibt der Polizei noch Rätsel auf
In Hockenheim bei Heidelberg wurden, wie berichtet, am Ostersonntag zwei Brüder tot in einer Wohnung gefunden. Gegen die 43 Jahre alte Mutter sei Haftbefehl wegen Mordverdachts erlassen worden, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft mit. Auch dieser Fall gibt der Polizei Rätsel auf. Unklar ist etwa, wer alles in der Wohnung lebte und wo der Vater der Kinder zur Tatzeit war. Auch zu einem Motiv für die Tat und der Schuldfähigkeit der Mutter äußerten sich die Ermittler bislang nicht. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte die Frau sich bei der örtlichen Polizei gemeldet und angegeben, „etwas Schlimmes“ getan zu haben. In der Wohnung habe die Polizei dann die Mutter festgenommen. Auch die Leichen ihrer Söhne seien dort entdeckt worden. (mit dpa)