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Krim: Ukraine-Konflikt eskaliert: Putin schaltet Signale auf Krieg

Krim

Ukraine-Konflikt eskaliert: Putin schaltet Signale auf Krieg

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    Wladimir Putin beobachtet vom Helikopter aus ein Marinemanöver.
    Wladimir Putin beobachtet vom Helikopter aus ein Marinemanöver. Foto: Alexey Nikolsky/Ria Novosti/Archiv (dpa)

    Russlands Präsident Wladimir Putin droht weiterhin mit einem Militäreinsatz. Warnungen und besorgte Aufrufe westlicher Staats- und Regierungschefs konnten ihn nicht beeindrucken.

    Russland behalte sich das Recht vor, bei weiterer Gewalt im Osten der Ukraine und auch auf der Krim, seine Interessen und die Interessen der russischsprachigen Bevölkerung zu schützen, betonte Putin am Samstagabend in Telefonaten mit US-Präsident Barack Obama, dem kanadischen Regierungschef Stephen Harper, dem französischen Staatschef François Hollande und auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Diese warnten vor einem militärischen Eingreifen Russlands. Putin erklärte dagegen, Russland könne bei weiterer Gewalt gegen die russischsprachige Bevölkerung "nicht tatenlos zusehen".

    Jazenjuk: Russischer Militäreinsatz bedeutet Krieg mit Ukraine

    Ukraine-Konflikt: Dramatische Tage auf der Krim

    Schon lange ist die Krim zwischen Russen und Ukrainern umstritten.

    Seit dem Sturz des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch am 22. Februar haben sich die Spannungen auf der prorussisch geprägten Schwarzmeer-Halbinsel nun dramatisch verschärft. Ein Rückblick:

    26. Februar: Wenige Tage nach dem Umsturz in der ukrainischen Hauptstadt Kiew geraten auf der Krim Anhänger und Gegner einer Annäherung an Russland aneinander.

    Tausende Krimtataren demonstrieren gegen eine Abspaltung der autonomen Republik. Prorussische Demonstranten fordern die engere Anbindung an Moskau.

    27. Februar: Bewaffnete besetzen Regionalparlament und Regierungsgebäude in der Hauptstadt Simferopol - um die russische Bevölkerung auf der Krim zu verteidigen, wie sie sagen.

    Das prorussische Krim-Parlament spricht sich für eine Volksbefragung über die Autonomie der Region aus und setzt die Regierung ab.

    28. Februar: Eine bewaffnete prorussische Gruppe besetzt kurzzeitig den Flughafen der Hauptstadt. Das ukrainische Parlament appelliert an Moskau, alles zu unterlassen, was die territoriale Einheit des Landes gefährde.

    Nach ukrainischen Berichten sind auf der Krim russische Militärmaschinen mit rund 2000 Soldaten gelandet. Interimspräsident Alexander Turtschinow spricht von einer «militärischen Invasion» unter dem Deckmantel einer Übung.

    1. März: Der russische Föderationsrat stimmt auf Bitten von Kremlchef Wladimir Putin einem Militäreinsatz auf der Krim zu. Der moskautreue neue Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow hatte Russland zuvor um Beistand gebeten.

    16. März: Die Bevölkerung der Krim stimmt in einem von Westen stark kritisierten Referendum über die Unabhängikeit der Halbinsel und die zukünftige Zugehörigkeit zu Russland ab.

    Interimspräsident Alexander Turtschinow betonte am Abend in Kiew, Russland habe keine Grundlage für einen "Akt der Aggression". Er ordnete volle Kampfbereitschaft an. "Alle Erklärungen über Gefahren für russische Staatsbürger oder russischsprachige Ukrainer sind erdacht", sagte er. Ministerpräsident Arseni Jazenjuk sagte: "Die Regierung der Ukraine wird alle Maßnahmen zur Wahrung von Ruhe, Ordnung und Stabilität ergreifen." Einen russischen Militäreinsatz werde die Ukraine nicht hinnehmen. "Eine Intervention wird der Beginn eines Krieges und das Ende aller Beziehungen sein."

    USA zieht Konsequenzen aus Russlands Vorgehen auf der Krim

    Das Moskauer Vorgehen auf der Krim hat erste ernsthafte Konsequenzen: Die USA setzten ihre Teilnahme an Konferenz zur Vorbereitung des G-8-Treffens im russischen Sotschi aus. Das teilte das Weiße Haus nach dem Telefonat zwischen Obama und Putin am Samstag mit. Der Gipfel der G8 in

    UN-Generalsekretär zutiefst besorgt über Entwicklungen in der Ukraine

    UN-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte sich ebenfalls "zutiefst besorgt" über die Entwicklung. Er forderte "kühle Köpfe" und einen Dialog "als einzigen Ausweg aus der Krise". "Ich habe an Präsident Putin appelliert, einen direkten Dialog mit den Behörden in Kiew aufzunehmen", sagte Ban nach dem Gespräch mit dem Kremlchef.

    Ukraine wirft Russland offene Aggression vor

    Eine eilig einberufene Sondersitzung des Weltsicherheitsrates endete erwartungsgemäß ohne Ergebnis. Dabei warf die Ukraine dem Nachbarn Russland offene Aggression vor. Russische Soldaten seien in die Ukraine einmarschiert, die Welt müsse Moskau stoppen, sagte UN-Botschafter Juri Sergejew. Russlands Botschafter Witali Tschurkin wies die Anschuldigungen zurück, sie seien "voller Fehler". Die Krise habe nicht sein müssen, die Verantwortlichen säßen aber in Kiew.

    Ukraine: Russischer Militäreinsatz nicht gerechtfertigt

    "Russische Truppen sind illegal in die Ukraine einmarschiert unter der durchsichtigen Ausrede, russische Bürger schützen zu müssen. Und ihre Zahl wird jede Stunde größer", sagte Sergejew. "Es ist ein Akt der Aggression gegen internationales Völkerrecht." Russland habe Verhandlungen abgelehnt und verletze brutal die UN-Charta.

    "Wir müssen die Situation beruhigen und die territoriale Unversehrtheit der Ukraine bewahren", sagte Großbritanniens UN-Botschafter Mark Lyall Grant nach dem Treffen. "Wir haben aber nichts gehört, was die russischen Schritte der letzten 48 Stunden irgendwie rechtfertigen würde."  US-Botschafterin Samantha Power sprach sich für den sofortigen Einsatz internationaler Beobachter aus.

    Hintergrund: Machtkampf in der Ukraine

    In der Ukraine stehen sich im Grunde zwei Lager gegenüber. Das Land ist gespalten in einen Teil, der sich eine stärkere Annäherung an die Europäische Union wünscht und einen Teil, der sich eher an Russland orientieren möchte.

    Ein EU-Beitritt würde sehr wahrscheinlich eine Demokratisierung der Ukraine bedeuten. Die EU würde gerne eine Freihandelszone zwischen ihr und der Ukraine errichten. Gleichzeitig arbeitet die Ukraine eng mit Russland und anderen östlichen Staaten zusammen - sie ist wirtschaftlich von Russland abhängig. Ein Abkommen mit der EU hätte negative Folgen für diese Zusammenarbeit.

    Die russland-treue Gruppe wird angeführt von der Regierung um Viktor Janukowitsch. Janukowitsch ist seit 2010 Präsident der Ukraine. Er war bereits von 2002 bis 2005 und 2006 bis 2007 ukrainischer Ministerpräsident. 2004 entzündete sich an seiner Person und seiner autokratischen Amtsführung bereits die Orangene Revolution. In deren Folge kam Janukowitsch zu Fall, bis ihm 2010 die Rückkehr an die Macht gelang.

    Gegen Präsident Janukowitsch und seine Regierung kämpfen vor allem drei Oppositionsparteien. Nicht alle Demonstranten fühlen sich allerdings von der Opposition vertreten. Ihre Führer ständen dem Etablishment schon zu nahe, so die Kritik. Gleichzeitig sind die Oppositionsgruppen untereinander uneinig und die Demonstranten zunehmend radikalisiert. Zu den Kernforderungen der Opposition gehören eine Beschneidung der Macht des Präsidenten sowie Neuwahlen.

    Zum einen ist da die pro-europäische Ukrainische Demokratische Allianz für Reformen (Udar). Sie wird von Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko angeführt. "Udar" bedeutet auch "Faustschlag". Klitschko hat angekündigt, Präsident werden zu wollen. Auf dem Maidan ist er jedoch nur eine von vielen Führungsfiguren.

    Eine weitere Oppositionspartei ist die Vaterlandspartei. Zur ihr gehört unter anderem die inhaftierte Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko. Angeführt wird die Partei vom ehemaligen Wirtschafts- und Außenminister Arseni Jazenjuk.

    Zur Opposition zählt weiter die rechtsnationale Swoboda-Partei von Oleg Tiagnibok. Der Chirurg bezeichnet seine Anhänger und sich oft als "Sondereinheit fürs Grobe". Er ist auch schon durch antisemitische Äußerungen aufgefallen.

    Zentraler Protestpalast der ukrainischen Demonstranten ist der Maidan. Auf dem Unabhängigkeitsplatz in der Hauptstadt Kiew campieren seit Monaten Regierungsgegner. Hier kam es zuletzt zu schweren Ausschreitungen zwischen Regierung und Opposition mit zahlreichen Toten und Verletzten. Der Maidan gibt den Protesten auch ihren Namen: Euromaidan.

    Die Proteste entzündeten sich, als Präsident Janukowitsch am 21. November 2013 ein Assoziierungsabkommen mit der EU überraschend auf Eis legte. Pro-westlich gestimmte Ukrainer sahen darin eine Abkehr von der EU und eine neue Hinwendung hin zu Russland. In der Folge sicherte Russlands Präsident Putin Janukowitsch einen Milliarden-Kredit zu.

    Anfang Dezember 2013 forderten Hunderttausende erstmals den Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch sowie Neuwahlen.

    Am 19. Januar 2014 versuchten Hunderte Demonstranten, das Parlamentsgebäude zu stürmen. 200 Menschen wurden verletzt. Klitschko warnte vor einem Bürgerkrieg. Drei Tage später starben bei Zusammenstößen mindestens drei Demonstranten. Die Proteste weiteten sich auf die Regionen aus.

    Ende Januar 2014 einigten sich Opposition und Regierung auf die Abschaffung umstrittener Gesetze und eine Amnestie für Demonstranten. Regierungschef Asarow trat zurück. Putin legte den zugesagten Kredit auf Eis.

    Am 18. Februar 2014 und in den Tagen danach eskalierte die Lage auf dem Maidan. Es kam zu neuen Straßenschlachten mit Toten und Verletzten. Auf den Dächern standen Scharfschützen. EU-Politiker versuchten, zu vermitteln.

    Am 21. Februar 2014 verkündete Präsident Janukowitsch, die für 2015 geplanten Präsidentschaftswahlen vorziehen zu wollen. Ein Datum nannte er allerdings nicht. Außerdem wolle er eine "Regierung der nationalen Einheit" bilden.

    Am 22. Februar 2014 erklärte das ukrainische Parlament Janukowitsch für abgesetzt und legte den 25. Mai als Termin für Neuwahlen fest. Zudem wurde Ex-Regierungschefin Timoschenko freigelassen. Am 23. Februar 2014 wählte das Parlament Parlamentspräsident Alexander Turtschinow zum Übergangspräsidenten. Er gilt als Vertrauter von Timoschenko.

    Nach seiner Absetzung wurde am 24. Februar 2014 gegen Janukowitsch Haftbefehl wegen Massenmords erlassen. Der Ex-Präsident tauchte unter. Bürger durchstöberten derweil sein Anwesen und fanden allerhand Absonderliches, beispielsweise einen Privatzoo.

    "Die Mitglieder des Sicherheitsrates haben ihre tiefe Sorge über die eskalierende Situation ausgedrückt", sagte Sylvie Lucas (Luxemburg), die Präsidentin des Gremiums. "Sie unterstrichen die Notwendigkeit einer sofortigen Entschärfung der Lage und riefen alle Seiten auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben und alle Handlungen zu unterlassen, die die Situation weiter verschlechtern könnten."

    Russisches Parlament macht Weg frei für Militäreinsatz

    Das russische Parlament hatte am Samstag den Weg für einen Militäreinsatz in der Ukraine freigemacht. Putin habe nun alle Vollmachten, um einzuschreiten, teilte sein Sprecher Dmitri Peskow mit. Der Kremlchef wolle seinen Befehl von der weiteren Lage auf der Krim abhängig machen.

    Die Krim-Regierung hatte Russland um Schutz vor gewaltbereiten ukrainischen Nationalisten und Extremisten angerufen. In mehreren russisch geprägten Städten der Schwarzmeer-Halbinsel gab es Proteste gegen die Regierung in Kiew. Auch außerhalb der Krim gab es Proteste: Unter anderem gab es in Charkow bei Zusammenstößen nach russischen Medienberichten über 100 Verletzte.

    Krise in Ukraine: Nato-Rat einberufen

    Der Nato-Rat wird am Sonntag in Brüssel über die Lage in der Ukraine beraten. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen teilte am Samstagabend über den Kurznachrichtendienst Twitter mit, er habe das Gremium der Botschafter der 28 Nato-Staaten in

    Die  EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton lud die Außenminister der EU für Montag zu einem Sondertreffen nach Brüssel ein. "Ich fordere alle Seiten auf, die Spannungen unverzüglich durch Dialog und unter Respektierung des ukrainischen und des internationalen Rechts zu verringern", erklärte sie. Nach dem Treffen mit den AZ/dpa

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