Deutschland nimmt – vor allem wegen des Ukraine-Krieges – immer mehr Flüchtlinge auf. Doch obwohl die Verteilung eigentlich genau geregelt ist, gibt es Probleme: Bayern und insbesondere der Regierungsbezirk Schwaben stehen in der Kritik, dass sie zu wenigen Hilfesuchenden vor allem aus der Ukraine eine neue Heimat bieten. In den nächsten Tagen sollen deshalb bis zu 2500 Flüchtlinge auf Schwaben verteilt werden. Im Landkreis Günzburg sollen etwa 230 weitere Flüchtlinge ankommen. Die Kommunen sind alarmiert und warnen davor, dass Kapazitätsgrenzen erreicht werden.
Der Günzburger Landrat Hans Reichhart (CSU) blickt dabei auch ins europäische Ausland: „Wir brauchen einen europäischen Verteilungsschlüssel. Wenn Europa über gemeinsame Waffenlieferungen oder Wirtschaftshilfen nachdenkt, dann sollte man auch drüber nachdenken, wie Menschen gerecht in ganz Europa verteilt werden können.“ Die Belastung solle nicht nur auf wenigen Nachbarländern plus Deutschland liegen. Betroffen sind quasi alle Landkreise und kreisfreien Städte in Schwaben. So sollen etwa der Landkreis Dillingen wie auch das Ostallgäu 180 ukrainische Flüchtlinge aufnehmen, der Landkreis Augsburg rechnet laut Landrat Martin Sailer (CSU) mit mehreren hundert.
200.000 Ukraine-Flüchtlinge kamen allein nach Bayern
Insgesamt hat die Bundesrepublik seit Ausbruch des Ukrainekrieges rund 1,3 Millionen Flüchtlinge aufgenommen, 200.000 davon kamen nach Bayern, wobei genaue Zahlen schwer zu beziffern sind, weil ukrainische Flüchtlinge einen anderen rechtlichen Status haben als Zuwanderer aus anderen Ländern. Sie dürfen sich ohne Visum für 90 Tage in Deutschland aufhalten und in dieser Zeit auch in privaten Unterkünften wohnen.
„Bayern ist uneingeschränkt aufnahmebereit, hat derzeit aber weniger Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen, als bei reiner Quotenbetrachtung auf Bayern entfallen würden“, heißt es im bayerischen Innenministerium. Eine gerechte Verteilung zwischen den Bundesländern und auch innerhalb des Freistaates sei ein großes Anliegen. „Daher hat das bayerische Innenministerium den sogenannten Bayernausgleich eingerichtet. Aktuell werden sie daher nach Schwaben verteilt“, heißt es.
Bislang nahm Niederbayern zu wenig auf, nun ist es Schwaben
Schwaben ist im Bayernvergleich nicht das einzige Sorgenkind. Lange lag Niederbayern auf dem letzten Platz: „Aktuell ist eine Anlaufstelle in Niederbayern aktiviert, die letzten Wochen war die Quotenerfüllung in Niederbayern am niedrigsten und konnte so ausgeglichen werden.“ Gegen die Zuteilung können sich die betreffenden Landkreise und kreisfreien Städte nicht wehren.
Schwaben werde am kommenden Freitag vom bisher zuständigen Regierungsbezirk Niederbayern die zentrale Anlaufstelle, die im Behördenzentrum Augsburg eingerichtet wird, übernehmen, teilte die Regierung von Schwaben unserer Redaktion mit. „Da Bayern aktuell im Bundesvergleich noch zu wenige ukrainische Kriegsflüchtlinge aufgenommen hat, wurden zudem mit den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen Vereinbarungen abgeschlossen, wonach alle dort neu ankommenden Kriegsflüchtlinge ohne Bezug zu einem bestimmten Land bis auf Weiteres ausschließlich nach Bayern weitergeleitet werden.“ Die Anlaufstelle für Bayern soll so lange in Schwaben betrieben werden, bis das Minus wieder ausgeglichen ist.
Dem Innenministerium sei bewusst, dass die Zuteilung der Flüchtlinge vor Ort zu Engpässen führen wird. Es könne sein, dass auch in Bayern in absehbarer Zeit vermehrt auf Notunterkünfte zurückgegriffen werden müsse.