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Krieg: Putins Waffenruhe: Hoffnungsschimmer oder Propaganda?

Krieg

Putins Waffenruhe: Hoffnungsschimmer oder Propaganda?

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    Angesichts des bevorstehenden orthodoxen Weihnachtsfests hat Russlands Präsident Wladimir Putin eine anderthalbtägige Feuerpause in der Ukraine angeordnet.
    Angesichts des bevorstehenden orthodoxen Weihnachtsfests hat Russlands Präsident Wladimir Putin eine anderthalbtägige Feuerpause in der Ukraine angeordnet. Foto: Mikhail Klimentyev/Pool Sputnik Kremlin/AP, dpa

    Russlands Präsident Wladimir Putin hat in den vergangenen zehn Monaten des Angriffskriegs gegen die Ukraine wahrlich keine große Nächstenliebe zur Schau getragen. Umso mehr dürfte es viele überrascht haben, als er ausgerechnet für das orthodoxe Weihnachtsfest eine anderthalbtägige Feuerpause ab diesem Freitag anordnete. Gläubige sollen die Christmessen besuchen können, lautete am Donnerstag die offizielle Begründung des Kremls. Es ist das erste Mal seit Kriegsbeginn Ende Februar, dass Russland entlang der gesamten Frontlinie einseitig eine Waffenruhe ankündigt - doch ob diese letztendlich auch umgesetzt werden wird, ist fraglich. Kiew wittert eine Falle und sieht darin reines Propaganda-Gebaren.

    Wörtlich steht in Putins Anordnung: "Unter Berücksichtigung des Aufrufs von Patriarch Kirill beauftrage ich das russische Verteidigungsministerium vom 6. Januar 12.00 Uhr mittags (10.00 Uhr MEZ) bis 7. Januar 24.00 Uhr (22.00 Uhr MEZ) eine Feuerpause entlang der gesamten Linie der bewaffneten Auseinandersetzung in der Ukraine in Kraft zu setzen." Zuvor hatte Kirill, das einflussreiche Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, zu einer Waffenruhe in der Ukraine über Weihnachten aufgerufen. Die orthodoxen Kirchen in Russland und in der Ukraine feiern die Geburt Jesu Christi traditionell nach dem julianischen Kalender am 7. Januar.

    Bislang waren Vereinbarungen zu Feuerpausen stets lokal begrenzt gewesen - etwa in den ersten Kriegsmonaten um die belagerte Hafenstadt Mariupol, wo sich beide Seiten immer wieder auch Verstöße vorwarfen. Zudem gibt es derzeit im südukrainischen Gebiet Saporischschja zwischen der russisch besetzten Kleinstadt Wassyliwka und dem ukrainisch kontrollierten Kamjanske einen periodisch funktionierenden Übergangspunkt. Dieser wird auch von den Inspektoren der internationalen Atomaufsichtsbehörde IAEA für den Zugang zum Atomkraftwerk Saporischschja bei Enerhodar genutzt.

    Kiew wittert "zynische Waffe"

    Moskau rief Kiew nun auf, die Waffen ebenfalls zeitweise schweigen zu lassen - doch dort lehnt man wütend ab. Mychajlo Podoljak, Berater im ukrainischen Präsidentenbüro, sprach von einer "zynischen Falle" und von "Heuchelei". "Russland muss die besetzten Gebiete verlassen - nur dann wird es eine "zeitweilige Waffenruhe" geben", schrieb er auf Twitter mit Blick auf die völkerrechtswidrig annektierten Gebiete Cherson, Saporischschja, Luhansk, Donezk sowie die Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Im Gegensatz zum russischen Gegner greife die Ukraine kein fremdes Territorium an und töte keine Zivilisten.

    Es handele sich um eine reine "Propagandageste", fügte Podoljak später hinzu. "Russland versucht mit allen Mitteln, die Intensität der Kämpfe und die Intensität der Angriffe auf seine logistischen Zentren zumindest vorübergehend zu verringern." Kiew werde daher auf die "bewusst manipulativen" Initiativen Moskaus nicht reagieren.

    Auch die im Ausland lebende russische Politologin Tatjana Stanowaja meint: "Der weihnachtliche Waffenstillstand passt perfekt in Putins Logik, in der Russland auf der positiven Seite der Geschichte agiert und für Gerechtigkeit kämpft." Darüber hinaus wolle der 70 Jahre alte Kremlchef mit einem vorübergehenden Einstellen der Kampfhandlungen wohl einem vergleichbaren Debakel wie in der Silvesternacht vorbeugen, schrieb Stanowaja im Nachrichtendienst Telegram. In der Nacht auf den 1. Januar waren in Makijiwka im Gebiet Donezk mindestens Dutzende und womöglich Hunderte russische Soldaten bei einem ukrainischen Angriff getötet worden.

    Bundesregierung: Haben es "zur Kenntnis genommen"

    Zurückhaltend reagierte auch die Bundesregierung. "Wir haben die Ankündigung zur Kenntnis genommen", sagte ein Regierungssprecher in Berlin. "Jedes Einstellen der Kampfhandlungen trägt dazu bei, Menschenleben zu retten." Es bleibe aber dabei, dass Russland seine Truppen vollständig aus der Ukraine abziehen müsse und so diesen Krieg jederzeit beenden kann. "Dazu fordern wir Russland weiter auf."

    Abzuwarten bleibt nun vor allem, ob die russischen Soldaten ihre eigene Waffenruhe wirklich einhalten - erst recht, wenn die ukrainischen Rückeroberungsversuche an der mehr als 800 Kilometer langen Frontlinie auch über Weihnachten andauern. Werden die Russen dann zurückschießen?

    Wenn man dem Besatzungschef des Gebiets Donezk, Denis Puschilin, glauben darf: Ja. "Die Entscheidung betrifft die Einstellung des initiativen Feuers und der Angriffshandlungen von unserer Seite", schrieb dieser im Nachrichtendienst Telegram. "Das bedeutet nicht, dass wir nicht auf Provokationen des Gegners antworten werden! Oder dem Feind auch nur irgendeine Chance geben werden, während dieser Feiertagsstunden seine Positionen an der Frontlinie zu verbessern."

    Wahrscheinlich dürfte die Waffenruhe sich auf das unmittelbare Frontgebiet also nur begrenzt auswirken. Möglicherweise wird es in diesen 36 Weihnachtsstunden aber zumindest in anderen ukrainischen Gebieten - im Gegensatz zur Silvesternacht - keine russischen Raketen- und Drohnenangriffe geben.

    (Von Hannah Wagner und Andreas Stein, dpa)

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