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Krieg in Nahost: Wird Rafah im Süden Gazas zur tödlichen Falle?

Krieg in Nahost

Wird Rafah im Süden Gazas zur tödlichen Falle?

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    Blick auf eines der vielen provisorischen Flüchtlingslagern in der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen. Israels Armee hat Augenzeugen zufolge trotz internationaler Warnungen Ziele in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens angegriffen.
    Blick auf eines der vielen provisorischen Flüchtlingslagern in der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen. Israels Armee hat Augenzeugen zufolge trotz internationaler Warnungen Ziele in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens angegriffen. Foto: Yasser Qudih, XinHua, dpa

    Droht die Zuflucht zur Falle zu werden? Über die Hälfte der rund 2,2 Millionen Bewohner des Gazastreifens sollen in der Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten und der näheren Umgebung Schutz vor den Kämpfen gesucht haben. Zugleich gilt die Stadt jedoch als eine der letzten bestehenden Hochburgen der Terrororganisation Hamas – und deren Entmachtung hat Israels Regierung nach dem Terrorangriff vom 7. Oktober zum Kriegsziel erklärt. Mehrere Länder, darunter Deutschland, haben öffentlich vor einer Offensive in Rafah gewarnt. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu zeigt sich indes entschlossen. Wer Israel rate, nicht nach Rafah vorzudringen, "sagt im Grunde: ‚Verliert den Krieg, lasst die Hamas bestehen’", sagte er kürzlich in einem Interview mit dem US-Sender ABC. Für die zahlreichen Zivilisten dort werde Israel einen sicheren Fluchtkorridor einrichten. 

    Derweil muss Israel an einer ganz anderen Front einen Rückschlag hinnehmen: Am Freitag senkte die Ratingagentur Moody’s zum ersten Mal in der Geschichte des Landes Israels Kreditwürdigkeit ab, von A1 auf A2. Zudem stufte die Agentur auch ihren Ausblick als "negativ" ein – eine Warnung, dass Israels Kreditwürdigkeit in Zukunft weiter sinken könnte. Der wichtigste Faktor, mit dem die Analysten ihre Entscheidung begründeten, ist der Krieg, der das "politische Risiko für Israel erhöhen und seine exekutiven und legislativen Institutionen und seine finanzpolitische Stärke auf absehbare Zeit schwächen" werde. Zudem verwiesen sie auf das Risiko einer Eskalation mit der Hisbollah im Libanon sowie ein erhöhtes "soziales Risiko". 

    Die Regierung reagiert trotzig auf die Abstufung der Ratingagentur

    Die ersten Reaktionen aus der israelischen Regierung nahmen sich eher trotzig aus. "Israels Wirtschaft ist stark", sagte Netanjahu, die Herabstufung einzig eine Folge des Krieges, und Moody’s werde Israel wieder hochstufen, "sobald wir den Krieg gewinnen". Finanzminister Bezalel Smotrich, Vorsitzender der ultrarechten Partei Religiöser Zionismus, tat den Moody’s-Bericht gar als "politisches Manifest" ab, das auf einer "pessimistischen und absurden geopolitischen Weltsicht" fuße. 

    Experten sehen die Sache anders. "Die Regierung sollte in ihren Reaktionen wesentlich vorsichtiger sein", urteilt der Wirtschaftsprofessor Michel Strawczynski von der Hebräischen Universität in Jerusalem, ein früherer Direktor der Forschungsabteilung der israelischen Zentralbank. Schließlich habe die Herabstufung konkrete Folgen für die israelische Wirtschaft und Gesellschaft. So führt ein schlechteres Rating unter anderem zu höheren Zinsen auf Staatsschulden, was die Regierung zu Budgetkürzungen zwingt. 

    Trotz des Krieges gehen die Zahlungen an ultraorthodoxe Parteien weiter

    Zudem sieht er die Regierung nicht frei von Schuld. So habe diese in ihrem aktuellen Haushalt trotz der kriegsbedingt gestiegenen Ausgaben sogenannte Koalitionszahlungen beibehalten, Gelder für einzelne Parteien der Koalition. Als Beispiel nennt Strawczynski Zahlungen an die ultraorthodoxen Parteien, welche diese für die Stärkung jüdischer Traditionen vorgesehen haben. "Der israelischen Gesellschaft ist völlig klar, dass so etwas aktuell keine Priorität hat." Entscheidungen wie diese, meint er, nährten den Unmut gegenüber der Regierung und das Potenzial für Proteste – und damit das "soziale Risiko", vor dem die Moody’s-Analysten warnen. 

    Andere formulieren ihre Kritik noch schärfer. Moody’s Entscheidung sei "ein weiterer Beweis dafür, dass diese Regierung dysfunktional ist und dem öffentlichen Interesse schadet", sagte Oppositionsführer Yair Lapid. Und die linksliberale Tageszeitung urteilte am Sonntag: "Netanjahu senkt Israels Kreditwürdigkeit." 

    Experte: Dauert der Krieg länger, wird es keine schnelle Erholung geben

    Wie sehr die israelische Wirtschaft tatsächlich unter dem Krieg und seinen Folgen leiden wird, hänge in erster Linie von dessen Dauer ab, meint der Ökonom Strawczynski. Sollten die Kämpfe noch in diesem Jahr beendet werden, könnte die Wirtschaft sich schnell erholen – und Israel mit einem besseren Rating belohnt werden. "Aber wenn der Krieg länger dauert und es womöglich Komplikationen im Norden gibt, wird der ökonomische Effekt stärker ausfallen, weniger wegen möglicher Herabstufungen als vielmehr wegen des Krieges selbst."

    Offen bleibt zudem noch immer die Frage: Wer soll Gaza nach dem Krieg wieder aufbauen, wer das Gebiet und seine Menschen regieren? Israels Regierung hat dazu keinen Plan vorgelegt. Auch das, soviel lässt sich aus dem Moody’s-Bericht herauslesen, ist ein Unsicherheitsfaktor für die Wirtschaft. Denn damit diese florieren kann, braucht es eine stabile geopolitische Umgebung. Und dass der aktuelle Krieg in Gaza dazu führt, scheinen die Analysten zu bezweifeln. 

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