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Krieg in Nahost: UN-Gericht: Gefahr von Völkermord in Gaza

Krieg in Nahost

UN-Gericht: Gefahr von Völkermord in Gaza

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    Pro-palästinensische Aktivisten haben das Urteil des internationalen Gerichtshofs erwartet.
    Pro-palästinensische Aktivisten haben das Urteil des internationalen Gerichtshofs erwartet. Foto: Patrick Post/AP, dpa

    Der Internationale Gerichtshof hat eine Gefahr von Völkermord im Gazastreifen festgestellt, verpflichtet Israel aber nicht zum Ende des Militäreinsatzes. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen beauftragte Israel aber, mehr Schutzmaßnahmen für Palästinenser zu ergreifen, um Völkermord zu verhindern.

    Es ist ein deutliches Signal der Richter. Sie sehen die Gefahr, dass die Völkermord-Konvention verletzt werden könnte. Israel hatte die Vorwürfe Südafrikas als haltlos zurückgewiesen und sich auf das Recht zur Selbstverteidigung nach dem verheerenden Massaker der Hamas und anderer Terrorgruppen vom 7. Oktober berufen.

    Vor dem Friedenspalast in Den Haag, dem Sitz des Gerichts, brach Jubel aus. Hunderte propalästinensische Demonstranten, darunter auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg, verfolgten dort die Verlesung des Urteils auf einem großen Bildschirm. Proisraelische Demonstranten erinnerten vor dem Gericht hingegen an das Schicksal der israelischen Geiseln, die seit dem Massaker vom 7. Oktober im Gazastreifen festgehalten worden.

    Völkermord-Verfahren nicht abgeschlossen

    Die Richter entsprachen damit nur teilweise einem Eilantrag Südafrikas, das eine sofortige Einstellung der militärischen Handlungen gefordert hatte. Israel muss aber nun Schutzmaßnahmen ergreifen und mehr humanitäre Hilfe zulassen. Israel muss außerdem alles dafür tun, Aufrufe zum Völkermord zu verhindern und zu bestrafen, wie die Richter befanden.

    Es ist eine erste Entscheidung in dem Völkermord-Verfahren. Südafrika hatte Ende Dezember Klage gegen Israel eingereicht. Das Gericht entschied damit noch nicht endgültig über den Hauptvorwurf des Völkermordes. So ein Verfahren kann sich über Jahre hinziehen.

    Entscheidungen des UN-Gerichts sind bindend. Die Richter haben aber kein Machtmittel, um diese auch durchzusetzen. Unklar ist, ob Israel sich an diese Anordnung halten wird. Wann das Verfahren zum Hauptvorwurf des Völkermordes beginnen wird, ist nicht bekannt.

    Palästinensischer Außenminister begrüßt Entscheid

    Der Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Riad Malki, begrüßt den Entscheid des UN-Weltgerichts. "Die Richter des Internationalen Gerichtshofs sind von den Fakten und Gesetzen ausgegangen. Sie urteilten zugunsten der Humanität und des internationalen Rechts", hieß es in der Stellungnahme, die veröffentlicht wurde. Alle Staaten, so auch Israel, seien nun aufgefordert, den Entscheid umzusetzen.

    Netanjahu: Israel respektiert internationales Recht

    Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Entscheidung des UN-Gerichts, wonach sein Land bei der militärischen Offensive im Gazastreifen mehr Schutzmaßnahmen für Palästinenser ergreifen muss, zurückhaltend aufgenommen. "Israels Respekt für das internationale Recht ist unerschütterlich", teilte Netanjahu in einer Video-Botschaft mit. Zugleich werde sich Israel weiterhin "gegen die Hamas, eine völkermordende terroristische Organisation, zur Wehr setzen".

    Klar ablehnend äußerte sich Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir zum Entscheid der UN-Richter. Das "antisemitische Gericht in Den Haag" ziele "nicht auf Gerechtigkeit, sondern auf die Verfolgung des jüdischen Volkes" ab. Der Richterspruch gefährde den Fortbestand des Staates Israel, so Ben-Gvir, der auch Minister für Nationale Sicherheit ist.

    Hamas begrüßt Entscheid des Internationalen Gerichtshofs

    Die islamistische Hamas hat den Entscheid des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag begrüßt, wonach Israel bei seinem Militäreinsatz im Gazastreifen mehr Schutzmaßnahmen für Palästinenser ergreifen muss. "Das ist eine wichtige Entwicklung, die dazu beiträgt, dass Israel international isoliert wird", teilte ein Sprecher der Terrororganisation mit. Das Verfahren vor dem UN-Weltgericht werde "Israels Verbrechen im Gazastreifen zur Schau stellen", fügte er laut Mitteilung hinzu. Die internationale Gemeinschaft müsse nun Israel zwingen, den Richterspruch umzusetzen.

    Südafrika: UN-Gericht Entscheidung ist "entscheidender Sieg"

    Südafrika hat die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs, das eine Gefahr von Völkermord im Gazastreifen bestehe, als "einen entscheidenden Sieg für die internationale Rechtsstaatlichkeit" begrüßt. Der Beschluss des höchsten Gerichts der Vereinten Nationen sei "ein bedeutender Meilenstein bei der Suche nach Gerechtigkeit für das palästinensische Volk", teilte das Außenministerium mit.

    Die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs sei "wegweisend", fand Südafrikas Außenministerium. Drittstaaten, die Israel bislang unterstützten, sollten umgehend sicherstellen, dass sie nicht selbst gegen die Völkermordkonvention verstießen, indem sie die Finanzierung und Erleichterung israelischer Militäraktionen einstellten, hieß es.

    UN-Chef erinnert an bindende Wirkung

    Nach dem Entscheid des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag zum Gaza-Krieg hat UN-Generalsekretär António Guterres daran erinnert, dass Entscheidungen des IGH bindend sind. Alle Beteiligten müssten sich an den Richterspruch halten, sagte Guterres in New York laut Mitteilung. In der Entscheidung wird unter anderem gefordert, dass Israel bei seinem Militäreinsatz im Gazastreifen die Zivilbevölkerung besser schützen muss. Guterres sagte, wie von den Regularien vorgeschrieben, werde er nun den UN-Sicherheitsrat dementsprechend informieren.

    EU fordert von Israel Umsetzung von Gerichtsentscheid

    Die EU-Kommission von Ursula von der Leyen und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell haben Israel zur Befolgung der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zum Gaza-Krieg aufgerufen. "Die EU erwartet, dass die vom IGH angeordneten Maßnahmen vollständig, sofort und wirksam umgesetzt werden", teilten sie mit. Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs seien für die Vertragsparteien verbindlich, das heißt die Vertragsparteien müssten ihnen nachkommen.

    Inhaltlich äußerten sich Borrell und die EU-Kommission nicht zu dem Richterspruch. Man nehme die Entscheidung zur Kenntnis, hieß es lediglich. Die EU sichere dem Internationalen Gerichtshof als wichtigstem Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen weiterhin seine Unterstützung zu. Das Recht jeder Vertragspartei, Argumente in Bezug auf die Zuständigkeit, die Zulässigkeit oder die Begründetheit vorzubringen, bleibe von der Entscheidung über den Antrag Südafrikas auf Anordnung vorläufiger Maßnahmen unberührt.

    Baerbock: Israel muss vorläufige Anordnungen beachten

    Außenministerin Annalena Baerbock hat am Rande ihrer mehrtägigen Ostafrika-Reise Unterstützung für die vom Internationalen Gerichtshof vorläufig angeordneten Maßnahmen an Israel bekundet. Diese seien völkerrechtlich verbindlich, Israel müsse sich bei seinem Militäreinsatz im Gazastreifen daran halten, teilte Baerbock mit.

    Baerbock erklärte weiter: "Der Gerichtshof hat zugleich deutlich gemacht, dass Israels Vorgehen in Gaza auf den barbarischen Terror des 7. Oktobers folgt, und daran erinnert, dass auch Hamas an das humanitäre Völkerrecht gebunden ist und endlich alle Geiseln freilassen muss. Das werden wir mit aller Kraft unterstützen, ebenso die angeordnete Maßnahme an Israel, dringend mehr humanitäre Hilfe nach Gaza zu lassen."

    (dpa)

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