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Krieg in Nahost: Schläge gegen die Huthi-Rebellen: Ein Spiel mit dem Feuer

Krieg in Nahost

Schläge gegen die Huthi-Rebellen: Ein Spiel mit dem Feuer

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    Das von der US-Navy zur Verfügung gestellt Bild zeigt eine Tomahawk-Rakete, die von einem Zerstörer im Mittelmeer abgefeuert wird.
    Das von der US-Navy zur Verfügung gestellt Bild zeigt eine Tomahawk-Rakete, die von einem Zerstörer im Mittelmeer abgefeuert wird. Foto: Robert S. Price/U.S. Navy, dpa

    Als Reaktion auf Angriffe der jemenitischen Huthi-Rebellen auf Schiffe im Roten Meer haben die USA und Großbritannien in der Nacht zum Freitag mit Unterstützung von Verbündeten deren Stellungen attackiert. Die wichtigsten Fragen im Überblick:

    Was ist geschehen? Lange hatte US-Präsident Joe Biden gezögert, nun schickte er Flugzeuge, Marschflugkörper, Schiffe und U-Boote ins Rote Meer, um den Huthi-Rebellen einen empfindlichen Schlag zu versetzen. Eine Allianz der Amerikaner, der Briten und einer Handvoll anderer Länder griff 60 Ziele der Huthis an. Dazu gehörten Kommando- und Kontrollpunkte, Munitionsdepots, Startanlagen für Raketen, Produktionsanlagen und Luftabwehrradarsysteme. Ziel sollte es sein, die seit Wochen anhaltenden Angriffe auf Frachtschiffe auf der wichtigen Verbindung zwischen Asien und Europa zu beenden. Die von den USA ins Leben gerufene Operation heißt deshalb auch „Prosperity Guardian“ („Hüterin des Wohlstands“). Der britische Verteidigungsstaatssekretär James Heappey betonte: „Wir haben natürlich ein Auge auf die Notwendigkeit, dass es keine regionale Eskalation auslöst.“ Doch die Sorgen genau davor sind immens. „Die regionale Sicherheitslage im gesamten Nahen Osten ist ausgesprochen instabil“, sagt Stephan Stetter, Nahost-Experte an der Universität der Bundeswehr in München. Doch weder die USA noch die anderen Akteure hätten Interesse an einem Flächenbrand. Unter diesen Vorzeichen sei auch der begrenzte Einsatz gegen die Huthis zu sehen: „Man kann sehen, dass die Versuche, eine Eskalation zu verhindern, derzeit nicht in Verhandlungen liegen, sondern auf der Ebene massiver Abschreckung“, sagt Stetter. Ziel der Allianz sei es vor allem gewesen, nicht als taten- und machtlos dazustehen. „Es ist ein Zeichen, das gesetzt wurde“, sagt der Experte.

    Wer sind die Huthis?

    Sie wurden einst als Sandalen-Krieger verlacht, und können doch inzwischen die halbe Welt in Alarmbereitschaft versetzen. Die Miliz ist Teil der sogenannten „Achse des Widerstands“ gegen Israel. Ihren Namen verdanken sie ihrem früheren Anführer Hussein al-Huthi, der aus der Gruppe eine politische Bewegung formte. Sie selbst nennen sich „Ansar Allah“ (Unterstützer Gottes). Die Kämpfe zwischen Huthis und Regierung haben schon Hunderttausenden Menschen das Leben gekostet. Das Waffenarsenal der Terroristen ist umfassend. Sie haben Zugang zu Panzern und technischen Fahrzeugen sowie zu Panzerabwehr-Lenkraketen, ballistischen Raketen, Drohnen und Marschflugkörpern. Die Rebellen beherrschen inzwischen weite Teile des Nord-Jemen. Mit den Aktionen im Roten Meer wollen die Huthis nicht nur gegenüber Israel und dem Westen zündeln, sondern auch ihre ganz eigene innenpolitische Agenda vorantreiben. Sie wollen den gesamten Jemen regieren und suchen dafür nach internationaler Anerkennung. „Die Huthis möchten ihre Verhandlungsposition stärken“, sagt Stetter. Mit ihren Angriffen bauen sie entsprechenden Druck auf. 

    Welche Folgen hat das für den Nahen Osten?

    Eines haben die Huthi nicht vor: aufgeben. Schon jetzt kündigten sie weitere Angriffe auf Schiffe im Roten Meer an. Der Militärschlag werde nicht „unbeantwortet und ungestraft bleiben“, drohten die Rebellen. Deshalb wächst die Sorge, dass der Krieg im Nahen Osten sich weiter ausbreiten könnte. Denn die Huthi sind eng verbandelt mit der Hisbollah, die schon jetzt vom Libanon aus gegen Israel feuert, und dem Iran, dessen erklärtes Ziel es ist, den Staat Israel auszulöschen. Nicht ohne Grund haben die Huthi ihre Angriffe auf die Handelsschiffe im Roten Meer verstärkt, seit Israel den Gazastreifen bombardiert. Dass sie nun von der US-Allianz bombardiert wurden, passt zu ihrer Erzählung, Opfer einer Verschwörung zwischen Israel, den USA und Saudi-Arabien zu sein. Das soll andere Gruppen und Staaten in der Region mobilisieren. Der Oman warnte „als Folge der anhaltenden israelischen Aggression gegen die besetzten palästinensischen Gebiete“ zum wiederholten Mal vor einer Ausweitung des Krieges auf die Region, wie es aus dem Außenministerium in Maskat hieß. Vieles wird davon abhängen, wie sich der Iran positioniert. Denn die Nadelstiche gegen Israel und den Westen sind vor allem im Interesse Teherans. Doch in einen echten Krieg scheint auch das Mullah-Regime nicht einsteigen zu wollen. Bisher nutzt das Land seine verbündeten Terror-Gruppen. 

    Was heißt die Entwicklung für Israel?

    Die Regierung Netanjahu wird sich kaum aktiv einmischen. „Israel ist im Gazastreifen und in Den Haag ausreichend beschäftigt“, sagt Stetter. An der nördlichen Landesgrenze provoziert die Hisbollah, im Westjordanland kommt es vermehrt zu Ausschreitungen. 

    Was bedeutet die Zuspitzung für Deutschland?

    Militärisch beteiligt sich Deutschland aktuell nicht an den Angriffen auf die Huthi-Stellungen. Die Europäische Union prüft allerdings, wie man zur Stabilisierung der Lage beitragen kann. Ganz außen vor ist Deutschland dennoch nicht – es spürt die Folgen wirtschaftlich. Nicht nur die Ölpreise legten am Freitag weiter zu. Schon jetzt setzt etwa Tesla in seinem Werk in Grünheide bei Berlin seine Produktion weitgehend aus, da wichtige Teile fehlen. Die Schiffspassage ist für die großen Reedereien eine wichtige Handelsstraße, sie müssen nun Umwege nehmen. „Die Umleitung von Schiffen aufgrund der Angriffe im Roten Meer um das Kap der Guten Hoffnung in Afrika führt dazu, dass sich die Zeit für den Transport von Waren zwischen den asiatischen Produktionszentren und den europäischen Verbrauchern deutlich um bis zu 20 Tage verlängert", sagt Julian Hinz, Direktor des Forschungszentrums Handelspolitik am Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW). 

    Nach Berechnungen des IfW brach infolge der Angriffe die Zahl der transportierten Container um die Hälfte ein. Der Transport eines 40-Fuß-Standardcontainers zwischen China und Nordeuropa koste aktuell über 4000 US-Dollar, im November waren es rund 1500 US-Dollar. Bislang heißt die gute Nachricht für alle Verbraucherinnen und Verbraucher: Auf die Preise hat das bislang keine Auswirkungen. Der Anteil der Frachtkosten am Warenwert hochpreisiger Artikel etwa im Bereich Elektronik liege nur im Promillebereich, so Hinz. Und: Der aktuelle Preis ist noch weit entfernt von den drastischen Ausschlägen während der Corona-Pandemie, als der Transport eines Containers auf dieser Route bis zu 14.000 US-Dollar kostete.

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