Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Krieg in Nahost: Hamas-Anführer Jihia Sinwar ist Israels Staatsfeind Nummer eins

Krieg in Nahost

Hamas-Anführer Jihia Sinwar ist Israels Staatsfeind Nummer eins

    • |
    Jihia Sinwar, Chef der Hamas im Gazastreifen.
    Jihia Sinwar, Chef der Hamas im Gazastreifen. Foto: Mohammed Talatene, dpa

    "Wir werden ihn kriegen und wir werden ihn töten." Israels Verteidigungsminister Yoav Galant hat seine Soldaten mit einem klaren Auftrag in den Süden des Gazastreifens geschickt. In dem weit verzweigten Tunnelsystem unter seiner Geburtsstadt Khan Yunis soll sich Jihia Sinwar versteckt halten, der Hamas-Chef von Gaza und damit der Hauptverantwortliche für die Massaker vom 7. Oktober. In Israel nennen sie den 61-Jährigen mit der Kurzhaarfrisur und dem kurzen grauen Bart wahlweise den "Schlächter von Khan Yunis" oder den "Osama bin Laden von

    Schon im Gefängnis arbeitet sich Jihia Sinwar bei der Hamas nach oben

    Mehr als 1000 palästinensische Häftlinge lässt die israelische Regierung damals im Austausch für den Soldaten Gilad Shalit frei, der sich fünf Jahre in der Gewalt der Hamas befunden hat. Unter ihnen ist auch Sinwar, der im Gefängnis zum Anführer der inhaftierten Hamas-Leute aufgestiegen ist. Von seiner Zelle aus hält er über seine Anwälte und eingeschmuggelte Telefone auch Kontakt nach Gaza. Zurück in Freiheit lässt er keinen Zweifel an seinen Absichten: Möglichst viele Juden zu töten oder sie wenigstens zu vertreiben. "Jeder, der eine Waffe besitzt", sagt er einmal unter dem Jubel seiner Anhänger, "sollte sich vorbereiten. Wer keine Waffe hat, nimmt sein Schlachtmesser oder seine Axt." 

    Einem israelischen Ermittler, der ihn in der Haft vernimmt, entgegnet er auf die Frage nach seiner Familie: "Die Hamas ist meine Frau, mein Sohn, meine Tochter, meine Eltern. Die Hamas ist alles für mich." Sein Hass auf alles Jüdische und Israelische allerdings hindert Sinwar nicht daran, einen Gehirntumor während seiner Haftzeit von israelischen Ärzten behandeln zu lassen. Ihnen verdankt er vermutlich sein Leben, er selbst aber sagt nur lakonisch, die Ärzte in Israel hätten lediglich ihre Pflicht getan. 

    Zur Hamas gekommen ist der in einem Flüchtlingslager in Khan Yunis geborene Sinwar schon während seines Studiums der Arabistik an der Islamischen Universität in Gaza. Dort lernt er auch Ahmed Yassin kennen, den nahezu blinden und im Rollstuhl sitzenden Gründer der Organisation, dessen eifrigster Schüler er wird. Mit gerade einmal 20 Jahren wird Sinwar das erste Mal verhaftet und beginnt sich zu radikalisieren. Heute sagt er, die lange Zeit im Gefängnis habe er auch dazu genutzt, den Feind zu studieren. Sinwar spricht seitdem fließend Hebräisch – was auch einige der Geiseln erstaunt, denen er sich nach israelischen Medienberichten kurz nach ihrer Entführung in einem Tunnel in Gaza zeigt und sie in akzentfreiem Hebräisch anspricht: "Ihnen passiert nichts.." 

    In den Tunneln von Gaza begegnet Jihia Sinwar den Geiseln der Hamas

    Sicher vor Sinwar aber ist in Wirklichkeit niemand. In seinen ersten Jahren bei der Hamas macht er vor allem Jagd auf seine palästinensischen Glaubensbrüder, auf vermeintliche Verräter, Kollaborateure oder Homosexuelle, von denen er mehrere getötet haben soll. Einen von ihnen erdrosselt er mit seiner Kufija, dem karierten Palästinensertuch. Seit 2017 ist Sinwar der zweitmächtigste Mann der Hamas hinter Ismail Hanija, dem in Katar lebenden obersten Führer. Er hat Tausende neuer Kämpfer für die Hamas rekrutiert, noch engere Bande in den Iran geknüpft und die Waffenproduktion angekurbelt. 

    Das israelische Militär sei eingeladen, ihn zu jagen, sagt Sinwar nach einem der jüngsten Luftangriffe sarkastisch. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu aber nimmt ihn nun beim Wort: "Es ist nur eine Frage der Zeit", sagt er, "bis wir ihn finden."

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden