Die Bundesregierung – allen voran Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) – steht in der Kritik: Zu wenige Waffen liefere sie zu langsam an die Ukraine, die sich gegen Russland verteidigen muss, so der verbreitete Vorwurf. Aber hinkt Deutschland anderen Ländern wirklich hinterher, wenn es um Hilfe für die Ukraine geht?
Das Kiel Institut für Weltwirtschaft beobachtet und vergleicht die weltweite Ukraine-Hilfe mit dem Projekt "Ukraine Support Tracker". In dieser Woche hat sie eine aktuellere Version geliefert – sie schließt Lieferungen bis 24. April ein. Demnach hat Deutschland lediglich Waffen im Wert von 142 Millionen Euro geliefert. Auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen antwortete das Bundeswirtschaftsministerium mit einem ähnlichen Wert: Deutschland habe Kriegswaffen für 120,5 Millionen Euro und sonstige Rüstungsgüter im Wert von 71,4 Millionen Euro geliefert. Zum Vergleich: Polen lieferte Waffen im ungefähr zehnfachen Umfang, die USA sogar im zwanzigfachen. Aber welche Waffen hat Deutschland der Ukraine im einzelnen geliefert, seit Russland das Land am 24. Februar angriff?
Diese Waffen und Militärgüter lieferte Deutschland bis 24. April an die Ukraine:
- 2000 Stück Panzerfaust 3 (20 Mio. Euro)
- 500 Stinger-Raketen, 1000 Stück Panzerfaust 3, 1000 Einheiten Munition für Panzerfaust 3, 23.000 Helme, 1300 Schutzwesten, 2600 Kevlar Schutzplatten, 16 Nachtsichtgeräte, 14 gepanzerte Fahrzeuge (Gesamtwert 37,3 Mio. Euro)
- 2000 Strela-Flugabwehrraketen (45,4 Mio. Euro), Feldambulanz (11 Mio. Euro), 350.000 Nahrungseinheiten (7,7 Mio. Euro), 100 MG3-Maschinengewehre (0,3 Mio. Euro), 8.000.000 Einheiten Munition für MG3 (5,6 Mio. Euro)
- 100.000 Handgranaten (4,9 Mio. Euro), 2000 Raketen für Panzerfaust 3 (0,5 Mio. Euro), 50 Einheiten Munition für Bunkerfaust (10.100 Euro), 2000 Minen (33.000 Euro), 5300 Sprengladungen (79.500 Euro), 8.000.000 Einheiten Gewehrmunition (6,8 Mio. Euro), 100 Ersatzteile für MG, 100.000 Einheiten Sprengschnur (9,9 Mio. Euro), 250.000 Feuerzeuge (2 Mio. Euro)
Außerdem leistet Deutschland wie andere Länder neben reinen Waffenlieferungen Hilfe in Form von Geld, mit dem die Ukraine wiederum Waffen kaufen soll. Betrachtet man Waffenlieferungen und solche Finanzhilfen zum Kauf von Waffen, liegt Deutschland mit mehr als 1,3 Milliarden Euro Unterstützung auf Platz drei hinter den USA und Polen.
Berücksichtigt man neben Waffen- und Finanzhilfen auch humanitäre Unterstützung, rückt Deutschland einen weiteren Platz auf. Die USA leisteten 10,3, Deutschland 3,6 und Polen 2,7 Milliarden Euro Hilfe an die Ukraine.
Gemessen an ihrer Wirtschaftsleistung helfen andere Länder mehr
Offensichtlich fällt es Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas und viertgrößte der Welt leichter, einen gewissen Betrag aufzubringen. Um die Bemühungen eines Landes für die Ukraine zu untersuchen, liegt es daher nahe, die Unterstützung ins Verhältnis zur Wirtschaftsleistung zu setzen – dann befindet sich Deutschland nur im Mittelfeld. Estland unterstützt die Ukraine beispielsweise fast mit einem Prozent des Wertes aller Güter und Dienstleistungen, die das Land jährlich erwirtschaftet. Als ehemalige Sowjetrepublik sieht sich das Land als besonders von Russland bedroht an. Deutschlands Unterstützung entspricht einem Tausendstel seines Bruttoinlandsprodukts, die der USA einem Zweitausendstel.
Noch nicht enthalten bei den deutschen Waffenlieferungen ist die geplante Ausfuhr von Gepard-Flugabwehrpanzern, die die Bundesregierung genehmigen will. Zu berücksichtigen ist auch, dass Deutschland im Rahmen eines sogenannten Ringtauschs Waffen an andere Länder liefert, vornehmlich an ehemalige Sowjet-Staaten. Diese liefern wiederum Kriegsgerät an die Ukraine, deren Streitkräfte erfahren im Umgang mit Ex-Sowjet-Beständen sind.
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