Militärstrategen dürfte bange werden, wenn sie auf das Frühjahr im Krieg in der Ukraine blicken. Der frühere Nato-General Hans-Lothar Domröse beispielsweise erwartet „eine fürchterlich blutige Frühjahrsoffensive“, wie er der ARD sagte. Moskau hat in den letzten Monaten nicht nur zigtausende Soldaten, sondern auch hunderte gepanzerte Fahrzeuge in Richtung Ukraine in Marsch gesetzt. Nach der großen Mobilisierung Russlands könnte der Krieg in eine neue Phase treten, wenn die Böden nach Frost und Matschwetter wieder große Truppenbewegungen zulassen.
Eine wichtige Rolle sollen nun westliche Kampfpanzer spielen, um die ukrainischen Streitkräfte in einem ersten Schritt in die Lage zu versetzen, russischen Offensiven standhalten zu können. In einem zweiten Schritt geht es darum, der ukrainischen Armee die Befreiung besetzter Gebiete zu ermöglichen. Dann, so das Kalkül, könnte der Druck auf den Kreml wachsen, den verlustreichen Krieg zu beenden.
Ende März könnten die ersten Leopard-Panzer in der Ukraine eintreffen
Aus Europa soll die Ukraine voraussichtlich bis März zunächst zwei Panzerbataillone mit Leopard-Kampfpanzern erhalten. Das würde militärisch einen Unterschied machen. Denn die verschiedenen Leopard-Typen gelten in ihrer jeweiligen Generation unter Fachleuten als weltweit kampfstärkste Panzer. Sie sind nicht nur den Schützen- und Kampfpanzern aus sowjetischer Produktion, über die die Ukraine verfügt, deutlich überlegen, sondern auch den russischen Panzern neuer Bauart auf der Gegenseite.
Ein Panzerbataillon besteht in der Regel aus drei Kompanien mit je 14 Kampfpanzern sowie einer Versorgungskompanie mit zwei Kampfpanzern und Instandsetzungstrupp. Deutschland, Finnland, Spanien und die Niederlande liefern für ein Bataillon die zweitmodernste Generation des Leopard, den Typ 2A6, der auch bei der Bundeswehr im Einsatz ist.
Der modernste Typ des Leopard-Panzers ist tabu
Der modernste, erst im September 2021 ausgelieferte Typ 2A7V ist nach Einschätzung von Experten für die Ukraine tabu, weil er - ausgestattet mit viel Digitaltechnik und ebenso geheimer Spezialpanzerung - im Ernstfall nicht den Russen in die Hände fallen soll. Von diesem Typ verfügte die Bundeswehr vergangenes Jahr über 53 Stück von insgesamt 212 im Mai 2022 einsatzfähigen Leopard-Panzern. 100 weitere wurden zu diesem Zeitpunkt instandgesetzt oder modernisiert.
Doch auch der Vorgänger Leopard 2A6 gilt als einer der modernsten Kampfpanzer der Welt. Diese Generation hat eine längere hochpräzise Kanone, die im „Duell“ selbst modernste Panzer ausschalten kann. Zudem wurde eine grundsätzliche Eigenschaft der Leopard-Kampfpanzer in dieser Generation weiterentwickelt: Der Schutz der vierköpfigen Besatzung, die aus Kraftfahrer, Richtschütze, Ladeschütze und Kommandant besteht. Diesen ausgeklügelten Schutz gegen Minen, Panzerfäuste und Sprengfallen konnte der 2A6 in Afghanistan unter Beweis stellen.
Ein zweites Panzerbataillon stellen Polen und Norwegen zusammen – sie setzen auf den etwas älteren Leopard 2A4. Auch er besitzt eine 120-Millimeter-Kanone von Rheinmetall, die übrigens auch die USA für ihre M1-Abrams-Kampfpanzer eingekauft hatten. Mit Abrams soll das dritte Bataillon aus westlichem Bestand ausgestattet werden. Die bei der Bundeswehr ausgemusterten 2A4 sind vor allem beim türkischen und griechischen Militär im Einsatz. Wie alle Leopard 2 ist auch die ältere Generation hochmobil, 70 Stundenkilometer schnell und kann mit dem speziell stabilisierten Geschütz Ziele auch in voller Fahrt präzise angreifen.
Ganz entscheidend wird sein, wie effektiv Ausbildung, Wartung und Logistik für den Einsatz der Leopard-Bataillone aufeinander abgestellt werden. Eine Herausforderung, die dadurch deutlich erleichtert wird, dass die Ukraine nun in erster Linie Varianten des deutschen Kettenfahrzeugs erhält, ergänzt durch die in Aussicht gestellte Lieferung von Abrams und weiteren 14 britischen Challenger-2-Panzern.