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Krieg in der Ukraine: Weltgerichte ermitteln wegen Kriegsverbrechen von Russland

Krieg in der Ukraine

Weltgerichte ermitteln wegen Kriegsverbrechen von Russland

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    In Irpin brennen Häuser nach einem Bombenangriff.
    In Irpin brennen Häuser nach einem Bombenangriff. Foto: Emilio Morenatti, AP/dpa

    Bombardiert Russland gezielt Zivilisten in der Ukraine? Dessen Präsident Wolodymyr Selenskyj erhebt diesen Vorwurf seit Beginn der Invasion. Er spricht von Kriegsverbrechen. US-Außenminister Antony Blinken sagt, die Vereinigten Staaten hätten dafür „sehr glaubwürdige Berichte“. Und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fordert, dies eingehend zu untersuchen. Was nun auf höchster juristischer Ebene auch passiert.

    Verbrechen in der Ukraine gehen vor den Strafgerichtshof

    Der Internationale Strafgerichtshof mit Sitz in Den Haag hat bereits Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingeleitet. Hier könnte es für Wladimir Putin unangenehm werden. Denn vor dem Strafgerichtshof geht es um persönliche Schuld – auch für Präsidenten gibt es keine Immunität. Es ist gar ein Haftbefehl gegen Putin oder andere russische Politiker denkbar. Im Falle einer Verurteilung könnte der Präsident die meisten Staaten nicht mehr bereisen. Noch allerdings richten sich die Vorermittlungen nicht direkt gegen den Kremlchef.

    Die Ukraine hat bereits vor neun Jahren mit dem Heraufziehen der Krise um die Ostukraine anerkannt, dass der Strafgerichtshof für Kriegsverbrechen auf seinem Staatsgebiet zuständig ist. Das hat zur Folge, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf ukrainischem Boden in die Zuständigkeit des Strafgerichts fallen, auch wenn Russland das Gericht nicht anerkennt.

    Als Staat verantworten muss sich Russland vor dem Internationalen Gerichtshof, ebenfalls in Den Haag. Dort begann am Montag eine Anhörung der ukrainischen Delegation. Kiew hatte vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen ein Dringlichkeitsverfahren gegen Russland angestrengt. Der Vorwurf lautet Verletzung der Völkermord-Konvention. Ziel ist das sofortige Ende der Gewalt. Russland sollte an diesem Dienstag das Wort ergreifen, teilte aber mit, dem Termin fernzubleiben. Die Urteile des Gerichtshofs sind bindend, in der Vergangenheit fehlte es jedoch an Möglichkeiten, sie auch umzusetzen. Was bleibt, ist der symbolische Effekt eines Schuldspruchs.

    Deutsche Politiker fordern darüber hinaus Ermittlungen gegen Wladimir Putin

    Von einem „wichtigen Symbol“ spricht auch Gabriela Heinrich, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. Die Klage habe ihre Berechtigung, sagt sie unserer Redaktion. Noch wichtiger sei aber, „dass der Internationale Strafgerichtshof Ermittlungen wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufgenommen hat. Für mich ist das eine klare und sehr wichtige Botschaft, dass die Welt nicht wegschaut.“

    Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) fordert darüber hinaus Ermittlungen des Generalbundesanwalts in Karlsruhe gegen Putin. Am Montag kündigte sie gemeinsam mit ihrem Parteifreund und früheren Bundesinnenminister Gerhart Baum eine Strafanzeige an. Basis für eine mögliche Anklage soll das „Weltrechtsprinzip“ bieten, das in Deutschland bereits gegen Syrer, denen im Bürgerkrieg Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt worden waren, herangezogen wurde. Am Dienstag hieß es, der Generalbundesanwalt habe tatsächlich Ermittlungen aufgenommen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat die Karlsruher Behörde konkrete Anhaltspunkte für bereits begangene Kriegsverbrechen. Die Ermittler befürchten zudem, dass es zu weiteren Straftaten kommt, wie es hieß.

    Menschen suchen Schutz in einem Keller eines Gebäudes, während die Sirenen neue Angriffe ankündigen. Russland hat am Donnerstag einen umfassenden Angriff auf die Ukraine gestartet und Städte und Stützpunkte mit Luftangriffen oder Granaten beschossen.
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    Am Donnerstag hat Russland die Ukraine angegriffen. Menschen sind auf der Flucht und verlassen die Städte. Unsere Bilder zeigen Szenen des Kriegs.

    Derweil verschärft sich die Situation für Zivilisten in der Ukraine weiter. Ein neuerlicher Anlauf für Evakuierungen aus besonders umkämpften Städten wie Charkiw und Mariupol geriet ins Stocken. Moskau gab Kiew die Schuld. Die ukrainische Seite habe keine einzige Bedingung für die Einrichtung humanitärer Korridore erfüllt, hieß es im russischen Verteidigungsministerium. Zudem behaupteten die Russen, ukrainische „Nationalisten“ hielten die Bevölkerung unter Androhung von Gewalt zurück und setzten den Beschuss russischer Stellungen trotz Feuerpause fort.

    Ukraine-Krieg: In Mariupol besteht Gefahr von Minen

    Die ukrainische Regierung wies dies zurück und zeigte sich empört, dass die angebotenen Fluchtrouten vor allem in die Nachbarländer Russland und Belarus führen sollten. Bereits am Wochenende waren zwei Anläufe für eine Evakuierung von Einwohnern Charkiws und Mariupols gescheitert. Der Einsatzleiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Dominik Stillhart, berichtete in der BBC von der Gefahr von Minen. Einige IKRK-Mitarbeiter hätten versucht, Mariupol auf einer vereinbarten Route zu verlassen, hätten aber festgestellt, dass „die ihnen angezeigte Straße vermint war“.

    Was der Ukraine-Krieg für die deutsche Außenpolitik bedeutet, analysiert Margit Hufnagel im Leitartikel. Wer als Vermittler noch infrage kommt, beschreiben Susanne Güsten und Simon Kaminski in der Politik. Ebenfalls dort zu lesen: Unser US-Korrespondent Karl Doemens zur Frage, wie die amerikanische Regierung in wirtschaftlicher Hinsicht auf den Krieg reagiert.

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