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Krieg in der Ukraine: Was kann diesen Krieg zwischen Russland und der Ukraine beenden?

Krieg in der Ukraine

Was kann diesen Krieg zwischen Russland und der Ukraine beenden?

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    Ein Mann steht auf einer zerstörten Brücke in Irpin, am Stadtrand von Kiew. Die festgefahrene militärische Lage in der Ukraine könnte sowohl Moskau als auch Kiew zu einem Kompromiss bewegen.
    Ein Mann steht auf einer zerstörten Brücke in Irpin, am Stadtrand von Kiew. Die festgefahrene militärische Lage in der Ukraine könnte sowohl Moskau als auch Kiew zu einem Kompromiss bewegen. Foto: Felipe Dana, dpa

    Zwei Wochen schon dauert der Krieg in der Ukraine. Dessen Präsident Wolodymyr Selenskyj richtet immer dringendere Appelle an den Westen. „Der Krieg muss enden“, sagte er in einer Videobotschaft. „Wir müssen uns an den Verhandlungstisch setzen.“ Tatsächlich kommt es an diesem Donnerstag zu einem Treffen, das einen Weg zum Frieden aufzeigen soll: Der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein ukrainischer Kollege Dmytro Kuleba werden in der Türkei zusammenkommen.

    Die Regierung in Kiew schließt inzwischen nicht mehr aus, über eine mögliche Neutralität des Landes zu sprechen. Das würde heißen, dass eine Nato-Mitgliedschaft zunächst vom Tisch wäre. Allerdings verlangt Selenskyj Sicherheitsgarantien. Zudem müsse der Kreml bestätigen, dass er die ukrainische Staatlichkeit anerkenne. Ist Moskau zu Kompromissen bereit?

    Russische Truppen verzetteln sich in Häuserkämpfen

    „Voraussetzungen für Verhandlungen sind, dass sich in Moskau die Überzeugung durchsetzt, dass dieser Krieg nicht zu gewinnen ist und dass es jetzt darauf ankommt, den Preis für den Truppenabzug so hoch wie möglich zu schrauben“, sagt Joachim Krause, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel.

    Dass die Verhandlungen diesmal auf Ebene der Außenminister stattfinden, wertet der Sicherheitsexperte als gutes Zeichen. Und das hat seinen Grund: Die russischen Truppen würden sich aktuell kaum mehr voranarbeiten. „Sie erzielen keine Geländegewinne, verzetteln sich in Häuserkämpfen und schießen in bewohnte Gebiete und töten Zivilisten, so als ob ihnen nichts Besseres einfiele“, sagt Krause. Es sei vorstellbar, dass es unter internationaler Vermittlung einen Waffenstillstand gebe, dem dann Verhandlungen folgen müssten. „Wir nähern uns möglicherweise einem Ergebnis wie 1940 bei Beendigung des Winterkrieges, wo Russland aus ähnlichen Motiven wie heute Finnland angriff und riesige Verluste einstecken musste“, sagt der Experte.

    Doch was könnte Ziel dieser Verhandlungen sein? „Russland will den Donbass, die Krim und eine Versicherung, dass die Ukraine niemals der Nato beitritt“, sagt Krause. Diesem Gesamtpaket könne Selenskyj nicht zustimmen, aber vielleicht gebe es Kompromisslinien, etwa, dass der

    Krieg in der Ukraine: Auch Russland deutet einen Kompromiss an

    Tatsächlich scheint sich Präsident Wladimir Putin mit seinem Angriff auf die Ukraine verschätzt zu haben. Der Durchbruch für seine Truppen bleibt aus. „Es kommen jetzt so viele junge russische Soldaten aus einem Bruderkrieg in Särgen zurück, dass der Unmut nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in der Elite größer wird“, sagt der Militärexperte Wolfgang Richter von der „Stiftung Wissenschaft und Politik“. Auch die Kapazitäten der russischen Armee seien nicht unendlich. Gleichzeitig gerät die Wirtschaft in Russland immer stärker in Schwierigkeiten, das Land steuert auf die Zahlungsunfähigkeit zu. „Russland muss jetzt zu Kompromissen bereit sein“, sagt Richter – die militärische Lage zwinge es förmlich dazu, denn ein Kampf um Städte wäre für beide Seiten furchtbar. „Die Maximalforderungen aus Putins Rede, die er kurz vor Kriegsbeginn gehalten hat, werden sich nicht mehr erfüllen.“

    Die Wiedererrichtung eines zaristischen Russlands mit voller Kontrolle über die Ukraine sei faktisch nicht machbar, das hätten die gemäßigten Kräfte in der russischen Regierung erkannt. Die Erwartung, dass die Ukraine schnell zu besiegen sei, habe sich als falsch erwiesen. „Die russischen Truppen sind nicht als Befreier von den Ukrainern mit Brot und Salz in Empfang genommen worden“, sagt der Oberst a.D.. Tatsächlich betonte eine Sprecherin des Außenministeriums am Mittwoch, dass Russland keinen Machtwechsel in der Ukraine anstrebe. Ziel sei „weder die Besatzung der Ukraine noch die Zerstörung ihrer Staatlichkeit noch der Sturz der aktuellen Führung“. Das hatte sich in früheren Erklärungen noch anders angehört.

    Ein großflächiges Plakat mit einem als Totenkopf stylisierten Porträt des russischen Präsidenten Wladimir Putin hängt an der Fassade des Museums für Medizingeschichte in Lettlands Hauptstadt Riga.
    Ein großflächiges Plakat mit einem als Totenkopf stylisierten Porträt des russischen Präsidenten Wladimir Putin hängt an der Fassade des Museums für Medizingeschichte in Lettlands Hauptstadt Riga. Foto: Alexander Welscher, dpa

    Aber auch in der Ukraine werde sich ein gewisser Realismus durchsetzen, glaubt Richter. „An der Frage der de facto Zugehörigkeit der Krim und des Donbass werden sie wohl nicht mehr rütteln können“, sagt er. Vieles hänge an diplomatischen Formulierungen, die für beide Seiten gesichtswahrend seien. Geklärt werden müsse vor allem die Frage, ob die Ukraine ihre Souveränität wahren und etwa Mitglied der Europäischen Union werden könne, wenn sie den Nato-Beitritt nicht mehr anstreben würde. „Beide Seiten müssen sich jetzt in Richtung Kompromiss bewegen, um Schlimmeres zu vermeiden“, sagt Richter.

    Alle Informationen zur Eskalation erfahren Sie jederzeit in unserem Live-Blog zum Krieg in der Ukraine.

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast an. Die Augsburgerin Tanja Hoggan-Kloubert spricht über die Angst um ihre Eltern in der Ukraine – und die überwältigende Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung.

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