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Krieg in der Ukraine: Warum der Iran für Putins Russland so interessant ist

Krieg in der Ukraine

Warum der Iran für Putins Russland so interessant ist

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    Erst Mitte Juli war Wladimir Putin (links) bei seinem Amtskollegen Ebrahim Raisi in Teheran zu Gast.
    Erst Mitte Juli war Wladimir Putin (links) bei seinem Amtskollegen Ebrahim Raisi in Teheran zu Gast. Foto: Sergei Savostyanov

    Die Ankunft eines Güterzugs in einer Kleinstadt ist normalerweise kein Ereignis, das die Anwesenheit hoher Staatsvertreter erfordert. Doch als vor einem Monat ein Zug mit 39 Containern aus Russland in der iranischen Grenzstadt Saracks einlief, war Irans Vizepräsident Mohammed Mokhber mit einer hochrangigen Delegation aus Teheran zur Stelle, um den Schienentransport als Beginn eines neuen Kapitels in den Beziehungen zwischen seinem Land und Russland zu würdigen.

    Teheran und Russland bauen ihre Zusammenarbeit aus, um westlichen Sanktionen zu trotzen. Der russische Container-Zug erreichte den Iran nach einer 3800 Kilometer langen Fahrt über Kasachstan und Turkmenistan. Ziel der Ladung war Indien: Nach weiteren 1600 Kilometern durch den Iran kam sie im Hafen Bandar Abbas an. Von dort aus ging es per Schiff weiter nach Mumbai. Mit der Lieferung erprobten Russland und der Iran ihren Internationalen Nord-Süd-Transitkorridor (INSTC), der russische Exporte nach Asien mit iranischer Hilfe erleichtern soll.

    Russland kann exportieren und Iran verdient an Transitgebühren

    Der INSTC ist kürzer als der 16.000 Kilometer lange Seeweg von St. Petersburg um Europa herum und durch den Suez-Kanal nach Indien. Die Landverbindung hat einen westlichen Strang über Aserbaidschan, einen mittleren über das Kaspische Meer und einen östlichen über Kasachstan. Nach Angaben des iranischen Vizepräsidenten Mokhber sollen künftig jährlich bis zu 300 Millionen Tonnen an Fracht über den INSTC rollen. Die Eisenbahn sei für Russland beim Export von Bodenschätzen sehr wichtig, schrieb die Sicherheitsexpertin Emily Ferris von der britischen Denkfabrik RUSI in einer Analyse. Und der Iran verdient an den Transitgebühren.

    Ihre gemeinsamen Interessen als Länder im Bannstrahl internationaler Sanktionen entdecken der Iran und Russland auch in anderen Bereichen. Das russische Gasunternehmen Gazprom will in den kommenden Jahren bis zu 40 Milliarden Dollar in die Ausbeutung iranischer Gas- und Ölfelder investieren. Vor wenigen Tagen brachte eine russische Trägerrakete einen iranischen Satelliten ins All, der nach Einschätzung westlicher Experten von Russland genutzt werden könnte, um den Kriegsgegner Ukraine zu überwachen. Der Iran dementiert. Weniger deutlich äußert sich Teheran zu Vorwürfen, der Iran liefere Kampfdrohnen an Russland. Teheran ist im Ukraine-Konflikt offiziell neutral, erklärte zum Thema Drohnen aber, der Rüstungssektor sei eines der Felder, auf denen der Iran mit Russland kooperiere.

    Teheran weiß, wie man Sanktionen umgeht

    Für Russland ist der Iran auch wegen seiner Erfahrung mit Sanktionen ein interessanter Partner. Die Islamische Republik unterliegt seit ihrer Gründung 1979 fast ununterbrochen amerikanischen Strafmaßnahmen. Staat und Privatunternehmen wissen deshalb, wie man trotzdem gesperrte Güter importiert oder Öl exportiert. So verschifft der Iran nach Regierungsangaben trotz des internationalen Öl-Embargos wegen seines Atomprogramms eine Million Barrel Öl pro Tag. Hauptabnehmer ist China.

    Die Reparatur von Verkehrsflugzeugen ist ein weiteres Beispiel dafür, wie die Iraner den Russen helfen können. Russische Unternehmen bekommen wegen der Sanktionen keine Ersatzteile von Boeing oder Airbus mehr und mussten schon einige ihrer Maschinen zerlegen, um an Ersatzteile zu kommen. Der Iran könne sich Ersatzteile trotz der Sanktionen aus Drittländern besorgen, meldete die russische Nachrichtenagentur Tass. Zudem sind iranische Techniker geübt im so genannten „Reverse Engineering“. Dabei werden fertige Produkte auseinandergebaut und analysiert, um sie nachzubauen.

    Eine Annäherung an China ist in Aussicht

    Bisher ist der Handelsaustausch zwischen dem Iran und Russland mit einem Volumen von etwa vier Milliarden Dollar im Jahr sehr niedrig. Allerdings sei allein in den vergangenen Monaten der Handel um über 30 Prozent gestiegen, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow im Juli. Beide Länder wollen weg vom US-Dollar als Zahlungsmittel und auf die Landeswährungen Rubel und Rial setzen. Im September will der Iran seinen Beitritt zur „Schanghai-Organisation für Zusammenarbeit“ besiegeln, einer Gruppe asiatischer Staaten unter Führung von Russland und China.

    Die Bäume der neuen iranisch-russischen Freundschaft dürften allerdings nicht in den Himmel wachsen. Viele Iraner misstrauen den Russen, die unter den Zaren und der Sowjetunion mehrere Kriege gegen ihr Land führten. Außerdem verdient der Iran deutlich weniger Geld mit Öl, seit Russland sein eigenes Öl wegen der Sanktionen mit starken Preisnachlässen anbietet.

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