Mit der dramatischen Warnung vor einem Atomkrieg hat Bundeskanzler Olaf Scholz auf Kritik an seinem Umgang mit der Ukraine-Krise reagiert. "Ich tue alles, um eine Eskalation zu verhindern, die zu einem dritten Weltkrieg führt. Es darf keinen Atomkrieg geben", sagte der SPD-Politiker dem Spiegel. Doch in der Ampel-Koalition und erst recht in der Opposition wächst der Druck auf die Bundesregierung, schwere Waffen an das Land zu liefern, das sich seit fast zwei Monaten verzweifelt gegen den brutalen russischen Angriff verteidigt.
Ein geplanter Ringtausch, bei dem Slowenien alte Kampfpanzer an die Ukraine liefern und dafür modernere deutsche Panzer erhalten soll, besänftigt Scholz' Kritiker nicht. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte unserer Redaktion: "Die Ampelregierung laviert, verzögert und versteckt sich bei den Waffenlieferungen hinter anderen und irritiert damit zunehmend unsere Bündnispartner. Das muss endlich ein Ende haben."
Deutschland liefert moderne Panzer – an Slowenien
Scholz begründete die deutsche Weigerung, schwere Waffen in die Ukraine zu liefern, erneut mit der Sorge, Deutschland könne dann von Russland als Kriegspartei wahrgenommen werden. "Ich habe sehr früh gesagt, dass wir alles tun müssen, um eine direkte militärische Konfrontation zwischen der Nato und einer hochgerüsteten Supermacht wie Russland, einer Nuklearmacht, zu vermeiden", sagte er. Der Kanzler kündigte allerdings an, die Ukraine weiter bei der Verteidigung zu unterstützen. Weil die Bestände der Bundeswehr fast erschöpft seien, wolle die Regierung der Ukraine direkte Bestellungen bei der deutschen Rüstungsindustrie bezahlen.
Laut Scholz hat die Ukraine eine Liste mit lieferbaren Rüstungsgütern erhalten. Panzer, die das kriegsgeplagte Land seit Wochen immer eindringlicher fordert, stehen allerdings nicht darauf. Über Umwege will die Bundesregierung aber doch dabei helfen, dass Panzer in die Ukraine gelangen. Liefern soll sie Slowenien und dafür in den kommenden Jahren modernen Ersatz aus Deutschland erhalten. Die slowenische Armee verfügt über größere Stückzahlen einer jugoslawischen Variante des noch zu Sowjet-Zeiten entwickelten Kampfpanzers T72.
Diese sollen nun direkt in die Ukraine gebracht werden, deren Streitkräfte ähnliche Panzer bereits einsetzen. Der Bundesregierung zufolge müssten die Soldaten also nicht erst für einen neuen Panzertyp ausgebildet werden, was etwa der Fall wäre, wenn Deutschland seine eigenen Marder-Schützenpanzer liefern würde. Für die Union reicht der Ringtausch aber längst nicht aus angesichts der verstärkten russischen Offensive im Süden und Osten der Ukraine. Alexander Dobrindt fordert: "Deutschland kann und muss in dieser Phase deutlich mehr militärische Unterstützung für die Verteidigung der Ukraine leisten. Dazu gehören auch schwere Waffen, geschützte Fahrzeuge und Aufklärungstechnik mit Drohnen."
Der Ärger in der Ampel-Koalition über die Waffenlieferungen weitet sich aus
Von den Koalitionspartnern FDP und Grüne war Scholz zuletzt immer heftiger für seine Zögerlichkeit hinsichtlich der möglichen Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine kritisiert worden. Doch der Panzer-Ringtausch verschafft dem Bundeskanzler nun nicht einmal in der Ampel eine Verschnaufpause.
Der Grünen-Europapolitiker Toni Hofreiter etwa kritisierte das Vorhaben als unzureichend. Marcus Faber, der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sagte unserer Redaktion: "Alles, was der Ukraine bei ihrer Verteidigung ihres Heimatlandes hilft, ist jetzt der richtige Schritt." Mit Blick auf den Panzer-Ringtausch ergänzte er: "Auf welche Art und Weise die Ukraine nun Material erhält, ist zweitrangig. Hauptsache, es passiert schnell." Der Liberale mahnte zu größter Eile: "Die ukrainischen Verteidiger müssen sonst jede Verzögerung teuer bezahlen." Gleichzeitig wurde aber bekannt, dass die FDP auf ihrem Bundesparteitag an diesem Wochenende die Forderung nach der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine beschließen will.
Die Union will eine Abstimmung über die Waffenlierfungen im Bundestag
Auch die Opposition im Bundestag verschärft den Druck auf den Kanzler. In der kommenden Woche will die Union eine Abstimmung über die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine auf die Tagesordnung bringen und hofft dabei auch auf Stimmen aus dem Regierungslager. Alexander Dobrindt bestätigte gegenüber unserer Redaktion: "Wir bereiten als CDU/CSU-Fraktion einen Antrag vor, hinter dem sich eine Mehrheit des Bundestags versammeln kann, um einen Kurswechsel der Bundesregierung zu erreichen."