Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Krieg in der Ukraine: Russland stoppt Getreideabkommen: So lässt Putin arme Länder hungern

Krieg in der Ukraine

Russland stoppt Getreideabkommen: So lässt Putin arme Länder hungern

    • |
    Ein LKW entlädt Getreide in einem Getreidespeicher in einem ukrainischen Dorf.
    Ein LKW entlädt Getreide in einem Getreidespeicher in einem ukrainischen Dorf. Foto: Efrem Lukatsky/AP, dpa

    Treibt Wladimir Putin viele arme Länder in Afrika und Asien in eine neue Hungersnot? Nachdem die russische Regierung die Getreideexporte aus der Ukraine am Wochenende unterbunden hat, ist völlig unklar, wie diese Länder in den kommenden Monaten versorgt werden können und wie stark die Getreidepreise an den Warenmärkten jetzt steigen. Die Getreidelieferungen über die ukrainischen Schwarzmeerhäfen sichern Millionen von Menschen weltweit den Zugang zu Brot.

    Russland hatte am Samstag die Aussetzung eines entsprechenden Abkommens verkündet, das im Juli auf Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen geschlossen worden war, und dies mit ukrainischen Drohnenangriffen auf seine Schwarzmeerflotte auf der Halbinsel Krim begründet, die Moskau seit 2014 völkerrechtswidrig annektiert hat. Die Angriffe, so ein Kreml-Sprecher, machten es unmöglich, eine sichere Passage der Schiffe zu gewährleisten.

    Getreideabkommen ausgesetzt: Auch die Bundesregierung ist alarmiert

    Landwirtschaftsminister Cem Özdemir forderte die Regierung in Moskau auf, umgehend wieder Getreidelieferungen aus der Ukraine zu ermöglichen. Das Abkommen habe zur Entspannung der globalen Märkte beigetragen und Millionen Menschen satt gemacht, sagte der Grünen-Politiker. Es einseitig auszusetzen, sei angesichts von weltweit Millionen Hungernden unverantwortlich. „Besonders zynisch ist, dass Russland den geplatzten Deal nun damit begründet, dass sich die von ihr überfallene Ukraine wehrt.“ Außenministerin Annalena Baerbock (ebenfalls Grüne) betonte: „Ob Familien in Libanon, Niger oder Bangladesch ihre nächste Mahlzeit bezahlen können, darf nicht von den Kriegsplänen des russischen Präsidenten abhängen.“ Seit Inkrafttreten des Abkommens im Sommer seien die Getreidepreise auf dem Weltmarkt endlich wieder auf ein erträgliches Niveau gefallen, betonte sie.  

    Kremlchef Wladimir Putin beim Besuch eines militärischen Ausbildungszentrums in der Region Rjasan.
    Kremlchef Wladimir Putin beim Besuch eines militärischen Ausbildungszentrums in der Region Rjasan. Foto: Mikhail Klimentyev, Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

    Vor Kriegsbeginn hat die Ukraine etwa 45 Millionen Tonnen Getreide pro Jahr exportiert, vor allem Weizen und Mais – eine der wichtigsten Einnahmequellen des Landes, das gerne als Kornkammer Europas bezeichnet wird. Vor allem viele arme Staaten wie Somalia, der Jemen, Äthiopien, aber auch Afghanistan leben buchstäblich von diesen Lieferungen. Seit deren Wiederaufnahme im Sommer sind nach offiziellen Angaben fast 400 Schiffe mit mehr als acht Millionen Tonnen Getreide aus den Häfen des Landes ausgelaufen. Am Sonntag fuhr erstmals seit Wiederaufnahme der Transporte kein einziges Schiff mehr.

    Hat die Blockade schon im September begonnen?

    Die Ukraine hält die Behauptung, nach den jüngsten Drohnenangriffen könnten Getreideschiffe das Schwarze Meer nicht mehr sicher passieren, für einen Vorwand. Russland will ebenfalls Millionen Tonnen Getreide sowie Düngemittel auf dem Weltmarkt verkaufen, was wegen der Sanktionen des Westens inzwischen kaum noch möglich sei. Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Putin vor, alles dafür zu tun, damit Millionen Menschen in Afrika, im Nahen Osten und in Südasien von einer künstlich erzeugten Hungerkrise heimgesucht würden, und forderte den Ausschluss Russlands aus der Gruppe der 20 größten Industrie- und Schwellenländer, der G20. Schon im September habe Moskau begonnen, die Getreideschiffe zu blockieren. 176 Schiffe lägen bereits im Schwarzen Meer im Stau. „Das ist eine bewusste Blockade Russlands.“ Danach will der Kreml nicht zuletzt verhindern, dass die Ukraine die Getreide-Einnahmen für den Kauf neuer Waffen verwendet.

    Die UN, Ankara und Kiew einigten sich allerdings am Sonntag aber darauf, die Transporte auch ohne die Zusicherung freien Geleits durch Russland fortzusetzen. Die russischen Vertreter im gemeinsamen Koordinationszentrum in Istanbul seien darüber informiert worden. Schiffstracker zeigten am Montagmittag einen ganzen Konvoi von Frachtschiffen, die aus ukrainischen Häfen Richtung Bosporus unterwegs waren.

    Der Kreml nennt die ukrainischen Getreideexporte über das Schwarze Meer ohne russische Mitwirkung riskant. Wenn Russland sage, es könne die sichere Schifffahrt in diesem Seegebiet nicht garantieren, sei die internationale Vereinbarung über die Ausfuhren "nicht so leicht umzusetzen". Das sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau nach Angaben russischer Agenturen. Die Getreideinitiative nehme dann "einen anderen Charakter an, viel riskanter, gefährlicher und ohne Garantie." (mit dpa)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden