Kaum war die Entscheidung gefallen, dass Deutschland Schützenpanzer vom Typ Marder in die Ukraine schickt, wurden Forderungen nach größerem Gerät laut. Zwar steht noch gar nicht genau fest, wie viele Marder rollen können – Regierungssprecher Steffen Hebestreit nannte die Zahl von etwa 40 im ersten Quartal. Es ist auch nicht bekannt, ob sie aus der Bundeswehr abgezogen oder von Rüstungsschmieden geliefert werden.
Doch innerhalb der Ampel war einigen bereits klar, dass nun auch deutsche Kampfpanzer gegen den russischen Aggressor auffahren sollen. Vor dem Dreikönigstreffen der FDP meldete sich deren Nachwuchsorganisation Junge Liberale entsprechend zu Wort und während deren Stimme womöglich noch nicht ganz so viel Gewicht hat, wog die aus den Reihen der Grünen schwerer.
Deutschland liefert Marder-Panzer an Ukraine – Anton Hofreiter ist das nicht genug
Anton Hofreiter nutzte die Gelegenheit, um seine Haltung zu bekräftigen. Er wünsche sich, dass Deutschland „als Hauptherstellungsland von Leopard II“ eine europäische Initiative für die Lieferung des Kampfpanzers starte, „damit sie die besetzten Gebiete befreien können“, sagte der Grünen-Abgeordnete in der ARD. Die Ukraine müsse mit allem unterstützt werden, was sie auf dem Gefechtsfeld brauche. Deutschland werde damit nicht zur Kriegspartei, erklärte Hofreiter. „Je deutlicher wir die Ukraine unterstützen und je klarer wir Putin signalisieren, dass wir mit dieser Unterstützung nicht nachlassen, desto höher ist die Chance, dass dieser Krieg beendet wird.“
Deutschland stellt in Absprache mit den USA neben den Mardern eine Patriot-Flugabwehrbatterie für die Luftabwehr zur Verfügung, wie nach einem Telefonat zwischen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und US-Präsident Joe Biden verlautete. Die Ausbildung der ukrainischen Soldaten wird hierzulande erfolgen. Hofreiter ist Vorsitzender des Europaausschusses im Bundestag und bewegt sich in Sachen Waffenlieferungen auf einer Linie mit anderen Hardlinern, etwa der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck begrüßte die Marder-Lieferung am Rande seiner Norwegen-Reise ebenfalls ausdrücklich.
Krieg in der Ukraine: Wie wird sich Deutschland weiterhin verhalten?
Wie das Kabinett reagiert, bleibt abzuwarten. Regierungssprecher Hebestreit sprach zwar von einer „qualitativ neuen Art von Waffenlieferungen“, wollte aber keinen Automatismus sehen. Es gebe „keine Logik, dass man sagt: Es wird immer schlimmer, es eskaliert immer weiter, und am Ende, jetzt hätte ich fast gesagt, liefert man Flugzeugträger“. Was die Regierung hier tue, sei „völlig in Einklang mit dem, was wir von Anfang an mit Blick auf die Unterstützung der Ukraine in diesem Krieg gesagt haben“.
Drei Prinzipien sind Hebestreit zufolge weiterhin gültig: Es gehe erstens um die massive Unterstützung der Ukraine. Zweitens dürfe die Nato keine eigene Kriegspartei werden. Wichtig sei drittens eine Koordinierung ohne nationale Alleingänge. Der Regierungssprecher verwies gleichzeitig aber auch auf die „hochdynamische Situation“ des Kriegs- und Kampfgeschehens vor Ort. Es könne da immer wieder zu neuen gemeinsamen Bewertungen kommen. In diese Bewertung fließt auch die Frage ein, ob Deutschland seinen Pflichten in der Landes- und Bündnisverteidigung noch nachkommen kann.
Ringtausch mit Tschechien und Slowakei: Schon jetzt gibt Deutschland Leopard-Panzer ab
Mit etwa 1.500 PS und 60 Tonnen Gewicht ist der Leopard II rund 70 Stundenkilometer schnell und kann den Angaben zufolge selbst im Fahren vier Kilometer entfernte Ziele zerstören. Ein paar Dutzend dieser Maschinen gibt Deutschland im Rahmen des sogenannten Ringtausches an Länder wie Tschechien und die Slowakei ab. Die Tschechen etwa hatten früh entschieden, die Ukraine durch die Abgabe von schweren Waffen aus eigenen Beständen signifikant zu unterstützen.
Um keine Lücken in der Verteidigungsfähigkeit der Tschechischen Republik entstehen zu lassen, bezahlt Berlin die Anschaffung von Leopard-Panzern. Den Stückpreis und andere Details hat die Regierung als Geheimhaltungssache eingestuft. Die Bundeswehr selbst sitzt nicht auf riesigen Beständen des Stahlkolosses. Die Panzertruppe wurde in den vergangenen 25 Jahren erheblich geschrumpft.