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Krieg in der Ukraine: Schröder hält weiter zu Putin – Scholz inspiziert die angebliche Problem-Turbine

Krieg in der Ukraine

Schröder hält weiter zu Putin – Scholz inspiziert die angebliche Problem-Turbine

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    Geht in die Informationsoffensive: Olaf Scholz widerlegt Behauptungen, dass Siemens dafür verantwortlich sei, dass die Turbine derzeit nicht nach Russland geliefert wird.
    Geht in die Informationsoffensive: Olaf Scholz widerlegt Behauptungen, dass Siemens dafür verantwortlich sei, dass die Turbine derzeit nicht nach Russland geliefert wird. Foto: Bernd Thissen, dpa

    Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hatte gerade erst begonnen, als Altkanzler Gerhard Schröder im März zu seinem Freund Wladimir Putin nach Moskau reiste. Im Gedächtnis geblieben sind weniger die Ergebnisse des Treffens als ein Bild, dass seine Frau Soyeon Schröder-Kim mit gefalteten Händen vor einem Hotelfenster mit Blick auf den Kreml zeigt. Offensichtlich, um höheren Beistand für die Mission ihres Mannes zu erbeten. Schröder erklärte danach, dass er der Ansicht sei, dass Putin eine Verhandlungslösung anstrebe.

    Das hört sich nach der jüngsten Unterredung Schröders mit Putin ganz genauso an. Fünf Monate nach Kriegsbeginn verkündete der Ex-Kanzler in einem Interview mit dem Magazin Stern und dem Sender RTL/ntv: „Die gute Nachricht heißt: Der Kreml will eine Verhandlungslösung.“ Er halte diesen Krieg für einen „Fehler der russischen Regierung“, sagte Schröder dem Stern. Eine Formulierung, die angesichts tausender Tote und offensichtlicher russischer Kriegsverbrechen sehr zurückhaltend ausfällt. Doch sie passt in ein Muster: Der Altkanzler vermeidet alles, den russischen Präsidenten zu desavouieren, stets mit dem Hinweis, dass dies seine Optionen zu einer Lösung am Verhandlungstisch beizutragen, schmälern würde. Bleibt die Frage, wie realistisch diese Option überhaupt ist.

    Trotz Angriffskrieg und Kriegsverbrechen: Altkanzler Gerhard Schröder steht zur Freundschaft mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
    Trotz Angriffskrieg und Kriegsverbrechen: Altkanzler Gerhard Schröder steht zur Freundschaft mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Gerhard Schröder kann hoffen, mehr Gehör zu finden als noch im März

    Dass Schröder jetzt per Interview so ausführlich seine Sicht auf den Krieg schildert, dürfte Kalkül sein. Der 78-Jährige kann hoffen, aktuell mehr Gehör zu finden als noch im März. Schließlich wird in Deutschland viel mehr als noch im Frühjahr über die Sinnhaftigkeit der Sanktionen gegen Moskau debattiert – die Angst vor knapper oder extrem teurer Energie, ja einer Rezension wächst. Man erfährt von Schröder zwar nicht allzu viel über sein Gespräch im Kreml, aber umso mehr darüber, wie seiner Ansicht die Auswirkungen des Konflikts auf Deutschland und Europa vermindern könne. Und er malt die möglichen ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen in düsteren Farben. Zwar nicht zu Volksaufständen, aber einer „ganz neuen Dimension von Verteilungskämpfen dürfte es schon bei uns kommen“.

    Schröders Rezepte gegen eine solche Entwicklung sind einfach. Es droht Gasmangel in Herbst und Winter? Er schlägt vor, einfach Nord Stream 2 anzuschließen. Der langjährige Lobbyist für russische Staatskonzerne auf dem Energiesektor sagt jedoch nicht, dass Nord Stream 1 völlig ausreichen würde, um Deutschland ausreichend mit Gas zu versorgen.

    Nicht wahrhaben will der Altkanzler, dass Russland die Pipelines als politisch-wirtschaftliche Waffe nutzt. Dass Nord Stream 1 derzeit nur 20 Prozent der vertraglich vereinbarten Gasmenge liefert, sei die Schuld von Siemens. Der Konzern habe die Turbine aus der Wartung in Kanada nach Mülheim an der Ruhr gebracht. „Warum die dort ist und nicht in Russland, verstehe ich nicht.“

    Ebendiese nordrhein-westfälische Stadt besuchte der amtierende Kanzler Olaf Scholz, um die Turbine in Augenschein zu nehmen. „Sie kann geliefert werden, es muss nur jemand sagen, ich möcht’ sie haben, dann ist sie ganz schnell da“, sagte Scholz am Mittwoch auf dem Werksgelände von Siemens Energy, während hinter dem SPD-Politiker die gewaltigen Maschine aufragte. Man müsse sich angesichts des russischen Kriegs in der Ukraine aber bewusst sein, „dass es jederzeit irgendwelche vorgeschobenen, vorgebrachten Gründe geben kann, die dazu führen, dass irgendetwas nicht funktioniert“, fügte der Kanzler hinzu. Aus Moskau hieß es, dass dem russischen Eigentümer der Turbine noch immer Unterlagen fehlen würden . Zudem gebe es bei einer weiteren Turbine technische Probleme. Doch Techniker einer Siemens-Tochter hätten es „nicht eilig, sie zu reparieren“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Schröder scheint solche Erklärungen zu glauben: „Es gibt keine politische Ansage des Kremls, den Gasfluss zu drosseln.“

    An seiner Freundschaft mit Putin lässt Schröder keinen Zweifel

    Daran, dass er auch in Zukunft zu seiner Freundschaft mit dem Angriffskrieger Putin stehen werde, lässt Gerhard Schröder keinen Zweifel. Würde eine „persönliche Distanzierung von Wladimir Putin wirklich irgendjemandem etwas bringen?“, fragt der Altkanzler. „Vielleicht kann ich noch mal nützlich sein. Warum soll ich mich also entschuldigen?“ (mit dpa)

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