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Krieg in der Ukraine: Putins Mann in der Kirche: Heiliger Zweck – kriegerische Mittel

Krieg in der Ukraine

Putins Mann in der Kirche: Heiliger Zweck – kriegerische Mittel

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    Präsident Wladimir Putin mit Kyrill I.
    Präsident Wladimir Putin mit Kyrill I. Foto: Alexander Nemenov, dpa (Archivbild)

    Für Papst Franziskus gibt es kein Zaudern. „In Gottes Namen, ich bitte euch: Stoppt dieses Massaker“, sagt er beim öffentlichen Gebet. Die Waffen in der Ukraine müssten schweigen, bevor „Städte zu Friedhöfen werden“. Genau das, so möchte man meinen, muss ein christlicher Geistlicher sagen, wenn eine Armee in ein anderes Land einfällt und es mit Krieg überzieht. Oder? Der Moskauer Patriarch Kyrill I. sagt nichts dergleichen. Er fordert weder Frieden noch Versöhnung. Doch Kyrill unterlässt nicht nur das Mahnen. Vielmehr weist er den Verteidigern die Schuld zu. Die ukrainischen Soldaten seien „Kräfte des Bösen“. Die Wurzel allen Übels verortet der 75-Jährige im Westen. Er wirft der EU, der Nato und den USA vor, die „Weltführerschaft zu beanspruchen“. All das kennt man längst – von Wladimir Putin.

    Nach dem Ende des Kalten Krieges, argumentiert Kyrill, habe „der Nato-Block seine Macht Jahr für Jahr ausgebaut“. Ohne Rücksicht auf Moskauer Interessen und entgegen allen Versprechen. Diese Offensive gegen das Heilige Russland führe der Westen im Namen „sogenannter Werte“. Der Krieg in der Ukraine habe nur deshalb begonnen, weil die russlandtreuen Separatisten im Donbass „keine Schwulenparaden ertragen wollten“.

    Die Orthodoxen wurden in der Sowjetunion lange verfolgt

    Heiligt also der göttliche Zweck die tödlichen Mittel? Zu verstehen ist all das nur, wenn man sich die Lage der Orthodoxie nach dem Zerfall der UdSSR vor Augen führt. Über Jahrzehnte hinweg hatten die kommunistischen Herrscher die Christen als „Volksfeinde“ verfolgt. Massenhinrichtungen, Deportationen in den Gulag, Enteignung und Zerstörung von Kirchen kennzeichneten die frühen Jahre der Sowjetherrschaft. Zu einer Kehrtwende kommt es erst unter Michail Gorbatschow. In der tiefen Krise Russlands nach dem Ende des Kommunismus ist die orthodoxe Kirche für viele Menschen als Sinnstifterin gefragt. Was fehlt, ist Geld. Es kommt schließlich vom Staat – und von Spendern. Die wichtigsten Geber sind jene Oligarchen, die sich zu Beginn des Jahrtausends dem „System Putin“ unterwerfen. Unter Patriarch Kyrill arrangiert sich auch die Kirche mit dem neuen Machthaber. Der Kremlchef nutzt den Einfluss der Kirche gezielt für seine Zwecke.

    Dazu zählt nicht zuletzt das Ausgreifen in die Ukraine. Es kam dort auch zu einer Kirchenspaltung. Ein Teil der orthodoxen Geistlichkeit gründet ein eigenes Kiewer Patriarchat. Die Unabhängigkeit der Ukrainer ist deshalb Kyrill ebenso ein Dorn im Auge wie Putin.

    Alle Informationen zur Eskalation erfahren Sie jederzeit in unserem Live-Blog zum Krieg in der Ukraine.

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