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Krieg in der Ukraine: Merkel äußert sich erstmals: "Meine Solidarität gilt der Ukraine"

Krieg in der Ukraine

Merkel äußert sich erstmals: "Meine Solidarität gilt der Ukraine"

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    Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Verabschiedung des DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann.
    Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Verabschiedung des DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann. Foto: Basil Wegener, dpa

    Einmal, da gab es ein Foto von ihr. Leicht missmutig schaute sie, sie hatte wahrscheinlich die Kamera gesehen, die ihr neues Leben einfangen wollte. Im Italien-Urlaub war sie gerade unterwegs. Ein anderes Mal druckte die Bild-Zeitung ein Foto von ihr ab, weil sie eine angeblich überteuerte Wurst im Supermarkt kaufte. Wer 16 Jahre lang ein Land regiert hat, der muss damit rechnen, dass die Bürgerinnen und Bürger auch nach Ablauf des letzten Arbeitstages Interesse zeigen. Und so warteten nicht wenige Menschen darauf, dass sie sich endlich äußern würde: Was sagt Angela Merkel, Ex-Bundeskanzlerin, zum Krieg Russlands gegen die Ukraine? Wie ist ihr Blick auf Wladimir Putin, den Präsidenten, dem sie so oft die Hand geschüttelt hat wie nur wenige westliche Politikerinnen und Politiker?

    Mehr als ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl und über drei Monate nach Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine äußerte sich Merkel zum ersten Mal. Bei der Verabschiedung des DGB-Chefs Reiner Hoffmann hielt sie eine Rede. Es war eine Veranstaltung mit vielen Gästen, aber irgendwie doch ein geschlossener Raum, denn die Presse war eigentlich nicht zugelassen, es liefen keine Fernsehkameras – und damit war auch die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Doch ganz ohne den öffentlichen Blick geht auch so eine Veranstaltung nicht über die Bühne. Und so hört Deutschland ganz genau hin bei Merkels erster Rede. „Meine Solidarität gilt der von Russland angegriffenen, überfallenen Ukraine und der Unterstützung ihres Rechts auf Selbstverteidigung“, sagt sie. Der russische Angriff auf das Nachbarland sei eine Zäsur in der Geschichte Europas. Dass sie das feststellte, ist für Merkel keine Selbstverständlichkeit. Auch hier, betonte sie, dass sie keine Ratschläge von der Seitenlinie abgeben wolle. Doch auch ihr dürfte klar gewesen sein: Ein Auftritt ohne eine Einschätzung zum Krieg – das würde ihren Ruf massiv schädigen und der Rolle einer immerhin nach wie vor vom Steuerzahler finanzierten Ex-Kanzlerin nicht gerecht werden.

    Merkel mit Blick auf die Kriege in Jugoslawien: "Friedensordnung ist fragil"

    Merkel betonte, „dass ich alle Anstrengungen der Bundesregierung sowie der Europäischen Union, der Vereinigten Staaten von Amerika, unserer Partner in der G7, in der Nato und in der Uno unterstütze, dass diesem barbarischen Angriffskrieg Russlands Einhalt geboten wird“. Die Größe und Schwere dieser Herausforderung könne sie ganz gut erahnen – nicht umsonst galt Merkel lange Jahre als regelrechte Meisterin der Krisen-Bewältigung, eine politische Herausforderung reihte sich an die andere. „Schon die Kriege im ehemaligen Jugoslawien in den 90er Jahren haben uns vor Augen geführt, wie fragil unsere Friedensordnung ist“, sagte sie. Wie weitreichend die Folgen des Kriegs sein würden, könne seriös noch niemand einschätzen. „Doch dass sie weitreichend sind, das steht außer Frage – vorneweg für die Ukraine, für die Ukrainerinnen und Ukrainer, die so sehr unter den Angriffen Russlands leiden müssen.“ Viele seien verletzt und getötet worden. „Butscha steht stellvertretend für dieses Grauen“, sagte Merkel mit Blick auf den Ort westlich von Kiew, der zum Symbol für die russischen Kriegsverbrechen wurde.

    Merkel verwies auf die Millionen Menschen in der Ukraine, „die seit Beginn des Kriegs am 24. Februar Hals über Kopf vor Russlands Angriffen fliehen mussten“. Sie sagte: „In dieser unendlichen Traurigkeit ist es wenigstens ein kleiner, aber wie ich finde großartiger Lichtblick, mit welchem großen Herzen so viele Nachbarländer der Ukraine den vertriebenen und fliehenden Menschen Zuflucht geben.“ Beispielhaft nannte Merkel Polen und Moldawien.

    Angela Merkel verliert kein Wort über Wladimir Putin

    Nur auf einen ging Merkel nicht ein: auf Waldimir Putin, den Mann, mit dem sie eine ganz besondere Beziehung verband. Auf der einen Seite misstraute sie dem mächtigen Mann im Kreml, weil ihr Blick auf Russland immer ein besonderer war. Auf der anderen Seite verflocht sie die beiden Länder auf wirtschaftlicher Ebene auf das engste miteinander. Auch die eigene Politik erwähnte sie nicht. Dabei wurde ihr sogar aus der eigenen Partei vorgehalten, dass sie mitverantwortlich sei für das, was geschieht. Vor allem die massive Abhängigkeit von russischer Energie, die zum deutschen Wohlstand beigetragen hat, bringt die Politik in Berlin ins Dilemma: Wie weit lassen sich Sanktionen gegen den Kreml durchsetzen, ohne dabei der eigenen Bevölkerung ins Fleisch zu schneiden? Die Ex-Kanzlerin versuchte sich nicht einmal in einer Antwort.

    Womöglich wird ihr das bei ihrem nächsten Auftritt nicht mehr gelingen. Dann nämlich wird sie keine Rede halten, sondern sich Fragen stellen müssen. Am kommenden Dienstag ist ein Gespräch im Berliner Ensemble terminiert. Der Spiegel-Journalist Alexander Osang wird sie dort interviewen. Der Abend steht unter dem Titel „Was also ist mein Land?“. (mit dpa)

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