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Verhandlungen Ukraine - Russland: Wer kann vermitteln?

Krieg in der Ukraine

Israel, Türkei, China – welches Land kann als Vermittler Putin stoppen?

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    Der russische Präsident Wladimir Putin Anfang Februar mit dem chinesischen Staatschef in Peking. China wird als Vermittler im Ukraine-Krieg gehandelt.
    Der russische Präsident Wladimir Putin Anfang Februar mit dem chinesischen Staatschef in Peking. China wird als Vermittler im Ukraine-Krieg gehandelt. Foto: Alexei Druzhinin, dpa

    Emmanuel Macron lässt nicht locker. Der französische Präsident telefoniert immer wieder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin . Dabei lässt er sich auch von einer – so wird jedenfalls kolportiert – mitunter sehr frostigen Gesprächsatmosphäre nicht abhalten, dem Kreml Chef ins Gewissen zu reden. Frankreich ist aber längst nicht mehr allein: Jetzt versuchen auch Israel und die Türkei über ihre Kanäle auszuloten, wie eine weitere Eskalation im Ukraine-Krieg verhindert werden kann. Zuletzt deutete zudem Peking an, dass es als Vermittler bereitstünde.

    Der türkische Präsident vereinbarte mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin ein Dreier-Treffen der Außenminister von Russland, der Ukraine und der Türkei.
    Der türkische Präsident vereinbarte mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin ein Dreier-Treffen der Außenminister von Russland, der Ukraine und der Türkei. Foto: Ebrahim Norooz, AP/dpa

    Ankara konnte am Montag einen Erfolg verbuchen: Zum ersten Mal seit Beginn des Ukraine-Krieges sollen die Außenminister von Russland und der Ukraine zu einem persönlichen Gespräch zusammenkommen: Sergej Lawrow will sich am Donnerstag im türkischen Antalya mit dem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba und dem türkische Außenminister Mesut Cavusoglu zusammensetzen, wie die Regierungen von Russland und der Türkei am Montag ankündigten. Cavusoglu sagte, er hoffe auf einen „Wendepunkt“ für den Krieg in der Ukraine .

    Wichtigstes Ziel sei es, die Kämpfe so schnell wie möglich zu beenden, sagte Cavusoglu. Dutzende Telefonate und Textnachrichten waren nach seinen Worten nötig, um die Kriegsparteien an einen Tisch zu bekommen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Putin vereinbarten das Dreier-Treffen schließlich bei einem Telefonat am Sonntag, wie die russische Regierung bestätigte.

    Die Türkei und Israel haben enge Kontakte zu beiden Konfliktparteien

    Die Türkei und Israel haben enge Kontakte zu beiden Konfliktparteien und bieten sich als Vermittler an. Besonders im Syrien-Konflikt haben sie ein Vertrauensverhältnis mit Russland aufgebaut. Die Türkei hält mit russischem Einverständnis Teile von Nord-Syrien besetzt, um gegen die kurdische Miliz YPG vorgehen zu können. Ankara verurteilte zwar die Invasion in der Ukraine, blieb aber bei den Sanktionen abseits und beließ es mit Aufrufen zu einem Waffenstillstand. Allerdings entschied sich die türkische Regierung nach einigem Hin und Her, seine Hoheit über die Meerengen zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer (Dardanellen und Bosporus) zu nutzen, um die Durchfahrt für Kriegsschiffe der Konfliktparteien zu beschränken. So hatte Ankara vor mehr als einer Woche den Versuch Moskaus, weitere Kriegsschiffe durch die Meerengen ins Schwarze Meer zu bringen, abgewiesen. Die Durchfahrtsrechte sind im Vertrag von Montreux geregelt, den die Türkei umsetzt.

    Israel wiederum kann mit russischer Duldung iranische Militärstellungen in Syrien angreifen. Ministerpräsident Bennett war Fragen nach der Verantwortung für den Krieg in der Ukraine bisher ausgewichen. Dafür hatte es in Israel, aber auch international wachsende Kritik gegeben. Für Verhandlungen mit Moskau könnte die Zurückhaltung Bennetts jetzt jedoch ein Vorteil sein. Am Wochenende hatte der Regierungschef persönlich mit Putin in Moskau und telefonisch mit mit Selenskyj gesprochen. Über diese Treffen unterrichtete Bennett am späten Sonntagabend Bundeskanzler Olaf Scholz unter vier Augen in Berlin.

    Selenskyj schlägt russisch-ukrainische Verhandlungen auf israelischem Boden vor und begrüßt auch die Vermittlungsbemühungen der Türkei. Dagegen hatte Russland bisher nicht auf das türkische Angebot reagiert. Erdogan hatte Selenskyj im Februar in Kiew besucht und einen baldigen Besuch von Putin in der Türkei angekündigt.

    Bereits seit Beginn des russischen Angriffskrieges richtet sich der Blick auch auf China, wenn es um eine effektive Vermittlung geht. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sieht sogar „keine Alternative“ zu einem Engagement Pekings - schließlich würden die USA und Europa dafür nicht infrage kommen, sagte Borrell. Tatsächlich gibt es nun erste vorsichtige Signale, dass China dazu bereit wäre. Peking stehe für eine „notwendige Vermittlung“ zur Verfügung, sagte der chinesische Außenminister Wang Yi Journalisten, der im selben Atemzug die Freundschaft seines Landes mit Russland beschwor.

    Freunde hat Moskau seit dem Krieg in der Ukraine nicht mehr viele

    Freunde hat Moskau nicht mehr viele. Sollte es zu einer über Jahre andauernden politischen und wirtschaftlichen Konfrontation mit dem Westen kommen, dann ist die Beziehung zu Peking für Putin von überragender Bedeutung – gleichzeitig dürfte die Abhängigkeit von dem ökonomisch haushoch überlegenden Nachbarland im Süden weiter wachsen. Chinas Wort wird der Kreml also nicht so einfach ignorieren können - keine schlechten Voraussetzungen für eine Vermittlung.

    Der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett trägt einen Jungen auf dem Arm, der aus der ukrainischen Stadt Schytomyr nach Israel ausgeflogen worden ist.
    Der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett trägt einen Jungen auf dem Arm, der aus der ukrainischen Stadt Schytomyr nach Israel ausgeflogen worden ist. Foto: Maya Alleruzzo, AP/dpa

    Und Deutschland? Ist zumindest vorerst als Vermittler aus dem Spiel. Das Land, das für seine vielfältigen Gesprächskanäle und seine wirtschaftliche Vernetzung zu Russland von einigen westlichen Partnern während der wachsenden Spannungen mit Moskau mit Misstrauen beobachtet wurde, dürfte auf Putin nur noch wenig Einfluss haben. In Moskau hatte man natürlich ganz genau registriert, dass Kanzler Scholz das Energieprojekt Nordstream 2 nach anfänglichem Zögern mit deutlichen Worten gegen den Krieg auf Eis legte, und – entgegen vielfacher Beteuerungen – dann doch für Waffenlieferungen an die Ukraine votierte.

    Jetzt versuchen Israel, die Türkei und vielleicht auch China, eine Ausweitung des Krieges zu verhindern. Wie empfänglich und erreichbar Putin noch für diplomatische Initiativen ist, wissen allerdings wohl auch Bennett, Erdogan oder der chinesische Präsident Xi Jinping nicht.

    Alle Informationen zur Eskalation erfahren Sie jederzeit in unserem Live-Blog zum Krieg in der Ukraine.

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