Die Bilder gleichen sich: Aufnahmen der verwüsteten syrischen Stadt Aleppo oder der dem Erdboden gleich gemachten tschetschenischen Hauptstadt Grosny sind Symbole einer brutalen Kriegsmaschinerie, die keine Rücksicht auf Zivilisten nimmt. Im Moskauer Angriffskrieg ist die Hafenstadt Mariupol zum Symbol totaler Zerstörung durch russische Bomben und Raketen geworden. Waffen, so viel ist klar, beenden und zerstören Leben. Welche Waffen die Streitkräfte von Präsident Wladimir Putin einsetzen und welche Taktik die Militärs verfolgen, ist umstritten.
Als sicher kann gelten, dass die russischen Truppen im Grundsatz mit derselben Prämisse wie im Syrien-Krieg in die Ukraine einmarschiert sind: Den Gegner auf Abstand halten und mit überlegener Feuerkraft schnell außer Gefecht zu setzen. Allerdings konnte der Kreml in Syrien den Truppen von Diktator Baschar al-Assad die „Drecksarbeit“ am Boden überlassen – dabei starben viele tausende syrische Soldaten. In der Ukraine griff Russland massiv mit Bodentruppen an. Offensichtlich in der Hoffnung, dass der gefürchteten russischen Armee kaum Widerstand entgegengebracht werden würde. Ein Trugschluss.
Massive Luftschläge sollen die Rückschläge ausgleichen
Jetzt scheint es so, als wolle Moskau die Niederlagen am Boden mit massiveren Luftschlägen und Artillerieangriffen ausgleichen. Das Arsenal, das zur Verfügung steht, ist furchterregend: Kampfjets wie der Jagdbomber Su-34, Hubschrauber, Drohnen sowie die „Kalibre“-Marschflugkörper. Ebenfalls eingesetzt werden „Iskander“-Raketen, deren Sprengkraft ist derart groß, dass ihr Einsatz in Städten zwangsläufig Zivilisten zum Opfern fallen. Die ukrainische Regierung wirft Russland vor, mit diesen Waffen ohne Rücksicht auf Verluste Wohngebäude, Krankenhäuser oder gar Schulen beschossen zu haben.
Erhebliches Vernichtungspotenzial haben auch russische Raketenwerfer der Typen „Smerch“, „Uragan“ und „Grad“. Sie wurden noch zu Sowjetzeiten entwickelt. Gegen Ballungsgebiete eingesetzt, fordern sie unweigerlich einen hohen Blutzoll. Gleiches gilt für die Palette von Artilleriesystemen. Luftbilder von Mariupol, Charkiw oder anderen ukrainischen Städten lassen die Beteuerungen der russischen Armee, es würden nur militärische Ziele angegriffen, völlig absurd erscheinen.
Die Hinweise mehren sich, dass Russland geächtete Waffen einsetzt
Inzwischen mehren sich Hinweise darauf, dass Russland auch Waffen einsetzt, die als besonders gefährlich für Zivilisten gelten und zum Teil international geächtet sind. Kiew bezichtigt Moskau, Phosphorbomben gegen Städte einzusetzen – Waffen, die seit 1977 nach den Zusatzprotokollen des Genfer Abkommens verboten sind, wenn dabei zivile Ziele nicht ausgeschlossen werden können. Brennender Phosphor erreicht Temperaturen von bis zu 1300 Grad und kann nicht mit Wasser gelöscht werden. Dadurch werden tödliche Verbrennungen, Schocks, Vergiftungen, Infektionen oder Lungenschäden ausgelöst.
Ebenso gefürchtet sind Vakuumbomben, auch Aerosolbomben genannt. Durch die Explosion der ersten Kammer werden Brennstoffpartikel freigesetzt, die durch eine zweite Detonation in der Luft entzündet werden. Frank Sauer von der Universität der Bundeswehr in München sagte der Deutschen Welle: „Ich halte es anhand der Bilder aus der Ukraine für gut möglich, dass dort Aerosolbomben eingesetzt werden. Allerdings kann man es anhand des Videomaterials auch nicht ganz sicher bestätigen.“
Als bewiesen sieht die ukrainische Regierung auch an, dass russische Truppen Streubomben nutzen. Sie gelten als besonders tückisch, da sie zig Sprengladungen über ein größeres Areal verteilen. Nicht alle Ladungen explodieren. Sprengsätze, die nicht zünden, stellen – ähnlich wie Landminen – über lange Zeit eine große Gefahr dar. Aus diesem Grund fallen Streubomben unter das Landminenverbot der UN, das allerdings weder von Moskau noch von Washington gezeichnet werden.
Russland selber hat den Einsatz der Hyperschallwaffe gemeldet
Das russische Verteidigungsministerium hat zudem den Einsatz der Hyperschallwaffe „Kinschal“ (Dolch) gemeldet. Ihre hohe Geschwindigkeit, gepaart mit Lenkfähigkeit, macht sie für Abwehrsysteme nahezu unsichtbar. Die fünffache Schallgeschwindigkeit hat aber auch zur Folge, dass schon geringe Abweichungen mit der Steuerung eine erhebliche Verfehlung des Zielbereichs bedeuten können.
Was Hightech-Waffen betrifft, kann das ukrainische Militär nicht annähernd mithalten. Allerdings können die Streitkräfte nicht nur ihre große Motivation, sich gegen den Überfall zu behaupten, in die Waagschale legen. Denn sie verfügen ebenfalls über Teile des Arsenals aus sowjetischen Rüstungsschmieden, die der Angreifer einsetzt – darunter Raketenwerfer und Haubitzen. Moderne Präzisionswaffen oder Marschflugkörper stehen den Streitkräften von Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht zur Verfügung. Erstaunlich erscheint, dass es Russland nicht gelungen ist, die ukrainische Luftwaffe komplett auszuschalten. Offensichtlich verfügt Kiew noch immer über Erdkampfflugzeug Su-25, die von Behelfsstartbahnen starten und immer wieder Nadelstiche setzen.
Extrem wichtig für die militärische Schlagkraft der Ukrainer sind Waffenlieferungen. Als besonders effektiv gelten einfach zu bedienende, mobil einsetzbare Waffen gegen gepanzerte Fahrzeuge oder Kampfjets in geringer bis mittlerer Höhe sowie Helikopter. Die Ukraine hat von westlichen Staaten tausende von schultergestützten Abwehrsystemen erhalten.
Rüstungsgüter kommen von den USA, den Briten, Frankreich, Norwegen, Polen, den Balten und vielen weiteren Nato-Ländern. Nach langem Zögern liefert auch Deutschland Waffen. Exakte Zahlen zum Umfang der Unterstützung will Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) nicht nennen. Die Gefahr, dass Transporte ausgespäht und beschossen würden, sei zu groß. Doch einiges ist bekannt.
Der Spiegel zitierte aus einer Liste, auf der Lieferungen bis zum 7. März aufgeführt sind. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden danach 1000 Abwehrwaffen des Typs „Panzerfaust 3“ und 500 „Stinger“-Raketen sowie 14 gepanzerte Geländewagen geliefert. Das war aber nur der Anfang. Nach ZDF-Informationen gehen 2000 weitere Panzerfäuste, 100 zusätzliche Stinger sowie neun Artilleriegeschütze in die Ukraine. Geplant sei zudem, 2700 Flugabwehrwaffen „Strela“ zur Verfügung zu stellen – eine sowjetische Entwicklung aus den 70er Jahren.
Rüstungsgüter im Wert von rund 300 Millionen Euro
Doch die Bundesregierung hat eine Ausweiterung der Lieferungen an Kiew im Blick. Bei ihrem Besuch in Washington erklärte Lambrecht Mitte dieser Woche, dass Deutschland „der zweitgrößte Waffenlieferant“ der Ukraine sei. Das nährt den Verdacht, dass die militärische Hilfe größer ist, als offiziell bekannt. Die Süddeutsche Zeitung hat Details auf einer aktuellen Auflistung veröffentlicht, die Rüstungsgüter im Wert von rund 300 Millionen Euro umfasst.
Dabei geht es um Waffen, die nicht aus den Beständen der Bundeswehr kommen, sondern von der deutschen Rüstungsindustrie relativ schnell bereitgestellt werden können. Wenn der geheim tagende Bundessicherheitsrat zustimmt, können weitere Panzerfäuste, Aufklärungsdrohnen, Nachtsichtgeräte, Schutzwesten und Helme zur Verfügung gestellt werden. Am Freitag berichtet die Welt, dass auch 58 Schützenpanzer vom Typ „PbV-501“ aus DDR-Beständen geliefert werden.
Die Unterstützung westlicher Länder, die Kiew beharrlich als zu gering kritisiert, dürfte immerhin dazu führen, dass Russland weiterhin mit schweren Verlusten rechnen muss. Britische und US-Geheimdienste zweifeln, dass schlecht motivierte und taktisch miserabel eingestellte russische Streitkräfte ihre Kriegsziele erreichen können. Die Frage ist, ob Russland auf die militärischen Rückschläge mit noch massiveren Terrorangriffen auf Städte wie .