Wochenlang wurde disktuiert. Jetzt hat die Bundesregierung eine Entscheidung getroffen: Deutschland will die Ukraine mit Leopard-2-Kampfpanzern unterstützen. Die Ankündigung erregt weltweit Aufmerksamkeit. Zumal Bundeskanzler Olaf Scholz zuvor in der Kritik stand. Die Reaktionen auf die Entscheidung vom Dienstagabend bewegen sich nun zwischen Lob, Zurückhaltung und der Forderung nach weitergehenden Lieferungen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gab sich dankbar, aber betont zurückhaltend. Und mahnte die Unterstützer: „Es geht nicht um fünf oder zehn oder fünfzehn Panzer. Der Bedarf ist größer.“ Die Verbündeten der Ukraine verfügten über die erforderliche Anzahl von Panzern, sagte Selenskyj weiter. "Wenn wir das nötige Gewicht an Entscheidungen haben, werden wir Ihnen gern für jede einzelne wichtige Entscheidung danken. Daran arbeiten wir noch."
Lob für die Panzerlieferungen Deutschlands kommt von Andrij Melnyk
Der ehemalige ukrainische Botschafter Andrij Melnyk lobte den Bundeskanzler für dessen Allianz mit den USA, die sich ihrerseits bereit erklärt hatten, Kampfpanzer vom Typ Abrams zu liefern. „Ein Panzer-Doppelwumms vom Bundeskanzler. Danke“, schrieb Melnyk auf Twitter. Er forderte aber auch weitergehende Lieferungen. „Halleluja! Jesus Christus! Und jetzt, liebe Alliierten, lasst uns eine mächtige Kampfjet-Koalition für die Ukraine schmieden, mit F-16 und F-35, Eurofightern und Tornados, Rafale und Gripen-Jets – und allem, was Ihr der Ukraine liefern könnt.“
Auch in Deutschland geben sich die Kritikerinnen und Kritiker des Bundeskanzlers erleichtert. Prominenteste Stimme: Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. „Die Entscheidung für die Freigabe und Lieferung des Leopard 2 war zäh, aber unausweichlich. Sie ist eine erlösende Nachricht für die geschundene und tapfere Ukraine“, schrieb sie auf Twitter.
Die Opposition dagegen gibt sich weiter kritisch. Unionsfraktionschef Friedrich Merz begrüßte die Entscheidung zwar, warf der Bundesregierung aber vor, zu langsam gehandelt zu haben. „So bleibt das Bild eines Getriebenen, der zu lange gezögert hat“, sagte Merz der dpa. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter. Der Grünen-Politiker war in der Vergangenheit als Kritiker von Olaf Scholz aufgefallen. Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Natürlich wäre es besser gewesen, die Entscheidung schneller zu treffen, insbesondere für das Ansehen Deutschlands in Europa. Aber besser spät als gar nicht.“
Deutschland liefert Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine: Mahnende Worte auch aus der Bundeswehr
Der Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hat die Entscheidung als gefährlich kritisiert. „Die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern, womit ein weiteres Tabu fällt, führt uns potenziell näher an den Dritten Weltkrieg als Richtung Frieden in Europa“, sagte Bartsch am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Die Entscheidung, Deutschland weiter zur Kriegspartei zu machen, hat in der Bevölkerung keine Mehrheit.“
Mahnende Wort kamen auch aus der Bundeswehr. Die Einsatzbereitschaft der Truppe werde durch die erwartete Lieferung von Leopard-Kampfpanzern geschwächt, sagte der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, André Wüstner. Die Lieferung sei „gut für die Ukraine einerseits, schlecht für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr andererseits“, sagte Wüstner am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". Man dürfe nicht glauben, dass der Ukraine-Krieg in zwei, drei Monaten vorbei sei – und es werde nicht bei den bereits von Deutschland gelieferten und zugesagten Panzern bleiben.
So reagieren internationale Medien auf die Zusage von Kampfpanzerlieferungen an die Ukraine
Die Entscheidung wurde auch in internationalen Medien breit diskutiert. Der Standard aus Österreich lobt Olaf Scholz. „Die Behutsamkeit und Ruhe, die Scholz an den Tag legt, hat jenseits der Emotionen zu Krieg und Leid auch ihr Gutes. Er stärkt die westliche Allianz nachhaltig.“ Lob kommt auch von der britischen Financial Times: „Dies ist ein willkommener Durchbruch. Die Ukraine führt einen Krieg, um nicht nur ihr eigenes Land zu verteidigen, sondern auch die Demokratie und Sicherheit in ganz Europa. Wenn sie den Konflikt zu ihren Bedingungen beenden will, muss sie – bei allem Respekt vor den Risiken – mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet werden.“
Kritischer ist der Blick der polnischen Zeitung Rzeczpospolita: „Der Streit mit Deutschland über die Lieferung von Panzern an die ukrainische Armee hat die Ineffizienz der Nato deutlich gemacht.“ Und weiter: „Die einzelnen europäischen Länder entscheiden selbst, womit sie die Ukraine unterstützen wollen, ohne dass die Nato daran beteiligt ist. Und das alles nur, weil die wichtigsten Nato-Mitglieder – Deutschland und Frankreich – von Anfang an Abstand davon gehalten haben, der Ukraine zu helfen.“ (mit dpa)