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Krieg in der Ukraine: Friedrich Merz entschuldigt sich für den Vorwurf „Sozialtourismus“

Krieg in der Ukraine

Friedrich Merz entschuldigt sich für den Vorwurf „Sozialtourismus“

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    Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat sich korrigiert und dafür entschuldigt im Zusammenhang mit ukrainischen Flüchtlingen von "Sozialtourismus" gesprochen zu haben.
    Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat sich korrigiert und dafür entschuldigt im Zusammenhang mit ukrainischen Flüchtlingen von "Sozialtourismus" gesprochen zu haben. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Gerne wüsste man, ob Friedrich Merz die zweifelhafte Karriere des Wortes „Sozialtourismus“ präsent war, als der Fraktionsvorsitzende der Union den Begriff am Montagabend während eines Interviews mit Bild TV verwendete. Er tat dies mit Blick auf die Menschen, die seit dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine nach Deutschland geflohen sind. „Sozialtourismus“ bezeichnet laut Duden-Definition die „Gesamtheit der Ortswechsel, die die Betreffenden nur vornehmen, um sich in den Genuss bestimmter Sozialleistungen zu bringen“.

    Als dieses Wort Anfang 2014 als Unwort des Jahres 2013 präsentiert wurde, kritisierte die sprachkritische Darmstädter Jury, dass dieses Wort Menschen pauschal diskriminiere, die in ihrer Not Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen würden. Merz hatte bei Bild folgendes Verhalten beschrieben: „Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge: nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine.“ Worauf Merz anspielte, ist der Umstand, dass Ukraine-Flüchtlinge zu Beginn des Krieges lediglich Anspruch auf eine Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz hatten. Seit Juni erhalten sie Grundsicherung, also die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger. Das ist eine finanzielle Verbesserung.

    Am Dienstag baute sich eine Welle der Kritik an Friedrich Merz auf

    Am Dienstag baute sich eine Welle der Kritik an den Äußerungen des Sauerländers auf. Dass auch aus den Reihen der Union Bemerkungen zu vernehmen waren, die Ausdruck einer Distanzierung in diesem Punkt waren, dürfte bei Merz mehr Eindruck hinterlassen haben als die heftige Kritik aus den Reihen der Ampelkoalition. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sprach von einer „sicherlich sehr zugespitzte Formulierung“ des Fraktionschefs. Frei räumte ein, „dass man den Begriff falsch verstehen“ könne – zumal auch ihm keine entsprechenden Zahlen vorlägen, um die Lage zu bewerten. Tatsächlich scheint es solche statistisch belastbaren Daten für einen systematischen Missbrauch des Sozialsystems durch Flüchtlinge aus der Ukraine nicht zu geben.

    Frauen und Kinder dominieren unter den Flüchtlingen, die aus der Ukraine nach Deutschland kommen. Tausende Kinder aus der Ukraine gehen derzeit in Deutschland zur Schule.
    Frauen und Kinder dominieren unter den Flüchtlingen, die aus der Ukraine nach Deutschland kommen. Tausende Kinder aus der Ukraine gehen derzeit in Deutschland zur Schule. Foto: Robert Michael, dpa

    Weit härter ging die SPD mit Merz ins Gericht. „Er will bewusst einen politischen Kulturkampf vom Zaun brechen und mit immer neuen Grenzverschiebungen den Diskurs nach rechts verschieben“, kritisierte die parlamentarische Geschäftsführerin Katja Mast am Dienstag. „Das kennen wir bislang nur von der AfD.“ Mast unterstellt Merz also, dass er genau weiß, was er sagt – sprich, ganz bewusst die populistische Karte spielt.

    FDP Fraktionschef Christian Dürr sprach von "absolut deplatzierten" Aussagen

    Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr sprach von „absolut deplatzierten“ Aussagen: „Die Menschen aus der Ukraine kommen zu uns, weil sie vor Putins brutalem Krieg fliehen. Viele von ihnen haben alles verloren und bangen um ihre Angehörigen.“ Dürr warf Merz vor, mit „solchen Narrativen die gesellschaftliche Unterstützung für die Ukraine“ zu gefährden.

    Merz entschuldigte sich am Dienstagmittag schließlich: „Wenn meine Wortwahl als verletzend empfunden wird, dann bitte ich dafür in aller Form um Entschuldigung“, twitterte er und ergänzte: „Ich bedaure die Verwendung des Wortes ,Sozialtourismus‘. Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems.“ In einem späteren Statement für die Fraktion erklärte Merz, dass er mit großer Sorge die insgesamt zunehmenden Flüchtlingszahlen verfolge. Ihm sei es aber fern gelegen, die Flüchtlinge aus der Ukraine, die mit „einem harten Schicksal konfrontiert“ sind, zu kritisieren. Für CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ist die Sache damit abgehakt: „Er hat es korrigiert, und damit ist es auch erledigt.“ Es könne schließlich „auch mal ein Satz danebengehen“. (mit dpa)

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