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Krieg in der Ukraine: Beim Ringtausch hakt es: Regierung für zögerliche Waffenlieferungen in Kritik

Krieg in der Ukraine

Beim Ringtausch hakt es: Regierung für zögerliche Waffenlieferungen in Kritik

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    Ein Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard auf dem Truppenübungsplatz in Munster in Niedersachsen.
    Ein Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard auf dem Truppenübungsplatz in Munster in Niedersachsen. Foto: Maurizio Gambarini, dpa

    Die Vorwürfe gegen die Bundesregierung, sie unterstütze die Ukraine im Kampf gegen die russischen Angreifer nicht engagiert genug, werden immer lauter. So sagte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen unserer Redaktion: „Vor genau fünf Monaten hat Bundeskanzler Scholz die Zeitenwende ausgerufen – eine Politik, geschweige denn Strategie dazu fehlt leider bis heute.“ Zwischen Reden und Handeln klaffe bei der Bundesregierung „eine riesige Lücke“, so Röttgen weiter. Die zur Verteidigung nötigen Waffen genehmige die Regierung nur unter Druck „und darum immer spät und zu wenig“.

    Von 2014 bis 2021 war Norbert Röttgen Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses.
    Von 2014 bis 2021 war Norbert Röttgen Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Foto: Michael Kappeler, dpa

    CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen: „Ringtausche sind ein Desaster“

    Zuletzt war auch aus Ländern wie Polen und Tschechien heftige Kritik an Berlin laut geworden. Tenor: Das von Deutschland angestoßene Modell, ass vor allem osteuropäische Streitkräfte Rüstungsgüter sowjetischer Bauart an die Ukraine liefern und dafür Ersatz aus der Bundesrepublik bekommen d, funktioniere nicht. Polen etwa hat der Ukraine bereits 200 Panzer sowjetischer Bauart gegeben. Deutschland will Warschau dafür 20 Panzer des Typs Leopard 2A4, eine ältere Version, überlassen. Geliefert wurde aber noch kein einziger. Erst in rund einem Jahr sollen sie einsatzbereit sein, außerdem sagt die polnische Regierung, sie bräuchte mindestens 44 Leopard-Panzer. Der Frust in

    CDU-Mann Röttgen kann das nur allzu gut verstehen: „Die sogenannten Ringtausche sind ein einziges Desaster. Als Folge ist in Osteuropa tiefe Enttäuschung über Deutschland entstanden.“ Er befürchtet: „Man wird das in Warschau, Vilnius und anderen Hauptstädten lange nicht vergessen.“ Deutschland habe das Potenzial, in diesem Krieg Ost und West in Europa zusammenzubringen, sagt Röttgen, doch die Bundesregierung habe das Gegenteil bewirkt: „Ein historisches Versagen.“

    Idee hinter dem Ringtausch ist unter anderem, dass die ukrainischen Soldaten bereits erfahren sind im Umgang mit Panzern und Kanonen, die noch während Sowjetzeiten entwickelt wurden, während sie an westlichen Waffensystemen erst ausgebildet werden müssten. Bei der Lieferung schwerer Waffen aus eigenen Beständen verfolgt Deutschland einen zurückhaltenden Kurs. Angekommen in der Ukraine sind bisher zehn Panzerhaubitzen vom Typ 2000 und die ersten drei von 15 zugesagten Gepard-Flugabwehrpanzern. Weitere Luftabwehr- und Raketenwerfersysteme sind zugesagt, wurden aber noch nicht verschickt. Am Dienstag hat Deutschland der Ukraine laut Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) auch die zugesagten Mehrfachraketenwerfer vom Typ Mars II geliefert.

    FDP zu Waffenlieferungen: „Zeitenwende jetzt fortsetzen“

    Die Zögerlichkeit, der Ukraine mit eigenen schweren Waffen zu helfen, wird von der Bundesregierung auch mit der Sorge begründet, dass dadurch das Risiko steige, dass Deutschland selbst in den Konflikt hineingezogen wird. Ebenso heißt es, die Bundeswehr könne keine weiteren Waffensysteme entbehren. Angesichts jüngster russischer Aussagen, die darauf hinweisen, dass Ziel des russischen Angriffs die Unterwerfung der gesamten Ukraine ist, häufen sich aber auch innerhalb der regierenden Ampel-Koalition die Stimmen, mehr zur ukrainischen Verteidigung beizutragen.

    Der SPD-Politiker Michael Roth forderte eine entschlossene Fortsetzung der Lieferung westlicher Waffen, auch um „besetztes ukrainisches Staatsgebiet von russischer Terrorherrschaft zu befreien“. Und der FDP-Verteidigungsexperte Marcus Faber sagte unserer Redaktion: „Unsere Panzerhaubitzen und die HIMARS der USA setzen den Invasionstruppen zu. Diese Zeitenwende von Olaf Scholz müssen wir fortsetzen.“ Faber warnte vor einer Abstumpfung in Deutschland mit fortschreitender Kriegsdauer: „Die frustrierenden täglichen Bilder von Putins Vernichtungskrieg dürfen uns nicht apathisch werden lassen. Unser Handeln hilft, Nichthandeln wäre unterlassene Hilfeleistung.“

    Sondersitzung des Verteidigungsausschusses im August geplant

    Faber war im Mai als verteidigungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion zurückgetreten, nachdem er eine Sondersitzung des Verteidigungsausschusses, bei der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gesprochen hatte, vorzeitig verlassen hatte. Faber kritisierte zunächst, Scholz habe zur Ukraine „viele Antworten nicht gegeben“, ruderte dann aber zurück.

    Für den 3. August ist eine weitere, nicht öffentliche Sondersitzung des Verteidigungsausschusses geplant, für die die Mitglieder ihren Urlaub unterbrechen müssen. Zweiter von drei Tagesordnungspunkten ist der Bericht der Bundesregierung „zur aktuellen Lage in der Lage und zum Stand der Abgabe sensitiven militärischen Materials“.

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