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Krieg im Nahen Osten: Die Nahost-Diplomatie stößt an ihre Grenzen

Krieg im Nahen Osten

Die Nahost-Diplomatie stößt an ihre Grenzen

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    Nach einem israelischen Luftangriff im südlichen Gazastreifen steigt dichter Rauch über Gebäuden in Rafah auf.
    Nach einem israelischen Luftangriff im südlichen Gazastreifen steigt dichter Rauch über Gebäuden in Rafah auf. Foto: Abed Rahim Khatib, dpa

    Die Zeichen stehen auf Eskalation: Während Israels Bodentruppen ihre Kämpfe gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen ausweiten, befeuern die von Israels Erzfeind Iran unterstützten Huthi-Rebellen den Nahost-Konflikt durch erneute Attacken auf Handelsschiffe. "Diese Angriffe stellen eine direkte Bedrohung für den internationalen Handel und die Sicherheit im Seeverkehr dar", so das US-Militär. "Wir haben auch allen Grund zur Annahme, dass diese Angriffe zwar von den Huthis im Jemen verübt, aber in vollem Umfang von Iran unterstützt werden."

    Das Emirat Katar will sich bei seinen Vermittlungsbemühungen im Gaza-Krieg dennoch nicht entmutigen lassen und arbeitet an einer neuen Feuerpause. Kurzfristiges Ziel sei eine zweite Waffenruhe, danach strebe er einen dauerhaften Waffenstillstand an, sagte der Ministerpräsident des Golf-Staates, Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani, dem katarischen Sender Al Jazeera. Die Erfolgschancen sind allerdings gering. Israel rief seine Verhandlungsdelegation aus Katar zurück. Katar hatte sich mit der Feuerpause zwischen dem 24. November und dem 1. Dezember international profilieren können – doch jetzt stößt das Emirat an die Grenze seines Einflusses auf Israel und die Hamas.

    Hamas hat weiter Frauen und Kinder in ihrer Gewalt

    Israel wirft der Hamas vor, anders als vereinbart, nicht alle Frauen und Kinder unter ihren Geiseln freigelassen zu haben. Nach israelischen Angaben hat die Terrorgruppe nach den Freilassungen während der Feuerpause noch 136 Geiseln in ihrer Gewalt, darunter 20 Frauen und zwei Kinder. Der Hamas-Funktionär Saleh al-Arouri wies dies zurück und sagte, alle verbliebenen Geiseln in der Hand seiner Miliz seien israelische Soldaten oder Reservisten. Nur wenn Israel die Angriffe in Gaza einstelle und alle palästinensischen Häftlinge entlasse, könnten die israelischen Geiseln freikommen.

    Wäre es nur um die Frage gegangen, welche Geiseln noch in Verstecken der Hamas sind, hätte Katar die Waffenruhe mithilfe hochkarätiger Unterhändler vielleicht retten können. Doch es ging um mehr: Israel und die Hamas betrachten den Krieg vorerst als bestes Mittel, um ihre gegensätzlichen Ziele zu erreichen.

    Auch arabische Länder sehen die Hamas als Gefahr

    Eine neue Waffenruhe in nächster Zeit sei deshalb unwahrscheinlich, sagt Oytun Orhan von der türkischen Denkfabrik Orsam. Israel wolle die Hamas vernichten und die Hamas-Verwaltung in Gaza durch eine neue ersetzen, sagte der Nahost-Experte unserer Redaktion. Wenn es einen dauerhaften Waffenstillstand gebe, bevor diese Ziele erreicht worden seien, käme dies einer Niederlage für Israel gleich. Zudem befürchte Israel, dass die Hamas von Feuerpausen profitiere, und setzte deshalb wieder auf die militärische Karte.

    Die israelische Regierung hat islamische Länder wie die Türkei, Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate laut Medienberichten darüber informiert, dass sie an der Grenze von Gaza zu Israel eine Pufferzone einrichten will, um neue Angriffe wie die Hamas-Offensive vom 7. Oktober zu verhindern. Die israelische Zeitung Haaretz meldete zudem, arabische Staaten signalisierten Israel hinter verschlossenen Türen ihre Unterstützung für das Ziel, die Hamas militärisch auszuschalten; auch einige arabische Staaten betrachten die Terrorgruppe als Gefahr.

    USA erhöhen den Druck auf Israel

    Für die Hamas war die Feuerpause ein Erfolg: „Sie kann die Geiseln vom 7. Oktober als Trumpfkarte einsetzen“, sagte Orhan. „Wenn es einen dauerhaften Waffenstillstand gibt, die Hamas in Gaza aber immer noch da ist, wird sie in der palästinensischen Politik zum bestimmenden Akteur.“ Doch die Hamas-Führung sieht die Zeit für einen Waffenstillstand offenbar auch noch nicht gekommen. Die Miliz hat in den ersten Wochen des Krieges schwere Verluste erlitten, ist aber immer noch fähig, Israel mit Raketen anzugreifen. Nach der Feuerpause setzt die Hamas nun darauf, dass Israel international und innenpolitisch unter steigenden Druck geraten wird und bald einem Waffenstillstand zustimmen muss. Wenn die Hamas bis dahin militärisch durchhält, hätte sie in den Augen ihrer Anhänger den Krieg gewonnen.

    Neue Feuerpausen seien nur mit internationalem Druck denkbar, meint Orhan. Ohne Druck der USA auf Israel wird Katar es schwer haben, eine neue Waffenruhe auszuhandeln. Zumindest im vertraulichen Gespräch warnen US-Regierungspolitiker ihre israelischen Gesprächspartner vor einem langen Krieg. Die israelische Militärführung legte US-Außenminister Antony Blinken nach Medienberichten bei dessen jüngstem Besuch in Israel vorige Woche ihre Pläne für einen mehrmonatigen Krieg in Gaza vor. „So viel Kredit habt ihr nicht“, antwortete Blinken demnach mit Blick auf die Stimmung in der internationalen Gemeinschaft.

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