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Krankenhausreform: Die Leiden des Karl Lauterbach: Der Gesundheitsminister polarisiert

Krankenhausreform

Die Leiden des Karl Lauterbach: Der Gesundheitsminister polarisiert

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    Erlebt Karl Lauterbach seine geplante Krankenhausreform noch im Amt des Bundesgesundheitsministers?
    Erlebt Karl Lauterbach seine geplante Krankenhausreform noch im Amt des Bundesgesundheitsministers? Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Es ist noch keine drei Jahre her, da hatte Karl Lauterbach den Gedanken an seinen Traumjob vom Gesundheitsministerium längst aufgegeben und tröstete sich damit, dass er als Experte und SPD-Abgeordneter in seiner Karriere an über 80 Gesetzen beteiligt gewesen sei. „Vermutlich hatte ich damit mehr Einfluss, als wenn ich für eine kurze Zeit Bundesgesundheitsminister geworden wäre“, sagte Lauterbach damals, als er noch als Corona-Erklärer durch die Fernsehtalkshows tingelte. Ausgerechnet der Pandemie-Albtraum ließ am Ende Lauterbachs Karriereplan doch noch wahr werden.

    Die angekündigte Revolution lässt auf sich warten

    Ob der Kölner Professor tatsächlich als Minister mehr bewegen kann, als in den zwei Jahrzehnten zuvor – erst als bundesweit anerkannter Gesundheitsökonom und anschließend als langjähriger Gesundheitsexperte der SPD-Bundestagsfraktion –, bleibt zur Halbzeit seines Regierungsamts jedoch völlig offen. Lauterbach hatte sein wichtigstes Projekt, die geplante große Krankenhausreform, typisch unbescheiden als „Revolution“ angekündigt. Doch das Projekt stockt seit Monaten, was mitunter auch viel mit Lauterbachs eigenwilligem Vorgehen zu tun hat. 

    Seit Monaten ringt der Minister mit den Bundesländern um die Grundzüge der Reform, denn die Krankenhausplanung ist laut Grundgesetz Ländersache. Für die Finanzierung der laufenden Kosten des Gesundheitswesens ist dagegen der Bund zuständig. Lauterbach gehört seit vielen Jahren zu den Kritikern, die mahnen, dass es in Deutschland zu viele Krankenhäuser gebe. Insbesondere kritisiert er bis heute immer wieder, dass kleine Häuser nicht ausreichend Qualität in der modernen Medizin böten. 

    So war von Anfang an das Misstrauen der Bundesländer groß, dass Lauterbach sich nicht nur in ihre Krankenhausplanung einmischt, sondern dass gerade in der Fläche kleine Krankenhäuser noch stärker vor dem Umbruch stehen, als ohnehin wegen des wachsenden Fachkräftemangels nötig ist. 

    Zusätzlich belastet wird die Debatte durch die hohe Inflation: Da Krankenhäuser nicht ihre Rechnungen an die Krankenkassen erhöhen können, sondern nach fixen gesetzlich geregelten Sätzen entlohnt werden, häufen sich trotz Energiekostenzuschüssen derzeit gewaltige Defizite an, die hauptsächlich in Ländern mit besonders vielen gemeinnützigen Klinikträgern wie Nordrhein-Westfalen zu einer Insolvenzwelle führen. 

    Lauterbach behandelt Minister wie Studenten

    Doch während Lauterbach von Monat zu Monat nach jedem Treffen mit den Ländern verkündet, man stehe kurz vor der Einigung und die Reform sei auf der Zielgeraden, wächst bei den zuständigen Ländergesundheitsministern der Unmut. Die Fronten knallen dabei immer härter aufeinander: Anfang November schrieben die Länder einen einstimmigen Protestbrief mit sieben Hauptkritikpunkten an den Grundfesten der Reform und nannten Lauterbachs bisherige Vorschläge „sehr enttäuschend“ und „nicht akzeptabel“. Dann kam es am Donnerstag vergangener Woche auf der Bund-Länder-Konferenz in Berlin fast zum Eklat, als Lauterbach seine Änderungsvorschläge nicht auf Papier vorlegte, sondern wie ein Professor im Seminar die Ministerinnen und Minister zum Mitschreiben teils hoch komplizierter Detailfragen zwang. 

    Am Freitag dann ließen die Bundesländer Lauterbach auflaufen und stoppten sein „Transparenzgesetz“ wegen grundsätzlicher Bedenken im Bundesrat. Einstimmig forderten sie dagegen auf Antrag Bayerns, Nordrhein-Westfalens und zweier weiterer unionsregierter Länder ein fünf Milliarden Euro schweres Sofortprogramm vom Bund, um die Kliniken kommendes Jahr vor noch größeren Verlusten zu bewahren. 

    Die Atmosphäre zwischen Bund und Ländern ist vergiftet

    Lauterbach weigert sich nun, ohne Einigung auf sein Transparenzgesetz im Vermittlungsausschuss sechs Milliarden Euro aus dem Fonds der Krankenkassen-Beitragszahler wie geplant vorzeitig an die Kliniken auszuzahlen. Die Vorauszahlung sollte die angespannte finanzielle Lage der Krankenhäuser abmildern. Bei einem Fachgespräch des Spitzenverbands der Krankenkassen warnte Lauterbach danach mehrfach vor einer Katastrophe: „Sechs Milliarden Liquidität im nächsten Jahr, wenn die fehlen würden, dann würde es natürlich ein Krankenhaussterben geben müssen, was wir so noch abwenden können.“ Für die von den Ländern geforderten fünf Milliarden aus dem Bundeshaushalt sehe er „null Möglichkeit“. 

    Inmitten einer so vergifteten Atmosphäre zwischen Bund und Ländern scheint es fraglich, wie und wann es zu einem Reform-Kompromiss kommen soll. Lauterbach wollte das Gesetz eigentlich zum Jahreswechsel beschließen lassen, nun plant er Ostern. Dem Minister laufen langsam Zeit und Geld für die Reform davon. Eigentlich sollte sie 2025 in die Praxis umgesetzt werden, jetzt dürfte es frühestens 2026 werden. Ob dann der Bundesgesundheitsminister noch Karl Lauterbach heißen wird, bezweifeln derzeit viele in Berlin.

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