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Krankenhausreform 2023: Darum geht es - Vorschläge von Lauterbach

Kliniken

Darum geht es bei der Krankenhausreform

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    Bund und Länder beraten über eine Krankenhausreform.
    Bund und Länder beraten über eine Krankenhausreform. Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolbild)

    Die deutschen Krankenhäuser befänden sich seit Jahren in einer Art Krisendauermodus, so Gerald Gaß, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). "Die Krankenhäuser brauchen schnellstmöglich Planungssicherheit und eine Zukunftsperspektive, um die Standorte für die neuen Versorgungsaufgaben und Versorgungsrealitäten fit machen zu können", erklärte er. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant deshalb eine Krankenhausreform, deren Ziel es sei,die "Durchökonomisierung" der Krankenhäuser zu vermeiden und medizinische Aspekte in den Vordergrund zu rücken.

    Seit Wochen ringen Bund und Länder um eine gemeinsame Linie für eine Neuaufstellung der Kliniken. Lauterbach sei zuversichtlich, dass bei einer erneuten Bund-Länder-Runde am Montag eine Einigung auf Eckpunkte für einen dann vorgesehenen Gesetzentwurf erreicht wird. Man sei immer ein bisschen aufeinander zugegangen, zugleich seien die verteilten Zuständigkeiten des Bundes und der Länder miteinander geregelt worden.

    Krankenhausreform: Wie ist die Ausgangslage?

    In Deutschland gibt es etwa 1900 Krankenhäuser mit rund 488.000 Betten. Etwa ein Drittel der jährlichen Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenkassen – mehr als 85 Milliarden Euro – fließen in Krankenhausbehandlungen. Etwa 60 Prozent der Klinken schreiben rote Zahlen. Die Betten sind durchschnittlich nur zu 68 Prozent ausgelastet. Gleichzeitig gibt es aber zu wenige Betten für Kinder. Zudem herrscht Personalmangel in fast 90 Prozent aller Kliniken.

    Wie werden Krankenhäuser finanziert?

    Krankenhäuser werden aktuell von den Ländern und durch Fallpauschalen der Krankenkassen finanziert. Investitionen bezahlen die Länder. Laufende Betriebskosten, insbesondere die Personalkosten, übernehmen die Krankenkassen über die

    Dieses Modell funktioniert in der Praxis aber nicht richtig. Laut der DKG wurden im Jahr 2020 beispielsweise sechs Milliarden Euro für Investitionen benötigt. Von den Ländern gab es allerdings nur drei Milliarden Euro. Dieses Missverhältnis besteht seit Jahren. Deshalb nutzen die Kliniken die Gelder der Krankenkassen auch für Investitionen.

    Wie funktioniert das System der Fallpauschalen?

    Bevor die Fallpauschalen 2003 in Deutschland eingeführt wurden, bekamen Krankenhäuser eine Pauschale für jeden Tag, den ein Patient in der Klinik verbrachte. Das führte zu langen Liegezeiten und demnach hohen Kosten. Das sollte sich durch die Fallpauschalen ändern. Mit der Fallpauschale wird eine genau definierte Erkrankung und deren Behandlung in einer bestimmten Bandbreite der Verweildauer vergütet. Innerhalb dieser Bandbreite wird die gleiche Pauschale unabhängig von der tatsächlichen Verweildauer des Patienten gezahlt.

    Was einige Verbesserungen mit sich brachte, hat auch zu neuen Problemen geführt. Kliniken haben viele gut bezahlte Fälle akquiriert. In der Pädiatrie, wo Kinder und Jugendliche behandelt werden, funktioniert das aber kaum. Denn dort gibt es nur wenige planbare Eingriffe, sondern eher Akut- und Notfälle. Das hat zur Folge, dass die Zahl der Pädiatriebetten zwischen 1991 und 2020 um etwa 43 Prozent gesunken ist.

    Zudem finden in Deutschland im internationalen Vergleich viele Operationen statt. Bei den Implantationen künstlicher Hüftgelenke ist Deutschland sogar weltweiter Spitzenreiter. Eine Erklärung dafür lässt sich weder im Alter noch im Gesundheitszustand der Bevölkerung finden. Experten sind laut dem Redaktionsnetzwerk Deutschland der Ansicht, dass jede fünfte implantierte Hüftprothese in Deutschland überflüssig ist.

    Krankenhausreform: Wozu dient Expertenkommission?

    Die Ampel hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, "die nötigen Reformen für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung" auf den Weg zu bringen. Im vergangenen Mai wurde dafür eine Expertenkommission eingesetzt, die seitdem drei Stellungnahmen mit konkreten Reformvorschlägen vorgelegt hat. Es ging darin um mehr Geld für Kinder- und Geburtskliniken, um Entlastungen fürs Personal durch weniger unnötige Übernachtungen in Kliniken und schließlich um die Finanzierung der Krankenhäuser. Die Vorschläge zu Kinderkliniken, Geburtshilfe und weniger Klinikübernachtungen sind schon per Gesetz auf den Weg gebracht, nun geht es um die Umsetzung des größten Brockens: die Reform der Klinikfinanzierung.

    Die Finanzreform soll die Ressourcen besser verteilen. Der Kommissionsvorsitzende und langjährige Chefarzt einer Berliner Klinik, Tom Bschor, hatte von einer "Überversorgung" in bestimmten Bereichen und "Unterversorgung" beispielsweise in der Kinderheilkunde gesprochen.

    Einheitliche Krankenhaus-Levels: Was plant Lauterbauch?

    Lauterbachs Konzept sieht bundeseinheitliche Krankenhaus-Levels vor, durch die das Leistungsniveau von Kliniken transparenter werden soll: Level eins für die Grundversorgung, Level zwei für die Schwerpunktversorgung mit bestimmten Spezialisierungen und Level drei für die Spitzenversorgung etwa an Unikliniken. Beispielsweise sollen kleine Kliniken ohne Spezialisierung komplexere Eingriffe dann nicht mehr abrechnen können, wenn sie nicht die entsprechende personelle und apparative Ausstattung dafür haben.

    Über welche Vorschläge beraten Bund und Länder?

    Bund und Länder beraten über die konkrete Umsetzung folgender Vorschläge:

    • Weniger "Gemischtwarenladen", mehr Spezialisierung. Kliniken sollen gezielte Aufträge bekommen, welche verschiedenen Leistungen sie durchführen sollen (Leistungsgruppen)– zum Beispiel Nieren-, Herz- oder Magen-Darm-Behandlungen – statt eine allgemeine Fachabteilung Innere Medizin zu unterhalten, in der dann möglicherweise "auch eine kleine, schlecht ausgestattete Abteilung vom akuten Herzinfarkt bis zur komplexen Krebserkrankung alles machen darf", sagt Bschor.
    • Die Krankenhäuser sollen den Vorschlägen zufolge zudem bundesweit einheitlich drei Stufen zugeordnet und entsprechend gefördert werden: Kliniken zur Grundversorgung, Häuser mit "Regel- und Schwerpunktversorgung" und "Maximalversorger" wie Unikliniken.
    • Die sogenannten Fallpauschalen sollen deutlich abgesenkt werden. Kliniken bekommen momentan pro Patient oder Behandlungsfall einen pauschalen Euro-Betrag. Das führt Lauterbach zufolge zu einem "Hamsterrad-Effekt", möglichst viele Behandlungen auf möglichst billige Weise durchzuführen, worunter die Qualität leiden und das knappe Personal weiter unter Druck kommen kann. Sinkende Pauschalen würden laut Bschor den Anreiz senken, etwa "Knieprothesen selbst bei fraglicher Indikation einzubauen", und Geld freimachen für sogenannte Vorhalteleistungen.
    • Krankenhäuser sollen den Reformvorschlägen zufolge künftig unter anderem für das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik feste Beträge bekommen ("Vorhalteleistungen"). "Wie die Feuerwehr, die ja auch nicht nur bezahlt wird, wenn es brennt", so der Chef der Expertenkommission.

    Wann soll Krankenhausreform umgesetzt werden?

    Bei der Krankenhausreform handelt es sich um ein langfristiges Projekt. Lauterbach hatte von einer "Revolution" für die Kliniken gesprochen. "Die Medizin wird wieder in den Vordergrund der Therapie gestellt und folgt nicht der Ökonomie", sagte der Minister. Lauterbach strebt an, über den Sommer mit Beteiligung der Länder einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Ziel ist, dass die Reform zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt. Für die Umsetzung müssten die Länder noch Gesetze ändern, so dass voraussichtlich 2026 oder 2027 Geld nach den neuen Regeln fließen könne, sagte Lauterbach im Deutschlandfunk. (mit dpa)

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