Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Konjunktur: Abschwung oder Stagnation: Wie geht es mit der Wirtschaft weiter?

Konjunktur

Abschwung oder Stagnation: Wie geht es mit der Wirtschaft weiter?

    • |
    Die Bauindustrie ist bereits in den Abschwung geraten, die deutsche Wirtschaft insgesamt kann das im kommenden Jahr womöglich noch abwenden.
    Die Bauindustrie ist bereits in den Abschwung geraten, die deutsche Wirtschaft insgesamt kann das im kommenden Jahr womöglich noch abwenden. Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolbild)

    Wie geht es der deutschen Wirtschaft?

    Angesichts der Prognose nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ziemlich gut. Damals lauteten die Vorhersagen der Ökonomen auf einen herben Konjunkturknick in der Größe der Corona-Krise, sollte Deutschland das Gas ausgehen. Dieser Fall konnte abgewendet werden. Das vergangene Jahr schloss die deutsche Wirtschaft mit einem Wachstum von 1,9 Prozent ab. Im Schlussquartal zwischen Oktober und Dezember ist die Konjunktur bereits in die Stagnation gerutscht. Inflation und höhere Zinsen für Kredite machen sich bemerkbar. Laut den Volkswirten der Commerzbank haben Einzelhandel und Gastgewerbe in den letzten drei Monaten preisbereinigt bereits weniger umgesetzt.

    Wie lauten die Erwartungen der Volkswirte?

    Die Volkswirte gehen derzeit von einem milden Abschwung oder einer Stagnation aus. „Mit der besser als erwarteten Konjunkturentwicklung Ende 2022 in Deutschland und in anderen Ländern ist die Ausgangssituation für 2023 weniger negativ“, sagt der Chefvolkswirt der Bayern LB, Jürgen Michels. Es sei „aber noch nicht alles ausgestanden“. Die Bundesregierung erwartet einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent, die Commerzbank um ein halbes Prozent und der BDI um 0,3 Prozent. Die Deutsche Bank hob ihre Schätzung zuletzt auf eine Stagnation an, ihre Ökonomen hatten zuvor mit einem Minus von einem Prozent gerechnet. Die Prognosen eint, dass es ab dem Frühjahr wieder aufwärtsgehen soll mit der Entwicklung. Positiv für die Beschäftigten ist, dass sich der Arbeitsmarkt von den Schwankungen der Konjunktur abgelöst hat. Unternehmen und Behörden suchen ungebremst nach Personal. 

    Was spricht für eine Erholung im Jahresverlauf?

    Der Wahnsinn auf den Energiemärkten hat sich beruhigt und die Regierung fängt mit ihrem Rettungsschirm von 200 Milliarden Euro einen ansehnlichen Teil der Belastung ab. Die Industrie erwies sich trotz des Energieschocks als robust, die Betriebe schafften es, die Produktion aufrechtzuerhalten. Nachlassende Engpässe in den Lieferketten helfen den Unternehmen, die hohen Auftragsbestände abzuarbeiten. Positive Nachrichten kommen auch aus den beiden enorm wichtigen Auslandsmärkten China und den USA. In Amerika lässt der Preisdruck merklich nach, weshalb die US-Zentralbank die Zinsen nicht mehr in steilen Schritten anheben muss. Dadurch verdichten sich die Anzeichen, dass der größten Volkswirtschaft eine weiche Landung – ein „soft landing“ – gelingt. Die chinesische Wirtschaft hat am Jahresende trotz Lockdowns und massiver Corona-Welle stärker als erwartet zugelegt. Der radikale Schwenk in der chinesischen Corona-Politik von totaler Abriegelung zur Durchseuchung sei zwar zynisch, sagt der Chef des Bundesverbands der Industrie, Siegfried Russwurm. Ab dem Frühjahr könnten dadurch aber die Beschränkungen im Reich der Mitte deutlich kleiner werden.

    China hat seine Corona-Strategie völlig gedreht und lässt das Virus durchrauschen. Für die Wirtschaft könnte das positiv sein, denn die pandemiebedingten Einschränkungen könnten im Frühjahr bald vorüber sein.
    China hat seine Corona-Strategie völlig gedreht und lässt das Virus durchrauschen. Für die Wirtschaft könnte das positiv sein, denn die pandemiebedingten Einschränkungen könnten im Frühjahr bald vorüber sein. Foto: Andy Wong/AP, dpa

    Was spricht gegen eine Erholung?

    Die Inflation wird den Vorhersagen der Ökonomen nach zwar nachlassen, aber sie wird weiter an der Kaufkraft nagen. Das dürfte den privaten Konsum belasten, der im vergangenen Jahr zum Ausklang der Pandemie trotz des Krieges deutlich zugelegt und das Wachstum getragen hatte. Und eine wichtige Branche, die in den vergangenen Jahren einen Boom erlebte, ist in den roten Bereich gefallen. „Da steht vor allem am Bau eine Korrektur bevor“, erwartet Bayern-LB-Volkswirt Jürgen Michels. Alle Prognosen sind hinfällig, wenn Präsident Putin in der Ukraine Atomwaffen einsetzen sollte oder China in Taiwan eine militärische Auseinandersetzung sucht. 

    Wo steht die deutsche Wirtschaft im internationalen Vergleich?

    Trotz des Wachstums von 1,9 Prozent im abgelaufenen Jahr rangiert Deutschland unter den Industrieländern am hinteren Ende. Die Konjunktur in den Niederlanden, Italien, Spanien und Österreich hatte deutlich mehr Zug. Dennoch liegt der Wert über dem Durchschnitt der zurückliegenden zehn Jahre von 1,6 Prozent Steigerung. Im historischen Vergleich ist das Wachstumstempo der Bundesrepublik deutlich rückläufig. Zwischen 1960 und 1970 wurde im Mittel noch ein Plus von 4,4 Prozent erzielt, zwischen 1980 und 1990 immerhin noch 2,6 Prozent. Dauerhaft belastet wird der Standort künftig durch die hohen Energiepreise, die weit über dem Vorkriegsniveau bleiben dürften, sowie den Personalmangel in allen Branchen. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden