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Kommunen: Geflüchtete, Wohngeld, Krisen: Städte und Gemeinden sind am Limit

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Geflüchtete, Wohngeld, Krisen: Städte und Gemeinden sind am Limit

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    Uwe Brandl, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), spricht.
    Uwe Brandl, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), spricht. Foto: Britta Pedersen, dpa (Archivbild)

    Die deutschen Städte und Gemeinden fühlen sich überfordert und bei ihren Herkulesaufgaben von Bund und Ländern im Stich gelassen. Nötig sei nun eine komplette Neuausrichtung der Politik. „Explodierende Energiekosten infolge des Krieges in der Ukraine, Herausforderungen bei der Versorgungssicherheit, Inflation, gestörte Lieferketten, aber auch die Herkulesaufgaben bei Klimaschutz und Klimaanpassung zeigen längst die Grenze der Leistungsfähigkeit unseres Staates auf“, sagte Uwe Brandl am Mittwoch in Berlin. Der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes sprach von einem „Dauerkrisenmodus“, in dem sich die Kommunen seit Beginn der Corona-Pandemie vor rund drei Jahren befänden. 

    Städte und Gemeinden üben Kritik an der Bundesregierung

    Noch verstärkt werde die Misere durch eine Bundespolitik, die zur Überlastung mit schlecht vorbereiteten Vorhaben ihren Teil beitrage. Ein Beispiel, so der Verbandschef und Bürgermeister der niederbayerischen Stadt Abensberg, sei die Ausweitung des Wohngelds auf zwei Millionen Berechtigte zum Jahresbeginn. Das sei für die zuständigen Verwaltungen kaum zu bewältigen. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg ergänzte, dass diese Vorgaben nicht so schnell umgesetzt werden können, wie die Menschen zu Recht erwarteten. Dies werde nun dazu führen, dass die Berechtigten das Geld erst Monate später auf dem Konto hätten. „Der Bund hätte dies besser, auch digital vorbereiten sollen“, kritisierte Landsberg.

    Eine geflüchtete Familie betritt eine Erstaufnahmestelle in Berlin-Reinickendorf.
    Eine geflüchtete Familie betritt eine Erstaufnahmestelle in Berlin-Reinickendorf. Foto: Paul Zinken, dpa

    Trotz der unsicheren Energieversorgung kommen der Ausbau der Windenergie und der dazu nötigen Leitungsnetze kaum voran, sagte Brandl. Gleichzeitig sei ein Weiterbetrieb der Kernkraftwerke für zwei bis drei Jahre, wie ihn selbst der Sachverständigenrat der Bundesregierung fordere, nicht in Sicht. Neuer Wohnraum entstehe viel zu wenig, Kindergärten und Schulen seien teils überlastet – künftig sorge der Anspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen für weitere Belastungen. 

    Die Grenzen der Leistungsfähigkeit seien erreicht

    Auch bei der Aufnahme und Integration von Geflüchteten seien „die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit erreicht“, warnte Brandl. Bund und Länder müssten dringen neue Erstaufnahmemöglichkeiten schaffen und die Kommunen beim Bau von Unterkünften unterstützen. Andernfalls, so der CSU-Politiker, sehe er „die gesellschaftliche Akzeptanz“ in Gefahr. 1,1 Millionen Geflüchtete allein aus der Ukraine seien inzwischen in Deutschland registriert. Umfragen zufolge wollten rund 40 Prozent von ihnen länger oder für immer in Deutschland bleiben. Durch Deutschkurse und rasche Anerkennung von Berufsabschlüssen müssten sie rasch in Arbeitsmarkt und Gesellschaft eingegliedert werden. Wohin gescheiterte Integration führe, habe sich bei der Silvesternacht-Randale in Berlin und anderen Städten drastisch gezeigt. „Der Umgang mit Migranten, die sich außerhalb der Rechtsordnung bewegen, muss offen diskutiert werden. Verschämtes Wegsehen bringt uns keinen Millimeter weiter“, sagte er. Neben konsequenter Strafverfolgung brauche es mehr Anstrengungen in der Sozialarbeit.

    Insgesamt müsse sich die Politik auf „die zentralen Herausforderungen konzentrieren“ und eingestehen, dass die „staatliche Leistungsfähigkeit am Limit“ sei, so Brandl. All die wachsenden Herausforderungen zu bewältigen, sei schon aus Gründen des Personalmangels in den Verwaltungen künftig kaum mehr möglich. In den kommenden zehn Jahren scheiden dem Verband zufolge mehr als 500.000 Beschäftigte im Öffentlichen Dienst der Kommunen aus, etwa 30 Prozent des gesamten Personals. Zum Gegensteuern sei ein ganzes Maßnahmenbündel nötig: ein attraktiverer Öffentlicher Dienst, eine Beschleunigung der Digitalisierung, aber auch ein konsequenter Bürokratieabbau. „Die Kommunen können nicht immer mehr Leistungen erbringen und dann noch zusätzlich von Bund und Ländern formulierten bürokratischen Anforderungen gerecht werden“, sagte Landsberg. 

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