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Kommentar: Zwei Gesundheitsminister in der Pandemie: Mehr Holetschek, weniger Lauterbach

Kommentar

Zwei Gesundheitsminister in der Pandemie: Mehr Holetschek, weniger Lauterbach

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    Klaus Holetschek (CSU) spricht.
    Klaus Holetschek (CSU) spricht. Foto: Sven Hoppe, dpa (Archivbild)

    Sie könnten unterschiedlicher kaum sein und sie schenken sich nichts. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und sein bayerischer Amtskollege Klaus Holetschek (CSU) pflegen zwar intern einen angeblich durchaus kollegialen Umgang. In der Öffentlichkeit aber kracht es zwischen den beiden Herren, die in der Corona-Politik phasenweise durchaus an einem Strang gezogen haben, mittlerweile in schöner Regelmäßigkeit. Daraus ergibt sich – insbesondere in Sachen

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Foto: Michael Kappeler, dpa

    Lauterbach als „politische Ich-AG“ zu bezeichnen ist sicherlich nicht überzogen. Er hat es mit überragendem Intellekt, unermüdlichem Fleiß und ausgeprägtem Selbstbewusstsein quasi im Alleingang in der Politik weit nach oben gebracht.

    Gesundheitsminister Lauterbach: "Oberlehrer" und "Nervensäge"

    Von sich selbst sagt der studierte Mediziner und Professor, es gebe außer ihm keinen Wissenschaftler, der so viel Politiker ist, und keinen Politiker, der so viel Wissenschaftler ist wie er. Zwischendurch nennt er sich selbstironisch auch mal „Oberlehrer“. Vielen seiner Kolleginnen und Kollegen im politischen Berlin aber gilt das als grandiose Untertreibung. Sie erleben ihn als „Nervensäge“, auch in seiner eigenen Partei. Die Beamtinnen und Beamten in seinem Ministerium sollen sogar noch deutlich unfreundlicher über ihn reden.

    Entscheidend für Lauterbachs Berufung zum Bundesgesundheitsminister war seine mediale Präsenz auf allen Kanälen. Ohne Partei- oder Ministeramt hatte er es in den Anfangszeiten von Corona zum „Cheferklärer der Pandemie“ gebracht. Mittlerweile aber stellt sich die Frage, ob einer der viel weiß und gut reden kann, auch ein Macher ist, der in der politischen Praxis besteht.

    Bayerns Gesundheitsminister Holetschek gewinnt bundesweit an Statur

    Bei Holetschek ist es in vielerlei Hinsicht genau andersrum. Der studierte Jurist war zuerst Mitglied des Bundestags, später Bürgermeister von Bad Wörishofen. Seit 2013 ist er Abgeordneter des bayerischen Landtags. Als solcher kam er – gefühlt eigentlich schon am Ende seiner politischen Karriere – zum Ministeramt wie die Jungfrau zum Kind. Er wurde zunächst als Staatssekretär ins bayerische Bau-, dann ins Gesundheitsministerium geholt, das in den Anfangszeiten von Corona heillos überfordert war. Dort überzeugte er durch geschickte Personalführung und Organisationstalent. Im Januar 2021 ernannte ihn Markus Söder zum Gesundheitsminister.

    Die Unterschiede zu Lauterbach sind schnell benannt. Während es sich der Bundesgesundheitsminister Schritt für Schritt mit all seinen Experten, seiner Partei und seinen Mitarbeitern verscherzt, weil er sich selbst für den größten Experten hält, gewinnt Holetschek auch bundesweit zunehmend an Statur. Er bezieht Experten ein, nimmt sich selbst zurück und versucht, in der Corona-, aber auch in der Gesundheitspolitik insgesamt eine klare Linie zu finden. Mit seinen Entscheidungen lag er zuletzt meist richtig – etwa im Streit um die Impfpflicht für Pflegekräfte, den Lockerungen der Corona-Regeln oder der Aufhebung der Isolationspflicht.

    Lauterbach ist selbstverständlich nicht alles zuzuschreiben, was in seinem Fachressort im Bund schiefläuft. Anders als Holetschek muss er sich mit Koalitionspartnern herumschlagen, die – wie die FDP – nicht selten scharf gegensätzliche Positionen vertreten. Sein Fall aber zeigt, dass ein guter Wissenschaftler eben nicht automatisch ein guter Politiker ist.

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