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Kommentar zum Compact-Magazin: Warum das Verbot Nachteile für die Demokratie hat

Kommentar

Der Demokratie hilft das „Compact“-Verbot nicht

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    „Compact“-Chefredakteur Jürgen Elsässer ruft offen zum Sturz der parlamentarischen Demokratie auf. Er wandelte sich vom Kommunisten zum Neurechten.
    „Compact“-Chefredakteur Jürgen Elsässer ruft offen zum Sturz der parlamentarischen Demokratie auf. Er wandelte sich vom Kommunisten zum Neurechten. Foto: Jan Woitas, dpa

    Wenn der demokratische Staat ein Medium verbietet, ist das ein Grenzfall für seine eigene Ordnung und deren Prinzipien. Denn die Freiheit der Meinung und der Presse gehört zu den zehn Geboten einer jeden modernen Republik. Es ist das demokratische Paradoxon, dass diese beiden Freiheiten auch für ihre Gegner gelten. Compact hat offen gegen das parlamentarische Gefüge der Bundesrepublik agitiert und daraus keinen Hehl gemacht. „Wir machen keine Zeitung, indem wir uns hinter den warmen Ofen oder den Computer verziehen und irgendwelche Texte wie eine Laubsägenarbeit auf den Markt bringen. Sondern das Ziel ist der Sturz des Regimes“.

    Regelmäßig antisemitische und verschwörungstheoretische Artikel

    Diese Sätze standen laut Verfassungsschutzbericht auf der Homepage des Mediums im Juni vergangenen Jahres. Die Verfassungsschützer haben regelmäßig antisemitische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Artikel und Videos im Magazin und auf dem Compact-Videokanal beobachtet. Chefredakteur Jürgen Elsässer segelt nicht hart am Rand des publizistischen, aber irgendwie noch demokratischen Spektrums, sondern er ruft offen zur Ablösung der Ordnung des Grundgesetzes auf.

    Was er und seine Redaktion geschrieben und produziert haben, hat außerdem mit den Grundsätzen der journalistischen Ethik nichts gemein. Von Wahrhaftigkeit, dem Streben nach Objektivität, Faktentreue, Achtung der Menschenwürde und sorgfältiger Recherche ist bei Compact wenig zu finden. Stattdessen betreibt Compact offen Werbung für die AfD, verbreitet krude Theorien über Corona, schmeißt sich dem russischen Präsidenten Wladimir Putin an den Hals. Dennoch gelten Meinungs- und Pressefreiheit auch für schlechten Journalismus voller Häme und Staatsverachtung. Sie gelten ebenso für parteiische Publikationen.

    Es wäre besser gewesen, weiter mit Compact zu leben

    Die Grenze zu ziehen, ist schwierig und ein Verbot hinterlässt einen Schmerz, weil Demokratie vom Wettbewerb der Überzeugungen, Weltbilder und unterschiedlichen Positionen lebt. Aus den unendlichen Weiten des Internets werden neue Elsässers auftauchen oder er sogar selbst, um weiter für den Umsturz zu trommeln. Sie verbreiten die düstere Behauptung, wonach Deutschland dem Abstieg geweiht ist. Ein Publikum für diese Klänge gibt es auch und es ist gar nicht klein. Es wird Demagogen geben, die ihm servieren, wonach es verlangt.

    Wegen der prinzipiell nicht zu begrenzenden Meinungs- und Pressefreiheit und der Hydrahaftigkeit der neurechten Medien –schlägt man einen Kopf ab, wachsen neue nach –, ist das Compact-Verbot äußerst zwiespältig zu bewerten. Es trifft zwar ausgewiesene Gegner dieser Republik, aber auch demokratische Grundprinzipien. Es wäre besser gewesen, weiter mit Compact zu leben.

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    5 Kommentare
    Alfred Wengenmaier

    Bestrafe einen, erziehe hunderte. Chinesisches Sprichwort

    Gerald Drews

    Die kann man nicht erziehen. Aber ich weiß auch nicht, wie ich sie ohne Magenschmerzen weiter ertragen kann.

    Wolfgang Boeldt

    Ich kenne die Zeitschrift nicht. Höre/lese jetzt zum ersten mal davon. Ein Verbot ist nur dann (vielleicht) gerechtfertigt, wenn strafrechtlich relevante Aussagen/Artikel vorliegen. Und selbst das wäre fraglich, denn es gibt Vorstufen zum Verbot. Vielleicht liest man in den nächsten Tagen etwas von Fachjuristen über diesen Fall. Mir fällt zumindest schon seit Jahrzehnten auf, daß der Art. 5 des GG in nachfolgenden Gesetzen und z.T. willkürlichen Auslegungen immer stärker eingeschränkt wird. Damit wird einem der drei Grundpfeiler einer Demokratie langsam der Boden entzogen.

    Thomas Thürer

    Das wird ein spannender Prozess gegen Frau Faeser bzw. das Innenministerium werden. Mal sehen, wer danach als Verfassungsbrecher dasteht. Nur noch mal zur Erinnerung: Frau Faeser publizierte vor ihrem Amtsantritt auf Medien von Organisationen, die der Verfassungsschutz als Linksextrem einstuft. Sollte die Frau mit ihrer Rechtsauffassung durchkommen, wird es lustig, sobald der Wind sich mal dreht. Mal sehen, welche linken Medien dann verboten werden. Auch spannend, dass Elsässer früh um 06:00 Uhr von schwer bewaffneten Polizisten besucht wird, aber wie bestellt ein Pressefotograf dabei ist, wenn der im Bademantel und verpennt die Tür aufmacht. „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Die von Herrn Elsässer offenbar nicht. Haben da beim Durchstechen des Termins Frau Faesers alten Medienkontakte gewirkt?

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    Walter Koenig

    Das Verbot ist gerechtfertigt, denn nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber! Ihre Unkenntnis Herr Thürer kann abgeholfen werden. Denn nicht Frau Faeser hat das zuvor intensiv geprüft, sie hat als Verantwortliche lediglich den Beschluss verkündet. In Ihrem heißgeliebten Russland ist man da nicht so zimperlich, da genügt schon die kleinste Kritik am Kriegsverbrecher Putin, um ein Presseorgan zu schließen. Aber hier regen sich dann die Putinfreunde auf, wenn ein nachgewiesen demokratiefeindliches Objekt verboten wird!

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