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Kommentar: Trotz aller Krisen gibt es keinen Grund zu verzweifeln

Kommentar

Trotz aller Krisen gibt es keinen Grund zu verzweifeln

Matthias Zimmermann
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    Die hohen Energiepreise sind nur ein Teil einer größeren Krisenlage.
    Die hohen Energiepreise sind nur ein Teil einer größeren Krisenlage. Foto: Marijan Murat, dpa

    Wie ist das, heute erwachsen zu werden? Wenn die erste bewusste Erfahrung von Politik die ist, dass Menschen, die man nur aus den Medien kennt, einen in einen Lockdown zwingen können? Wenn Krieg ist in Europa und nur einige hundert Kilometer entfernt Bomben auf Häuser und Menschen fallen – und ein  offensichtlich der Wirklichkeit entrückter Gewaltherrscher der Welt mit Atomwaffen droht? Wenn mit jedem Jahr klarer wird, dass die Staaten ihre Klimaziele wohl nicht erreichen werden und die Erderwärmung mit ihren verheerenden Folgen nicht mehr aufzuhalten ist?

    Wie es aussieht, reiht sich derzeit Krise an Krise in der Welt. Und wer schon schon vor der Jahrtausendwende geboren wurde, fragt sich mitunter vielleicht, ob es jemals wieder so unbeschwert wird, wie es früher, zumindest der Erinnerung nach, einmal war. Der Phantomschmerz, den der Verlust einer scheinbar heilen Welt auslöst, ist gut nachvollziehbar. Und er wird noch weiter wachsen, denn die von der Inflation entfesselte Wirtschaftskrise frisst bei vielen ganz real die Ersparnisse aus Jahren der Arbeit auf. Das schafft neuen Frust, der zu jenem derer hinzu kommt, die schon lange keine Ersparnisse mehr aufbauen konnten.

    Die Erfahrung lehrt: Die nächste Krise wartet immer schon

    Wer nun in diese Welt hineinwächst, erlebt den Krisenzustand als Normalzustand. Und auch die Älteren dürften die Erwartung teilen, dass eine neue Krise immer schon wartet. Was ist, wenn China den nächsten Krieg entfesselt? Wie sicher ist der Euro, wenn die Verschuldung der Staaten weiter ungebremst wächst? Wie viele Menschen werden noch ein besseres Leben in Europa suchen, wenn Kriege und Naturkatastrophen viele Länder Afrikas verwüsten?

    Doch der Blick zurück, wird uns nicht helfen, die Zukunft zu gestalten. Er kann sogar gefährlich werden, da er anfälliger macht für die falschen Versprechungen derer, die glauben machen wollen, sie könnten die Welt ganz einfach wieder in Ordnung bringen. Populisten lösen keine Probleme, sie schaffen nur ständig neue und verhindern die Lösung der alten. Man muss die Welt nehmen, wie sie ist. Aber wie soll man dann bitte angesichts ihres Zustands nicht verzweifeln?

    Jede Generation hat ihre eigenen Krisen durchlebt

    Erst mal hilft es vielleicht, etwas Abstand zwischen sich und die Dinge zu bringen. Es ist nämlich mitnichten so, dass die Welt früher so viel besser war. Zwischen der Finanzkrise und der Coronakrise haben Deutschland und Europa einen ungeheuren Aufschwung erlebt. Geld war im Überfluss vorhanden und wer das Glück hatte, zum Beispiel rechtzeitig in eine Immobilie zu investieren, konnte reich werden ohne einen Finger zu krümmen. Dass dieser Zustand ewig währt, davon durfte keiner ausgehen. Jede Generation hat prägende Krisenerfahrungen gemacht. Neue Krisen lassen sich deswegen nicht aufhalten. Aber aus den Erfahrungen der Vergangenheit können wir lernen.

    Auch die Corona-Krise war ein Schock. Aber das Land hat sie überwunden und sich weiterentwickelt. Es dauert immer alles länger, es ist immer alles komplizierter als es sein müsste und es läuft auch viel verkehrt – aber eine Krise kann bezwungen werden. Das ist vielleicht die wichtigste Erfahrung, dass man selbst aktiv werden kann – im Kleinen und mit begrenzter Wirkung. Aber jeder Einsatz und jedes kleine Erfolgserlebnis wirken gegen die Wut auf die da oben und den Rückzug in die innere Isolation. Zuversicht ist vielleicht ein Privileg der Jugend. Aber wie könnten die Älteren ein Vorbild sein, wenn sie nichts mehr von der Zukunft erwarten?

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