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Kommentar: Zeitenwende in Zeitlupe: Was bei der Bundeswehr falsch läuft

Kommentar

Zeitenwende in Zeitlupe: Was bei der Bundeswehr falsch läuft

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    Der neueste Wehrbericht lädt zu einer sarkastischen Betrachtung geradezu ein.
    Der neueste Wehrbericht lädt zu einer sarkastischen Betrachtung geradezu ein. Foto: Matthias Balk, dpa (Symbolbild)

    Jetzt hat die Bundeswehr genügend Unterhosen, aber zu wenig Spinde, um sie aufzubewahren – der neueste Wehrbericht lädt zu einer sarkastischen Betrachtung geradezu ein. Doch dafür ist das Thema viel zu ernst. Der brutale russische Angriff auf die Ukraine, nur wenige Flugstunden von Deutschland entfernt, hat gezeigt, dass Landesverteidigung kein Begriff aus einer fernen Vergangenheit ist. Sondern eine dringende Notwendigkeit, heute und in Zukunft. 

    Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs und der deutschen Wiedervereinigung vor gut drei Jahrzehnten aber ließen die politisch Verantwortlichen gleich welcher Couleur alles Militärische links liegen. 

    Der neueste Wehrbericht lädt zu einer sarkastischen Betrachtung geradezu ein.
    Der neueste Wehrbericht lädt zu einer sarkastischen Betrachtung geradezu ein. Foto: Matthias Balk, dpa (Symbolbild)

    Die Bundeswehr wurde besonders gründlich kaputtgespart

    In einem Land, das generell die Instandhaltung seiner Infrastruktur vernachlässigt hat, wurde die Armee besonders gründlich kaputtgespart. Nun zeigt sich, wie könnte es anders sein, dass sich Versäumnisse aus Jahrzehnten nicht so einfach in wenigen Jahren korrigieren lassen. Zeitenwenden werden plötzlich nötig, doch es dauert, sie umzusetzen. Immerhin, ein Aufwärtstrend ist spürbar. Die eklatanten Ausrüstungsmängel, zu denen sogar fehlende warme Leibwäsche für den Wintereinsatz zählte, scheinen weitgehend behoben. In das lange Zeit unfassbar behäbig wirkende Beschaffungswesen hat offenbar eine gewisse Flexibilität, ja Zackigkeit, Einzug gehalten. 

    Bei den „harten“ Rüstungsgütern wurden so wichtige wie teure Kaufentscheidungen getroffen. Bis die neuen Kampfflugzeuge, Geländefahrzeuge und Sturmgewehre geliefert werden, dauert es aber noch. Gleichzeitig bleibt der Ersatz von Material, das an die Ukraine geht, eine gewaltige Herausforderung. 

    Der Personalmangel der Bundeswehr hat ein Bündel von Ursachen

    Doch viele Kasernen sind weiter marode, der Sanierungsbedarf ist immens. Dass die Bundeswehr unter Personalmangel leidet, mag ein ganzes Bündel von Ursachen haben. Ein berufliches Umfeld, das von Verfall und baulicher Vernachlässigung geprägt ist, trägt aber sicher nicht dazu bei, neue Interessenten zu gewinnen. Und in der aufkommenden Debatte um eine mögliche Wiederkehr der Wehrpflicht wird meist vergessen, dass die Infrastruktur für die vielen zusätzlichen Kräfte erst mit einem gewaltigen Aufwand wiederhergestellt werden müsste. 

    Soldatinnen und Soldaten haben es verdient, in einem intakten Umfeld ihren potenziell lebensgefährlichen Dienst zu tun. Es ist furchtbar, dass das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer funktionierenden Bundeswehr erst unter dem Ukraine-Schock zurückgekehrt ist. Aber wenigstens werden die jährlichen Mängelberichte nicht länger achselzuckend hingenommen – hoffentlich ein Zeichen dafür, dass sich die gesellschaftliche Wertschätzung für die Streitkräfte allmählich bessert. 

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