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Kommentar: Zeit für eine ultimative Ehrenrettung des Helge Schneider!

Kommentar

Zeit für eine ultimative Ehrenrettung des Helge Schneider!

Michael Stifter
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    Helge Schneider in einer seiner besten Rollen: als Udo Lindenberg.
    Helge Schneider in einer seiner besten Rollen: als Udo Lindenberg. Foto: Willi Weber, dpa

    Helge Schneider ist einer dieser Künstler, die nur live wirklich funktionieren. Wenn er auf der Bühne steht, hat man das Gefühl, ihm würden all die albernen Gedanken, die grotesken Geschichten, Anekdoten und Liedtexte just in dieser Sekunde einfallen. Das ist natürlich Quatsch, der Mann hat schon ein Programm. Aber man kann sich dieses Programm eben auch dreimal auf der gleichen Tournee anschauen und es ist jedes Mal anders. Schneider ist kein Mario Barth, der Gags auswendig lernt, die er dann in einer x-beliebigen Stadt raushaut. Heute Augsburg, morgen Düsseldorf. Kennste!? Weißte?!

    Keine Studioaufnahme ist auch nur halb so gut wie Helge Schneider live

    Nein, Helge Schneider improvisiert tatsächlich, erfindet sich und seine Worte, seinen Humor, seine Töne immer wieder neu. Er ist ein herausragender Jazz-Musiker und Komponist - was Leute, die ihn nur mit dem aus unerfindlichen Gründen zum Hit gewordenen "Katzeklo" identifizieren, natürlich nicht wissen können. Der 65-Jährige spielt zig Instrumente, manchmal mehrere gleichzeitig.

    Keine Studioaufnahme ist auch nur halb so gut wie seine Auftritte vor Publikum. Auch als Geschichtenerzähler komponiert er seine Ideen immer wieder neu, biegt kurz vor der sicher geglaubten Pointe spontan ab und erreicht am Ende doch sein Ziel: die Zuschauerinnen und Zuschauer zu amüsieren. Und genau deshalb ist es Zeit für eine Ehrenrettung des Helge Schneider.

    Nena sucht die Nähe zu Querdenkern, Helge Schneider nicht

    Wir sollten ihm abnehmen, dass er das Strandkorb-Konzert in Augsburg nicht abgebrochen hat, weil ihm die Corona-Einschränkungen "auf den Sack" gingen oder er mal ein bisschen Applaus von abgedrehten Querdenkern abgreifen wollte. Anders als die schon länger irrlichternde Nena, die ihr Berliner Publikum in billigster Wendler-Attitüde aufstachelte, auf Hygienekonzepte und Regeln zu pfeifen und sich von diesem Staat nichts gefallen zu lassen, um sich dann als Ikone der Freiheit notfalls von der Bühne tragen lassen zu können, ging es Helge Schneider nicht um Verschwörungsgeraune.

    Der Humorist hatte ganz offensichtlich wirklich das Gefühl, dass er den Leuten nicht das bieten konnte, wofür er steht. Wenn Publikum und Künstler durch eine Art Durchgangsstraße für Servicepersonal voneinander getrennt sind, kann ein Profi wie er natürlich trotzdem Musik machen und Geschichten erzählen. Aber eben nur wie ein normaler Musiker und Geschichtenerzähler, aber nicht wie Helge Schneider. Alleine und ohne Interaktion improvisiert es sich halt so schlecht.

    Helge Schneider ist eben kein Alleinunterhalter auf einer Betriebsfeier

    Schneider mag sich in diesem Moment auf der Bühne wie ein Alleinunterhalter mit Hammondorgel auf einem Betriebsfest gefühlt haben, bei dem es vor allem darum geht, unangenehme Sprechpausen musikalisch zu übertönen, weil sich nicht alle Kolleginnen und Kollegen genug zu erzählen haben, um die Zeit bis zum Nachtisch ohne Peinlichkeiten zu überbrücken.

    Jetzt kann man natürlich einwenden, dass er gewusst haben muss, worauf er sich einlässt. Dass persönliche Eitelkeit kein Grund sein darf, die Arbeit zu verweigern. Dass er seinen Auftritt trotzdem hätte abspulen können. Aber dann wäre es eben kein Helge-Schneider-Auftritt gewesen, sondern mehr so Mario Barth. Seine Fans hätten ihm das wahrscheinlich verziehen. Aber er selbst?

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