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Kommentar: Xi Jinping wäre der perfekte Vermittler zwischen der Ukraine und Russland

Kommentar

Xi Jinping wäre der perfekte Vermittler zwischen der Ukraine und Russland

Rudi Wais
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    Die gemeinsame Gegnerschaft zur USA und der EU macht Russland und China zu verbündeten. Im Ukraine-Krieg stehlt sich die Volksrepublik nicht  wirklich hinter Putin.
    Die gemeinsame Gegnerschaft zur USA und der EU macht Russland und China zu verbündeten. Im Ukraine-Krieg stehlt sich die Volksrepublik nicht wirklich hinter Putin. Foto: Alexei Druzhinin, dpa (Symbolbild)

    Es war nur ein kleines Zeichen, aber ein weithin sichtbares. Als die Vollversammlung der Vereinten Nationen Anfang März den Einmarsch in der Ukraine mit einer scharfen Resolution verurteilte, stimmten lediglich fünf Staaten dagegen: Russland selbst, das mit dem Kreml eng verbündete Belarus, Nordkorea, Syrien und Eritrea. Wladimir Putins vermeintlich engster Verbündeter dagegen enthielt sich der Stimme: China.

    Zwar lässt der allmächtige Staats- und Parteichef Xi Jinping keine Gelegenheit aus, die unverbrüchliche Freundschaft mit Russland zu beschwören – seiner Sache sicher sein kann sich Putin deshalb aber nicht. Je länger der Krieg dauert, desto schwieriger wird die Situation für China. Obwohl politisch Brüder im Geiste verfolgen Putin und Xi in erster Linie eigene Interessen. Der russische Präsident versucht nicht nur, die benachbarte Ukraine zu kapern – er will zugleich auch den Westen destabilisieren: die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, die Nato. Hat er mit dieser Strategie Erfolg, schadet Putin allerdings auch seinem Verbündeten China. Der Exportweltmeister ist wie kaum ein anderes Land darauf angewiesen, dass die globale Wirtschaft floriert und wichtige Abnehmerländer wie die Bundesrepublik nicht in die Rezession rutschen.

    China muss zwischen Solidarität mit Russland und dem eigenen ökonomischen Wohlergehen entscheiden

    Zwei Zahlen illustrieren das anschaulich: Das deutsche Handelsvolumen mit Russland betrug im vergangenen Jahr knapp 60 Milliarden Euro, das mit China dagegen mehr als 240 Milliarden. Xi hat also deutlich mehr zu verlieren als Putin, der erkennbar bereit ist, für diesen Krieg einen hohen Preis zu zahlen. Die chinesische Regierung jedoch könnte bald an einen Punkt kommen, an dem sie entscheiden muss, was ihr wichtiger ist: die politische Solidarität mit Russland, die sich nicht zuletzt aus der gemeinsamen Gegnerschaft zu den USA ableitet – oder das eigene ökonomische Wohlergehen? Als weltgrößter Abnehmer von Erdöl und Erdgas ist das Land nicht nur dabei, sich über die gestiegenen Energiepreise eine gefährlich hohe Inflation zu importieren. Die Sanktionen gegen Russland haben auch Konsequenzen für weite Teile der Weltwirtschaft, auf deren Lieferketten vor allem - und damit auf China.

    Erste Absetzbewegungen von Putin sind bereits zu erkennen: Obwohl es könnte, verkauft China im Moment keine Ersatzteile mehr für Flugzeuge nach Russland, außerdem hat es wegen der Hürden im internationalen Zahlungsverkehr die Einfuhr von Kohle aus Russland vorübergehend gestoppt.

    Peking wird keine dauerhafte Konfrontation mit dem Westen riskieren

    So harmonisch, wie es aussehen soll, waren die Beziehungen ohnehin selten. Zwar hat Stalins Sowjetunion die neue, von Mao Tsetung gegründete Volksrepublik schon 1949 anerkannt. In den Jahrzehnten danach allerdings wechselten sich Phasen des demonstrativen Miteinanders auch immer wieder mit Phasen wachsender Entfremdung ab, 1969 drohte für kurze Zeit sogar ein Krieg zwischen den beiden Riesenreichen. Seit Putin und Xi an der Macht sind, ist das Verhältnis wieder enger geworden, vor allem in einem sind sich die beiden Autokraten einig: Dass die USA und die EU es China und Russland gegenüber an Respekt fehlen ließen.

    Die chinesische Politik aber ist viel zu pragmatisch (und auch zu kapitalistisch), um eine dauerhafte Konfrontation mit dem Westen zu riskieren. Xi Jinping wäre so gesehen der perfekte Vermittler in der Ukraine-Krise: ein Mann, der Putins Ohr noch hat und der unverdächtig ist, mit Amerikanern und Europäern zu fraternisieren. Sein Außenminister hat eine solche Möglichkeit bereits angedeutet, im Moment jedoch dominiert in Peking noch die alte prorussische Rhetorik - zumindest nach außen hin. Wer weiß, ob hinter den Kulissen nicht längst die Drähte glühen.

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