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Kommentar: Wir können so nicht weiterwirtschaften

Kommentar

Wir können so nicht weiterwirtschaften

Stefan Stahl
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    Wasserdampf steigt aus den Kühltürmen eines Braunkohlekraftwerks. (Symbolbild)
    Wasserdampf steigt aus den Kühltürmen eines Braunkohlekraftwerks. (Symbolbild) Foto: Patrick Pleul, dpa

    So düster ging es selten beim Weltwirtschaftsforum in Davos zu. Der 91-jährige Holocaust-Überlebende George Soros betätigte sich als Apokalyptiker, indem er angesichts der totalitären Bedrohung, die von Russland und China ausgeht, warnte: „Unsere Zivilisation wird vielleicht nicht überleben.“ Dabei glaubt der Hedgefonds-Manager, nun müsse der Kampf gegen die bislang größten Gefahren, eben Pandemie und Klimakrise, zurückstehen.

    Das wäre indes ein großer Fehler. Denn die beängstigend schnell voranschreitende Klima-Katastrophe ist die mit Abstand größte und dabei durch rücksichtslose Umweltzerstörung selbst gemachte Heimsuchung der Menschheit. Wenn am Ende die Lebensbedingungen durch den Klima-Wandel derart miserabel geworden sind, dass die Existenz unerträglich wird, trifft das Menschen rund um den Globus. Die verheerenden Folgen der Klima-Veränderung – ob Hitzeperioden, Überschwemmungen oder Unwetter – unterscheiden nicht zwischen totalitären und freiheitlichen Ländern. Schon deshalb sind militärische Auseinandersetzungen, wie sie der kalte, durch und durch amoralische Krieger Putin führt, maximal reaktionäre Aktionen. Denn statt das „Brudervolk“ Ukraine brutal zu überfallen, sollten der Russe und sein Diktatoren-Kollege in Peking, Xi Jinping, endlich intensiv überlegen, was sie zur Rettung des Klimas beitragen können.

    Die Klima-Avantgarde sitzt in Berlin

    Beiden rückwärtsgewandten Machthabern sitzt eine Klima-Avantgarde gegenüber, deren Zentrum in Deutschland beheimatet ist. Der deutsche Öko-Modernismus wird von der Ampel-Koalition vorangetrieben. Während hierzulande die traditionelle deutsche Selbstzerfleischung stattfindet und Kanzler Olaf Scholz als Zauderer gebrandmarkt wird, schauen Menschen aus anderen Nationen weitaus positiver auf unseren Weg, der – Putin hin oder her – weiter den Klima-Schutz hochhält.

    So sagte die italienisch-amerikanische Ökonomin Mariana Mazzucato, deren Zuversicht in düsteren Monaten guttut: „Überhaupt ist Deutschland mit seiner neuen Koalition und seiner starken grünen Bewegung eines der interessantesten Länder im Moment.“ Klima-Investitionen zahlten sich auch wirtschaftlich aus. Damit macht die Professorin Staaten und Unternehmen, die in Klimaschutz investieren, Mut. Denn wir können auf Kosten künftiger Generationen so nicht weiterwirtschaften. Sonst bekommt der düstere Prophet Soros – wenn auch auf andere Weise – am Ende doch noch Recht und unsere Zivilisation ist am Ende.

    Scholz trifft mit seinen umweltpolitischen Zielen ins Schwarze

    Dabei trifft Kanzler Scholz ins Schwarze: Durch Putins Krieg hat das deutsche Ziel, bis 2045 CO2-neutral zu werden, sogar an Bedeutung gewonnen. Jetzt müssen wir erst recht fossile Energien wie Kohle und Gas ersetzen. Hier hätte Deutschland in den vergangenen Jahren mehr Gas geben müssen. Es ist beschämend, dass sich Menschen, die „den fossilen Wahnsinn“ beenden wollen, in einer Initiative mit dem traurigen Namen „Letzte Generation“ zusammengeschlossen haben. Die Aktivistinnen und Aktivisten kleben ihre Hände verzweifelt an Straßen fest. Das wirkt wie ein Aufschrei nach Umkehr. Doch genau dies ist in Deutschland jetzt in vollem Gange. Die Generation „Hoffnung“ wagt die Wende.

    Wenn Putin den politischen wie ökonomischen Kriegs-Irrsinn beendet, können wir endlich aufhören, über Panzer, Raketen und Maschinengewehre zu sprechen und die zentralen Überlebensfragen klären: Wo stellen wir noch mehr Windräder auf? Wie produzieren wir in großen Mengen grünen Wasserstoff? Auf welchem Weg gelangt er zu uns? Wie lässt sich Öko-Energie clever speichern? Diktatoren, die solche Themen verdrängen, werden dereinst selbst verdrängt.

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