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Kommentar: Wie Europas Strategie gegen Putins Gaskrieg versagt

Kommentar

Wie Europas Strategie gegen Putins Gaskrieg versagt

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    Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1 in Lubmin.
    Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1 in Lubmin. Foto: Stefan Sauer, dpa

    Das Gas fließt wieder durch die Leitung Nord Stream 1, doch das Aufatmen nach der Panik in Deutschland ist völlig fehl am Platz. Nicht nur weil Wladimir Putins mörderischer Angriffskrieg gegen die Ukraine mit unverminderter Brutalität gegen die Zivilbevölkerung weitergeht.

    Es schmerzt auch, dass Putin in seinem Wirtschaftskrieg mit Deutschland und Europa einen Erfolg nach dem anderen feiern kann. Während sich die Europäische Union die Wirkung ihrer Sanktionen auf Russland schönredet, kann der Kreml mit Genugtuung beobachten, wie seine Strategie aufgeht,

    Italiens Regierung zerbricht an den Folgen des Ukraine-Kriegs

    In Italien, der drittwichtigsten Volkswirtschaft der Europäischen Union, zerbrach im Streit im Umgang mit den Folgen des Kriegs in der Ukraine sogar die Regierung von Mario Draghi. Ausgerechnet der Mann, der mit seinem „Was auch immer nötig ist“ den Euro vor dem Untergang rettete, stürzte darüber, dass die Parteien seiner Koalition unfähig waren, in einer der größten internationalen Krisen Stärke durch Einigkeit zu zeigen.

    Italien wird damit zur Warnung für den gesamten Westen, dessen Grundwerte und Demokratien durch die autoritären Systeme Russlands und Chinas herausgefordert werden. Setzen sich Gewalt und nukleare Erpressung als erfolgreiche Mittel in diesem Wettbewerb zwischen autoritären Regimen und freiheitlichen Demokratien durch, muss man kein Politikwissenschaftler sein, um sich vorstellen zu können, was dies in Zukunft für Sicherheit, Frieden und Ordnung auf der Welt bedeutet. Wenn Putin mit seinem Angriffskrieg Erfolg hat und sich der Westen als zu schwach erweist, dies abzuwehren, droht das Ende einer Epoche von Stabilität und Sicherheit in Europa.

    Ende der Sanktionen gegen Russland wäre Kapitulation vor Russlands Gewalt

    Doch vor dieser Herausforderung zeichnet sich in Deutschland nicht nur die Regierung durch Uneinigkeit aus. Das irrwitzige Angebot aus der CDU, im Gegenzug für eine Atomlaufzeitverlängerung ein Tempolimit zu unterstützen, zeigt, dass die deutsche Politik den Ernst der Lage nicht erkannt hat. Statt an einer gemeinsamen Strategie arbeiten sich alle Seiten lieber an Parteitaktik ab. Obendrein fordern Populisten der Linken wie der AfD in einem entlarvenden Gleichklang das Ende der Sanktionen gegen Russland. Dies wäre endgültig die Kapitulation der deutschen

    Dass Putin – genau wie die osteuropäischen EU-Länder immer gewarnt hatten – Gaslieferungen als Waffe einsetzen kann und damit Europa zunehmend politisch und wirtschaftlich verunsichert, erfordert eine neue Antwort. Nur mit einer klaren Strategie nach innen und nach außen kann die EU Putins Taktik zerstören, mit gezielten Spaltungsversuchen die Stärke und Stabilität von Europas freien Gesellschaften zu bekämpfen.

    Die EU muss viel stärker gegen Energiepreisexplosion vorgehen

    Nach innen muss Europa den Zusammenhalt seiner Gesellschaften stärken und viel konsequenter gegen hohe Energiepreise eingreifen. Es reicht nicht, nur die härtesten sozialen Folgen abzumildern. Es braucht klare staatliche Kontrolle und auch ganz andere finanzielle Anstrengungen. Im Sinne von Draghis „Was auch immer nötig ist“ dürfte dies am Ende billiger sein als eine Niederlage im Kampf gegen Putins Aggression.

    Denn trotz Sanktionen füllt sich Russlands Kriegskasse durch die stark gestiegenen Gas- und Ölpreise beträchtlich. Durch das wieder fließende Gas aus Russland finanziert auch Deutschland indirekt Putins Krieg weiter mit Milliarden. Auf der Gegenseite fließt die militärische Unterstützung für die Ukraine im Kampf gegen die russische Aggression noch immer nur spärlich. Eine kluge Strategie ist dahinter nicht zu erkennen.

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