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AfD-Landrat: Was wir aus der Wahl in Sonneberg lernen sollten

Kommentar

Was wir aus dem Wahlsieg der AfD in Sonneberg lernen solltenstifter

Michael Stifter
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    Ein Wahlplakat der AfD hängt an der Bundesstraße 89 im Landkreis Sonneberg. Die Partei ist im Osten besonders stark.
    Ein Wahlplakat der AfD hängt an der Bundesstraße 89 im Landkreis Sonneberg. Die Partei ist im Osten besonders stark. Foto: Martin Schutt, dpa

    Die AfD stellt erstmals einen Landrat in und die halbe Republik fragt sich erschrocken, wie das nur passieren konnte. Die andere Hälfte nimmt es eher achselzuckend zur Kenntnis. Für sie ist die AfD längst normal geworden. Beides ist Teil des Problems im Umgang mit der rechten Partei. 

    Denn erstens hat sich dieser Erfolg schon lange abgezeichnet. Nun ist es eben Sonneberg in Thüringen, es hätte genauso gut Schwerin oder ein anderer Ort sein können. Wer vom Wahlsieg an diesem Sonntag überrascht oder schockiert ist, muss endlich akzeptieren, welch großes Potenzial die AfD inzwischen hat.

    Doch auch die Gleichgültigkeit vieler Menschen trägt zum Erfolg der Demokratieverächter am rechten Rand bei. Die Wahlbeteiligung in Sonneberg lag unter 60 Prozent, obwohl klar war, dass dieser Sonntag eine Zäsur für Deutschland werden könnte. Und dass die AfD in bundesweiten Umfragen zweitstärkste Kraft ist, geht alle etwas an.

    Mit den bisherigen Mitteln lässt sich der Aufschwung der Rechten nicht stoppen. Die AfD ist eine reine Stimmungspartei. Und dass die Stimmung im Land so sehr von Ängsten und Frust geprägt ist wie lange nicht, liegt vor allem an der Art, mit der politische Debatten geführt werden – von allen Seiten.

    Die Ampel-Koalition ist zu viel mit sich selbst beschäftigt

    Die Bundesregierung ist ständig mit internen Auseinandersetzungen beschäftigt. Das geht vielen Menschen auf die Nerven oder noch schlimmer: Sie haben den Eindruck, dass es SPD, Grünen und FDP mehr darum geht, das Beste für sich selbst herauszuholen als das Beste für die Bürgerinnen und Bürger. Ein fataler Eindruck. 

    Die Union wiederum nutzt diese Schwäche instinktiv aus und zeichnet tagtäglich das Bild eines Landes, das von einer unfähigen Regierung dem unaufhaltsamen Niedergang entgegen geführt wird. Wenn CDU und CSU immer noch glauben, dass diese Stimmungsmache ihnen helfen wird, sollten sie sich mal ihre eigenen Umfragewerte der vergangenen Monate anschauen. Die Union profitiert auch deshalb nicht von der Vertrauenskrise, in der die Regierung steckt, weil sie selbst Untergangspanik statt Aufbruchsstimmung verbreitet. Wer soll sie dafür wählen, abgesehen vom eigenen Stammpublikum?

    Die AfD macht aus Stimmung Stimmen

    Und noch schlimmer: Je mehr Wählerinnen und Wähler das Gefühl haben, dass ohnehin alles den Bach heruntergeht, desto eher sind sie empfänglich für Populisten. Auch die Medien sollten sich deshalb stärker hinterfragen, ob wirklich jeder kleine Fehler, jede Schwäche – egal welcher Partei – zur Skandalisierung, zum großen Aufschrei taugt. 

    Die Stimmung ist es, die der AfD in die Hände spielt. Denn Umfragen zeigen doch immer wieder, dass die meisten Menschen, die den Rechten ihre Stimme geben, nicht davon ausgehen, dass diese besser regieren als die altbekannten Parteien. Es geht um Angst, Frust und das Gefühl von Ohnmacht. 

    Das alles bereitet das Feld für die AfD, die aus Stimmung Stimmen macht und das Ganze bewusst auf die Spitze treibt, indem sie nicht nur kritisiert, die Regierung tue zu wenig für das Volk. Nein, die Rechtspopulisten unterstellen ja ganz perfide, es werde gezielt gegen das Volk regiert.

    Das müssen die Antworten auf den Sieg der AfD in Sonneberg sein

    Die AfD hat eine Landratswahl gewonnen. Empörung, Fassungslosigkeit, Wut, Frust, Ratlosigkeit, Betroffenheit prägen die ersten Reaktionen. Verständlich. Das alles führt aber nicht weiter. Genauso wenig übrigens, wie das reflexartige Betonen, dass nicht alle AfD-Wähler rechtsradikal seien. Denn das hat sowieso noch nie jemand behauptet. Also abhaken. Man holt die Leute nicht zurück in die politische Mitte, indem man Verständnis nur heuchelt und betont, dass man nun auch wirklich einmal die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen müsse. 

    Neue Ideen, politischer Wettbewerb, ehrliche Antworten auf die Alltagsprobleme, klare, verlässliche Sprache, keine billigen Versprechungen, dafür Optimismus und Begeisterungsfähigkeit – das müssen die Antworten auf den Triumph der Rechten sein. 

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