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Kommentar: Was macht Friedrich Merz, wenn der Kanzler Ja sagt?

Kommentar

Was macht Friedrich Merz, wenn der Kanzler Ja sagt?

Michael Stifter
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    CDU-Chef Friedrich Merz (vorne) treibt Kanzler Olaf Scholz vor sich her - und bietet zugleich an, selbst Verantwortung zu übernehmen.
    CDU-Chef Friedrich Merz (vorne) treibt Kanzler Olaf Scholz vor sich her - und bietet zugleich an, selbst Verantwortung zu übernehmen. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Friedrich Merz war seinem Traum vom Kanzleramt nie näher als in diesen dramatischen Tagen. Die Bundesregierung steht vor den Trümmern ihrer unseriösen Haushaltsführung. Die Hälfte der Deutschen geht inzwischen davon aus, dass SPD, Grüne und FDP nicht mehr lange durchhalten. Der CDU-Chef treibt die ratlose und zerstrittene Koalition vor sich her – und bietet dem Kanzler zugleich an, mit ihm gemeinsam den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Eine Große Koalition als Juniorpartner von Olaf Scholz? Das klingt verantwortungsbewusst, ja beinahe selbstlos und bringt Merz durchaus Pluspunkte in der Bevölkerung ein. Wenn die Kameras und Scheinwerfer aus sind, dürfte die Union aber stündlich Stoßgebete in den Himmel schicken, dass der taumelnde Kanzler dieses Angebot bloß nicht annimmt. 

    Aktuell befindet sich Merz, genau wie der CSU-Vorsitzende Markus Söder, in einer komfortablen Lage. Kluge Ratschläge vom Spielfeldrand, tadelnde Auftritte in Talkshows, staatstragende Interviews, ein paar polemische Worte hier, ein paar onkelhafte Spartipps da – das ist ihr Soundtrack zur Haushaltskrise. Füße hoch, eine Tüte Popcorn, Eilmeldungen lesen und genüsslich zuschauen, wie sich die anderen abstrampeln. Doch die Union bewegt sich in vielfacher Hinsicht auf oblatendünnem Eis. 

    Wie die Union in der Haushaltskrise der Ampel agiert

    Natürlich ist es albern, wenn Robert Habeck und andere das große Lamento anstimmen, CDU und CSU hätten mit ihrer Klage gegen den Harakiri-Haushalt dem Land geschadet. Das entstandene Chaos hat die Regierung schon selbst zu verantworten. Zur Wahrheit gehört aber, dass Sondervermögen und Schattenhaushalte keine Erfindung der Ampelkoalition sind. 

    Auch die Union hat in ihrer langen Zeit an der Macht mit fragwürdigen Methoden gearbeitet, um sich an der Schuldenbremse vorbeizutricksen. Die demonstrative Empörung über das unseriöse Finanzgebaren ist also durchaus scheinheilig. Abgesehen davon kann sich der Wind in der Bevölkerung schnell drehen, sollte der Eindruck entstehen, der Opposition gehe es mehr darum, Angst und Schrecken zu schüren und die Regierung vorzuführen, als Schaden vom Land abzuwenden.

    Es ist ja kein Zufall, dass die Zustimmungswerte für Merz sich langsam aus dem Keller bewegen, seit er nicht mehr nur in üblicher Herablassung gegen die Ampel wettert, sondern sich bereit erklärt, selbst Verantwortung zu übernehmen. Doch was passiert, wenn die FDP in Panik die Koalition aufkündigt und Scholz CDU und CSU beim Wort nimmt? 

    Was soll Olaf Scholz mit dem Angebot von Friedrich Merz anfangen?

    Auf den ersten Blick hat Merz nicht viel zu verlieren. Er könnte endlich ein bisschen Regierungserfahrung in seinem lückenhaften politischen Lebenslauf nachtragen und dann im Herbst 2025 als Kanzlerkandidat mit besten Aussichten in die Bundestagswahl gehen. 

    Die Sache ist nur, dass sämtliche Probleme der aktuellen Regierung spätestens dann auch seine Probleme wären. Selbst auf dem Platz zu stehen, ist halt doch etwas ganz anderes, als vom Spielfeldrand mit Bratwurst und Bier in der Hand alles besser zu wissen. Merz und Söder haben doch auch keine Lösung für die akute finanzielle Misere. Auch sie können keine Milliarden herzaubern, auch sie müssten nach Sparpotenzial suchen, eigene Lieblingsprojekte zur Disposition stellen und womöglich sogar über höhere Steuern nachdenken. Alles ganz schön unpopulär. 

    Es stimmt schon, Friedrich Merz hat in diesen Tagen das Blatt seines Lebens auf der Hand. Doch wie so oft bei ihm besteht das Risiko, dass er seine Karten überreizt. 

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