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Kommentar: Beim Kampf gegen Fluchtursachen kommt es auf Länder wie Jordanien an

Kommentar

Beim Kampf gegen Fluchtursachen kommt es auf Länder wie Jordanien an

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    Eine Straße im Flüchtlingslager Talibeh des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge.
    Eine Straße im Flüchtlingslager Talibeh des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge. Foto: Fabian Sommer, dpa

    Israels Nachbarland Jordanien ist das beste Beispiel dafür, wie sehr es in der großen Weltpolitik auch auf die kleinen Staaten ankommt. Und dass Deutschland mit seiner Tradition der Entwicklungshilfe Verbindungen aufgebaut hat, die sich gerade in schwierigen Zeiten als unschätzbar wertvoll erweisen. In dieser Woche besucht Entwicklungsministerin Svenja Schulze Todesopfer im Gazastreifen fordert, gewinnt der Besuch ganz neue Brisanz. So wird die pragmatische SPD-Politikerin nicht nur Projekte zur Entsalzung von Meerwasser oder in der Berufsbildung anstoßen, sondern hinter den Kulissen versuchen, Gesprächskanäle in die Krisenregion offen zu halten und deeskalierend zu wirken. 

    Schulze steht weniger im Rampenlicht, sucht es auch weniger als die grüne Außenministerin Annalena Baerbock. Doch ihre Bedeutung für die internationalen Beziehungen Deutschlands ist kaum zu unterschätzen. Denn ihre Aufgabe führt sie gerade in jene Länder, die im Normalfall nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, obwohl das, was dort geschieht, gravierende Auswirkungen auf die westliche Welt hat.

    Enge Verbindung zwischen Deutschland und Jordanien

    Jordanien etwa hat sich zu einer Art Stabilitätsanker im explosiven Nahen Osten entwickelt. Das Verhältnis des Königreichs zu Israel begann mit erbitterter Feindschaft, doch seit 1994 herrscht offiziell Frieden. Es ist kein Zufall, dass sich US-Außenminister Antony Blinken gerade in der Hauptstadt Amman mit Vertretern mehrerer arabischer Staaten trifft, um über Möglichkeiten einer Entschärfung des Konflikts zu sprechen. Auch und gerade zu Deutschland sind die Beziehungen eng. Bundeskanzler Olaf Scholz hat König Abdullah II. vor Kurzem in Berlin empfangen, die Bundesluftwaffe eben ein gemeinsames Wüsten-Manöver mit der jordanischen Airforce beendet. Deutschland wird als Partner geschätzt. Doch im Moment kochen auch in Jordanien antiisraelische und antiwestliche Ressentiments hoch. Rund die Hälfte der etwa zehn Millionen Einwohner hat einen palästinensischen Hintergrund.

    Wenn sich die deutschen Länderchefs an diesem Montag mit Bundeskanzler Olaf Scholz über eine grundlegende Reform der deutschen Migrationspolitik beraten, sollten sie auch die Situation in Ländern wie Jordanien mitdenken. Mehr Ordnung und Steuerung der Zuwanderung ist nötig, und es mag Fehlanreize geben, die illegale Migration von Menschen ohne echten Schutzanspruch fördern und deshalb abgestellt werden sollten. Doch der deutschen Politik muss eines klar sein: Ob und in welcher Zahl sich Menschen auf die Flucht nach Europa machen, das entscheidet sich anderswo. 

    Die meisten Flüchtlinge bleiben in den Nachbarländern

    Global gesehen führt Flucht in den allermeisten Fällen zunächst in Nachbarländer. Jordanien etwa hat neben Palästinensern auch in großer Zahl Iraker und zuletzt Syrer aufgenommen. Doch jetzt, wo in Nahost neue Flüchtlingswellen drohen, fühlt sich das Land an der Grenze seiner Aufnahmefähigkeit. Denn Jordanien kann vom märchenhaften, meist auf Öl- oder Erdgasvorkommen gegründeten Reichtum anderer arabischer Staaten nur träumen. Länder wie Jordanien zu stabilisieren, ist für Deutschland also von enormer Bedeutung – und liegt auch im Interesse Israels.

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