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Kommentar: Warum die russische Feuerpause eine schlechte Nachricht ist

Kommentar

Warum die russische Feuerpause eine schlechte Nachricht ist

Margit Hufnagel
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    In der ukrainischen Großstadt Mariupol und für die Stadt Wolnowacha gilt eine Feuerpause für humanitäre Korridore.
    In der ukrainischen Großstadt Mariupol und für die Stadt Wolnowacha gilt eine Feuerpause für humanitäre Korridore. Foto: Evgeniy Maloletka, AP/dpa

    Es sind die Momente, die Hoffnung machen könnten. Hoffnung, dass dieser wahnsinnige Krieg doch noch endet, ehe Russland die Ukraine in ein Blutbad verwandelt. Hoffnung, dass der Mann im Kreml doch noch einen Funken Menschlichkeit in sich entdeckt hat. Und doch sollten wir uns nicht täuschen lassen: Dass Präsident Wladimir Putin eine Feuerpause in der Stadt Mariupol angeordnet hat, dass es Zivilisten ermöglicht werden soll, die zerbombte Stadt durch einen humanitären Korridor zu verlassen, ist alles andere als ein gutes Zeichen. Zwar wird den Menschen in der Hafenstadt so eine kleine Verschnaufpause verschafft, die Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser kann für wenige Stunden wieder aufgenommen werden.

    Putin will nicht helfen, er will freie Bahn

    Doch das Ziel von Putin ist nicht, den Menschen zu helfen. Sein Ziel ist es, die Bevölkerung zur Flucht zu bewegen, damit er selbst freie Bahn hat. Der erbitterte Widerstand auch der Zivilisten ist es, der der russischen Armee das Vorankommen schwer macht.

    Die steigenden Opferzahlen in der Bevölkerung sind es, die Putin endgültig international isolieren. Beides kann er aushebeln, in dem er die Stadt evakuieren lässt – nur, um dann mit voller Feuerkraft loszuschlagen. Das Vorgehen wäre nicht neu: In Syrien – für Putin immer so eine Art militärische Test-Arena – erlebten die Menschen ähnliches.

    Mit Diplomatie und guten Worten ist Putin nicht mehr beizukommen

    Mariupol ist für den russischen Präsidenten von besonderer Bedeutung. Gewinnt er die Stadt, hat er die wirtschaftlich so wichtige Verbindung aus dem Donbass ans Meer. Und er nimmt den Ukrainern eine bedeutende Möglichkeit, ihren Stahl und ihren Weizen zu exportieren. Für Putin also ein doppelter Gewinn. Auch die Sorge, dass der Westen angesichts der humanitären Katastrophe in Mariupol doch noch eingreift, dürfte der Kreml zumindest im Hinterkopf gehabt haben.

    Die Ukraine, sie muss sich auf schwere Wochen, Monate, vielleicht sogar Jahre einstellen. Denn wenn Wladimir Putin uns eines bewiesen hat: Mit Diplomatie und guten Worten ist ihm nicht mehr beizukommen. Das heißt nicht, dass alle Gesprächskanäle gekappt werden sollten. Politik hat die Pflicht, mit kühlem Kopf zu agieren. Doch der Westen wird sich darauf einstellen müssen, dass die „Zeitenwende“, von der so viel gesprochen wird, mehr ist als ein kurzfristiges Aufbäumen. Diese Welt, sie ist eine andere geworden.

    Alle Informationen zur Eskalation erfahren Sie jederzeit in unserem Live-Blog zum Krieg in der Ukraine.

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