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Kommentar: Warum der Whistleblower Mitarbeiter des Jahres sein kann

Kommentar

Warum der Whistleblower Mitarbeiter des Jahres sein kann

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    Wichtig für Whistleblower – Hinweisgeber – ist, dass sie nicht erkennbar sind. (Symbolbild)
    Wichtig für Whistleblower – Hinweisgeber – ist, dass sie nicht erkennbar sind. (Symbolbild) Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Sehr gut, das vorweg, dass endlich ein neuer Entwurf für ein Whistleblower-Gesetz vorliegt. Peinlich genug für Deutschland, dass die Ampel-Regierung sich nun um das kümmern muss, was die Große Koalition längst hätte hinbringen sollen, aber nicht schaffte und deshalb vollkommen zu Recht mit einem blauen Brief aus Brüssel abgemahnt wurde. Bis 17. Dezember 2021 wäre Zeit gewesen, die entsprechende EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, die schon 2019 beschlossen wurde.

    Denn den Nutzen von gut geregeltem Hinweisgeberschutz sollte man im Land der Wirecard-, Abgas- oder Cum-Ex-Skandale nicht noch extra erklären müssen. Viele Unternehmen könnten sich viel Geld sparen, wenn ein gut organisiertes Hinweisgebersystem dabei hilft, Missstände frühzeitig zu entdecken und abzustellen. Es könnten Milliarden gespart werden und der Fiskus würde umgekehrt wohl profitieren. Hinweisgeberschutz ist natürlich von öffentlichem Interesse.

    Im Idealfall entsteht Verantwortungsbewusstsein im besten Sinn

    Kann Betrug, können Straftaten verhindert werden? Natürlich nicht. Wer kriminelle Energie hat und Gesetze brechen oder Anleger prellen will, wird dazu immer Mittel und Wege finden. Das war immer so, das wird immer so sein. Darum aber geht es nicht. Denn das Whistleblower-Gesetz – das noch im Entwurfsstadium ist und sicher noch überarbeitet werden muss – setzt an einer anderen Stelle an. Wenn es umfassend greift, wirkt wie gedacht, seine Möglichkeiten breit bekannt und – das ist das Wichtigste – seine Schutzfunktionen für Hinweisgeber nachweislich vertrauenswürdig sind, dann entsteht bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Unternehmen und Behörden ein Gefühl für das, was im Idealfall das Gegenteil von Denunziantentum und betrieblichem Corpsgeist ist, nämlich Verantwortungsbewusstsein im besten Sinn.

    Dafür, und da haben die Kritiker recht, muss allerdings noch nachgebessert werden. Dass anonyme Hinweise nicht ausreichen sollen, damit künftig die Mitarbeiter in den Meldestellen Nachforschungen anstrengen, kann nicht zielführend sein. In Zeiten, in denen – gefühlt – im Netz nichts wirklich sicher ist, auch wenn es inzwischen sehr gute technische Möglichkeiten zum Informantenschutz gibt, werden es sich potenzielle Hinweisgeber fünfmal überlegen, bis sie tatsächlich irgendwo einen Klarnamen hinterlassen. Das Angebot sollte an dieser Stelle so niedrigschwellig wie möglich gehalten sein. Auf jeden Fall sollte man so beginnen. Sollten Behörden und Unternehmen künftig tatsächlich mit anonymen, schlecht belegten Hinweisen geflutet werden, könnte man noch immer gegensteuern. Aber für den Anfang muss doch Vertrauen geschaffen werden. Das aber gelingt nur, wenn die Anonymität gewahrt bleibt und ausreicht, damit ein Vorfall geprüft wird.

    Whistleblower dürfen sich nie als Verräter fühlen

    Was übrigens auch nur zu einem guten Ende führen kann, wenn die Mitarbeiter in den Meldestellen mit viel Fingerspitzengefühl vorgehen. Natürlich gilt die Unschuldsvermutung. Staatsanwaltschaften müssen schließlich aus gutem Grund auch Entlastendes ermitteln. Denn es wird falsche Hinweise frustrierter Ex-Mitarbeiter geben, falsche Verdächtigungen, um Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Weshalb, auch das eine wesentliche Voraussetzung, die Meldestellen künftig personell gut ausgestattet sein müssen. Wenn dort Personal fehlt, bringt das ganze Vorhaben nichts. Denn Whistleblower müssen nicht nur gut beraten, sondern über die Zeit auch gut betreut werden. Vor allem dürfen sie sich nie als Verräter fühlen.

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