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Kommentar: Warum der Atomausstieg trotz allem richtig ist

Kommentar

Warum der Atomausstieg trotz allem richtig ist

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    In Deutschland sind die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet worden.
    In Deutschland sind die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet worden. Foto: Armin Weigel, dpa (Symbolbild)

    Ein halbes Jahr vor der Landtagswahl ist es Zeit, an Japan zu erinnern. Japan, so sagte es der frühere Umweltminister Bayerns, ändere alles. Es war das Frühjahr 2011, die Atomkatastrophe von Fukushima war erst ein paar Wochen her. Die CSU wurde zur Partei des Atomausstiegs und an der Spitze dieses, nun ja, unerwarteten Lernprozesses stand ein gewisser Markus Söder. Es gab damals sogar eine Auseinandersetzung über das Ausstiegsdatum mit dem vormaligen Koalitionspartner im Freistaat, den Freien Demokraten. Söder wollte spätestens 2022 raus sein.

    Natürlich kann man sagen, dass die durch Russlands Überfall auf die Ukraine ausgelöste Energiekrise auch alles ändert. Man kann zudem sagen, dass Lernprozesse ganz generell ausdrücklich erwünscht sind. Wenn die Richtung dieser Erkenntnisgewinne allerdings mehrfach inhaltliche 180-Grad-Wendungen beschreiben, hilft das bei dieser Sache mit der Glaubwürdigkeit nicht. Und es bedeutet außerdem zu unterlassen, was nicht nur die Wirtschaft von der Politik vor allem erwarten darf. Die Schaffung verlässlicher Rahmenbedingungen. Söder sagte damals unserer Redaktion auch diesen schönen, weil wünschenswerten, Satz: "Ich will keine energiepolitischen Wahlkämpfe".

    Atomausstieg: Es bringt nichts, rückwärtsgewandte Debatten zu führen

    Wenn an diesem 15. April endlich die letzten drei Atomkraftwerke abgeschaltet werden, dann ist er in der Gesamtabwägung ein sehr guter Tag für Deutschland. Er ist kurzfristig nicht unbedingt ein guter Tag für den Klimawandel, weil zunächst mehr Kohlestrom die Kernkraft kompensieren soll. Richtig aber bleibt der Ausstieg dennoch. Nicht nur, weil zumindest Deutschland nun aufhört, noch mehr hoch radioaktiven Abfall zu produzieren, für dessen Endlagerung es – trotz jahrzehntelanger Suche – noch immer keine endgültige Lösung gibt. Es ist aber vor allem deshalb ein guter Tag, weil er Druck aufbaut, die von den vorhergehenden Bundesregierungen und den diversen Landesregierungen fahrlässig verbummelte Energiewende endlich mit Elan und Überzeugungswillen umzusetzen. Und der Kriegsschock doch eines gezeigt hat: Dieses Land mit seinen gewaltigen Beharrungskräften bewegt sich entscheidend nur unter hohem Druck. Das hat der zweite Atomausstieg (der erste war von CDU, CSU und FDP ausgesetzt worden) nach Fukushima gezeigt. Das zeigt die Zeitenwende.

    Die Argumentationskraft endlich in den Umbau des Energiesektors stecken

    Es bringt nichts, rückwärtsgewandte Verlängerungsdebatten zu führen. Sie verunsichern die Leute, sie verunsichern die Entscheider in der Wirtschaft, sie lähmen. Ja, die Energiepreise sind hoch. Ja, es wird sehr viel mehr Strom brauchen. Und ja, der Umbau im Energiesektor muss sozial abgefedert werden. Aber man stelle sich vor, wenn all jene, die nun (wieder) leidenschaftlich (oder nur wahltaktisch) für die Verlängerung der Laufzeit argumentieren, in den vergangenen Jahrzehnten ihre Kraft in den Umbau des Energiesektors gesteckt hätten.

    In der bereits zitierten Zeitungsausgabe war damals übrigens auch ein Interview mit dem FDP-Umweltexperten Horst Meierhofer. Er forderte mehr Windräder für den Freistaat. Das ist ein Dutzend Jahre her. Am Freitag sagte Söder, Bayern könne das führende Bundesland für Windkraft werden.

    Hören Sie sich dazu auch unsere Podcast-Serie "Gespalten – Gundremmingen und das Ende der Atomkraft" an.

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