Zumindest bei diesem Thema braucht sich Ex-Kanzlerin Angela Merkel gerade nicht über mangelnden Zuspruch zu beschweren. Dass sie sich vom Bundesverfassungsgericht eine Schelte einfängt, weil sie sich im Zuge einer Wahl gegen die AfD geäußert hat, halten nicht wenige für kleinkariert und weltfremd. Immerhin habe sie nur ausgesprochen, was das Land (zumindest große Teile davon) gedacht hat: Dass sich die CDU von der AfD helfen ließ, war ein schlechter Tag für die Demokratie. Und doch gelten für einen Kanzler, für eine Kanzlerin andere Regeln. Sie sind zur Neutralität verpflichtet.
Der Rechtsstaat muss politisch neutral bleiben
Deshalb ist das Urteil nicht nur richtig, sondern wichtig. Denn es zeigt: Der Zweck heiligt keineswegs die Mittel, Regeln gelten auch dann, wenn diejenigen, die gegen sie verstoßen, das im stillen Einverständnis der Mehrheit tun. Dieser rechtsstaatliche Grundsatz ist ganz entscheidend für eine Demokratie. Denn nur so wird sichergestellt, dass deren Prinzipien auch dann noch hochgehalten werden, wenn jemand an der Regierung ist, dessen Einschätzungen und dessen Vorgehen man nicht teilt.