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Kommentar: War's das zwischen Bauern und Ampel?

Kommentar

War's das zwischen Bauern und Ampel?

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    Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesagrarminister.
    Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesagrarminister. Foto: Fabian Sommer, dpa

    Wie groß die Kluft zwischen dem grünen Teil der Bundesregierung und den deutschen Landwirten geworden ist, zeigen die eskalierten Proteste von Biberach: Die Grünen sagten ihre geplante Aschermittwochsveranstaltung ab, weil aufgebrachte Bauern die Straßen um die Stadthalle blockierten, vor die sie zuvor einen Misthaufen gekippt hatten. An einem wegfahrenden Auto wurden die Scheiben eingeschlagen, Polizisten verletzt. Solche Gewalt ist durch nichts zu rechtfertigen.

    Jetzt ist dringend Mäßigung nötig, auf beiden Seiten. Hilfreich wäre es dabei, wenn die Bundesregierung nicht gerade jetzt Öl ins Feuer gießen würde, wo der Ärger um die Streichung der Agrardiesel-Subventionen noch längst nicht verraucht ist. Mit dem geplanten und quasi vollständigen Verbot von Anbindeställen in wenigen Jahren überzieht der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir jedoch – auf Kosten der Bauern. Er hätte gut daran getan, ihnen mit der geplanten Novelle des Tierschutzgesetzes jetzt nicht gleich die nächste existenzbedrohende Zumutung zu präsentieren. 

    Statt einem Verbot wäre ein Kompromiss nötig

    Dass es tierfreundlicher ist, Rinder in modernen Ställen mit Auslauf zu halten, als sie anzubinden, ist in der Landwirtschaft ja seit Jahrzehnten Konsens. Die Zeit der Anbindehaltung läuft ohnehin aus, die Zahl der Betriebe, die sie praktizieren, geht seit Jahren zurück. Längst werden quasi keine Anbindeställe mehr neu gebaut. Zumal der Handel Preisabschläge für Produkte vorsieht, die im System der Tierwohlkennzeichnungen auf den niedrigeren Stufen stehen. Und viele Verbraucher auch auf die Siegel schauen.

    Doch Tausende von Höfen, gerade in Süddeutschland, können nicht so einfach einen neuen Kuhstall bauen. Ihnen fehlt der Platz, das Kapital oder die Hofnachfolge, nicht selten alles zusammen. Sie könnten aber oft noch viele Jahre weitermachen und auch im Rahmen der Anbindehaltung anständig mit ihrem Vieh umgehen, hochwertige Lebensmittel regional erzeugen und dabei die Kulturlandschaft pflegen. Es geht hier um Höfe, auf denen Kühe noch einen Namen haben. Nötig wären eine Art Bestandsschutz sowie längere Übergangs- und Ausnahmeregeln. Doch wie es scheint, will Landwirtschaftsminister Özdemir sein Tierschutz-Vorhaben durchziehen.

    Das wird dazu führen, dass weitere kleine Höfe aufgeben müssen, während die Bedeutung von Importen zunimmt. Was bedeutet: mehr Lebensmittel auch aus Ländern, in denen Tierschutz einen deutlich geringeren Stellenwert hat als in Deutschland. Gewonnen wäre dadurch wenig. Kompromisse sind möglich. Doch es muss auf beiden Seiten auch der Wille erkennbar sein, sie zu finden. 

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