EZB-Präsidentin Christine Lagarde muss sich bis heute ankreiden lassen, die Zinsen im Euroraum viel zu spät erhöht zu haben. Die Französin reagierte damit zu zögerlich auf die spürbar steigende Inflation. Nun darf die Zentralbank-Chefin den alten Timing-Fehler nicht wiederholen. Sie sollte es vermeiden, dieses Mal die Zinsen zu früh nach unten zu schrauben. Denn noch ist das „Inflationsbiest“, wie Ökonomen die hartnäckig auftretende Teuerung nennen, nicht besiegt.
Zwar sind etwa in Deutschland die Preise zuletzt auf 2,9 Prozent zurückgegangen und haben damit nach Horror-Werten von über acht Prozent wieder Blickkontakt mit dem EZB-Ziel von 2,0 Prozent. Die Inflation im Euroland ist aber nicht überwunden, wie etwa Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer warnt.
Inflation kann hartnäckig sein
Dass sich die Teuerung als renitent erweisen könnte, liegt an Zweitrunden-Effekten: Nachdem die Preise in die Höhe geschossen waren, haben Gewerkschaften zum Teil üppige Lohnerhöhungen für Beschäftigte durchgesetzt. Diese Zuwächse könnten nun in den kommenden Monaten die Inflation antreiben oder zumindest nicht spürbar sinken lassen, was gegen zu frühe Zinssenkungen spricht. Lagarde darf sich nicht hetzen lassen und sollte erst handeln, wenn die Lage klarer ist.