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Kommentar: Wahlverlierer FPÖ entscheidet über politische Zukunft

Kommentar

Österreich droht nach der Wahl eine instabile politische Zukunft

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    Michael Schnedlitz (FPÖ, links) und Herbert Kickl, Vorsitzender der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), sind bei der Wahlparty im Rahmen der Nationalratswahl in Wien. Ob sie Teil einer neuen Regierung sind, bleibt noch offen.
    Michael Schnedlitz (FPÖ, links) und Herbert Kickl, Vorsitzender der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), sind bei der Wahlparty im Rahmen der Nationalratswahl in Wien. Ob sie Teil einer neuen Regierung sind, bleibt noch offen. Foto: Roland Schlager, APA/dpa

    Eines ist klar: Wie so oft in den letzten Jahren in Österreich, wird auch nach diesem Wahlsonntag kein Stein auf dem anderen bleiben. Erstmals in der Geschichte des Landes seit 1945 wird eine in Teilen rechtsextreme Partei, die AfD-Schwesterpartei FPÖ, Wahlsieger bei einer Nationalratswahl. Eine Partei wohlgemerkt, die in ihrem Wahlprogramm fordert, dass die Verfassung auf Zuruf temporär ausgesetzt werden soll, dass man die repräsentative Demokratie, die Regierung, per Volksentscheid künftig einfach aushebeln kann, eine Partei, deren wichtigste Parlamentsabgeordneten noch am Freitag auf einem Friedhof der Beerdigung eines deutschnationalen Burschenschafters und Ex-FPÖ-Manns beiwohnten, bei der das SS-Lied „Wenn alle untreu werden“ gesungen wurde.

    All das hat den Freiheitlichen von Herbert Kickl nicht geschadet. Laut den Wahlbefragungen ist das Thema Zuwanderung das Motiv Nummer eins und hat Kickl zum Sieg verholfen. Diese Stimmungslage, den historischen Wahlsieg der extremen Rechten, wird niemand in Österreich ignorieren können. Die FPÖ auf Platz eins wird das Geschehen der kommenden Wochen maßgeblich beeinflussen, die Positionen der Parteien und wer in diese führen wird, ebenso wie die eine Frage, die sich nun das ganze Land stellt: Wer wird Österreich künftig regieren?

    Nach der Nationalratswahl könnte es Kickls FPÖ sehr wohl in eine Regierung schaffen

    Wer denkt, dass es Kickls Partei nicht in eine Regierung schaffen kann, irrt. Die konservative ÖVP von Kanzler Karl Nehammer ist längst weit weg von ihren christlich-sozialen Wurzeln und weist inhaltlich eine enorme Schnittmenge mit der FPÖ auf – und niemand kann sagen, was sich hinter den Kulissen in der ÖVP aktuell abspielt.

    Nehammers Partei regiert in drei Bundesländern mit der extremen Rechten: In Ober- und Niederösterreich und in Salzburg. Mit Kickl soll es keine Regierung geben, das stellten die ÖVP-Spitzen am Wahlabend erneut klar – die Frage ist aber, zu welchen Kompromissen die FPÖ sich bereit erklärt. Rückt Kickl in die zweite Reihe, ermöglicht er gar einen ÖVP-Kanzler oder eine Kanzlerin, würde das in der ÖVP die Attraktivität einer Neuauflage von Türkis-Blau erheblich steigern. Umgekehrt: Trotz des fulminanten Wahlerfolgs hat auch Kickl Gegner in seiner eigenen Partei, etwa den oberösterreichischen FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner. Es gilt genau zu beobachten, wie sich die FPÖ nun verhält und zu welchen Kompromissen auch sie bereit ist, Kickl hin oder her. Auch die Freiheitlichen sind kein homogener Block.

    ÖVP ist wohl Teil einer neuen Regierung – bloß mit wem?

    Für die ÖVP stellt sich auch die Frage, ob sich Andreas Babler, der dezidiert linke SPÖ-Chef, an der Spitze seiner Partei halten wird können. Ohne ihn wäre in einer ÖVP-geführten Koalition mit den Sozialdemokraten – und wenn es sein muss, auch noch zusätzlich mit den liberalen NEOS – für Nehammers Mitstreiter viel mehr zu holen als mit Babler. Die ÖVP mag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Teil einer neuen Regierung sein – und dennoch ist sie in einer schwierigen Lage. Sie muss taktieren und wird genau ausloten, in welcher Konstellation sie das Maximum für sich herausholen kann.

    Tritt die aktuell etwas wahrscheinlichere Variante einer Dreier-Koalition ein, bedeutet das Neuland für Österreich, es bleibt an diesem Sonntag völlig offen, wie stabil eine solche Regierung sein wird. Schafft es die FPÖ, wie in diesem Szenario, nicht in eine Regierung, wird sie weiter das trommeln, was ihr maßgeblich diesen historischen Wahlerfolg beschert hat: „Alle gegen uns“, und: „nur wir sind für ‚das Volk‘“.

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    2 Kommentare
    Wolfgang Leonhard

    69 Prozent der Sitze im Parlament entfallen auf demokratische Parteien, allein die SPÖ und die Grünen haben zusammen mehr Sitze errungen als die Rechtsextremen. Wie kommt Kickl da auf die Idee, dass ihm das Amt des Bundeskanzlers zusteht?

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    Maria Reichenauer

    Das ist Selbstüberschätzung und Realitätsverlust wie bei allen Rechtsextremen. Die meinen tatsächlich, wenn sie 30 Prozent der Stimmen erhalten, das wäre der "Wählerwille" eines ganzen Volkes.

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