Der Kontrast hätte nicht schärfer ausfallen können. Während US-Präsident Joe Biden am Freitag Kanzler Olaf Scholz im Weißen Haus empfing, trieb 15 Kilometer weiter südlich die bizarre CPAC-Konferenz der rechten Republikaner ihrem Höhepunkt entgegen. Vier Tage lang wütet dort die Trump-Gemeinde gegen das Establishment, die Verbündeten und die Unterstützung der Ukraine. Am Samstag wird Donald Trump persönlich reden und wohl gegen den „Dritten Weltkrieg“ der Nato wettern.
Der extreme Kontrast macht klar, dass die deutsche Sorge vor einer isolationistischen Abkoppelung der USA langfristig nicht abwegig und das gemeinsame Agieren des Bündnisses unverzichtbar ist. Doch der harte Gegenschnitt illustriert auch, welches historische Glück der Westen hat, dass während dieses Krieges ein besonnener, erfahrener und europafreundlicher Regierungschef im Oval Office sitzt.
Bundeskanzler-Besuch in den USA: Biden will nach vorn blicken
Joe Biden ist kein Hasardeur: Er hat von Anfang an das Risiko einer Eskalation mit Moskau mitgedacht. Aber er will dafür sorgen, dass auf dieser Welt nicht das Recht des Stärkeren herrscht. Im Ziel ist er sich also mit Scholz völlig einig. Trotzdem hat der Kanzler mit seinem Taktieren in der Panzerfrage zumindest Teile der US-Regierung verärgert. Mit dem freundlichen Empfang im Weißen Haus beweist Biden nun, dass er die Episode abhaken und nach vorn schauen will.
Dort aber wird die Bundesregierung angesichts der ungebremsten russischen Brutalität dringend ihre Entscheidungsprozesse beschleunigen und mehr Mut zur Führung zeigen müssen. Überfällig ist auch eine entschlossenere Kommunikation. Dass Berlin vielerorts als Bremser wahrgenommen wird, obwohl demnächst deutsche Leopard-Panzer an die Front rollen und die amerikanischen Abrams bis zum nächsten Jahr auf sich warten lassen, ist ein fragwürdiger politischer Erfolg des Kanzlers.